Vegane Kindheit?

Hallo alle miteinander,

Die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr ist gerade eine sehr produktive Phase für mich. Es ist eine Zeit des Lernens und der Weiterentwicklung. Dieser Blog ist in gewisser Weise auch eine Dokumentation meiner persönlichen Gedanken, Probleme und Lösungsversuche. Daher will ich euch heute mit auf eine Reflexion meiner veganen Reise in 2017 nehmen.

Veganes Selbstverständnis

In einem früheren Blogpost habe ich geschrieben, dass ich nur dort ein Mal von mir als Veganerin sprechen will. Nun, warum tue ich es jetzt doch wieder? Zum einen: wenn etwas Geschriebenes oder Gesagtes für immer bleibt, ist keine Veränderung und keine Entwicklung mehr möglich. Deshalb vermeide ich mittlerweile ganz bewusst Formulierungen, die ein “nie”, “ständig”, oder “immer” enthalten.

Ich empfinde es als eine Art Selbstgeiselung, wenn wir uns keine Fehler zugestehen. Denn nur durch Fehler können wir lernen und es beim nächsten Mal besser machen.

Perfektionismus ist der Tod aller Kreativität, des Lernens und des Fortschritts überhaupt.

Zum anderen hat sich viel in meiner Selbstwahrnehmung und im selben Zug auch meine Außenwirkung auf VeganerInnen und auf Nicht-VeganerInnen geändert. Ich will hier keine zwei Lager aufzeigen. Ganz im Gegenteil.

Seit ich vor allem in den Social Media sehr viel mit vegan lebenden Personen Kontakt habe, hat sich mental vieles bei mir getan. Die allgegenwärtigen Themen sind definitiv Ernährung und Tierrechte. Im Bereich der Ernährung kann ich mich auch heute noch sehr gut finden, aber nur noch marginal.

Was mir besonders auffällt: Ernährung und Tierrechte sind aufs Engste miteinander verwoben. Hier findet der verbale Schlagabtausch zwischen den Menschen, die sich ihr Fleisch nicht wegnehmen lassen wollen und den ethischen VeganerInnen ihren Höhepunkt. Oft entfernen sich Personen aus beiden Lagern von der Sachebene und werden persönlich angreifend.

Das war für mich sehr befremdlich und ich habe über mich als Veganerin nachgedacht.

Vegan: zwei Lager?

Wenn wir auf der Ebene der Ernährung und der Tierrechte bleiben, wird oft zwischen “egoististischen” und “ethischen” Veganern unterschieden. Die Egoisten beschränken ihr vegan sein in der Regel auf ihre Ernährung und die positiven gesundheitlichen Aspekte. Hierunter fallen auch Gewichtsreduktionskonzepte, die eine rein pflanzliche Ernährung empfehlen.

Die ethischen VeganerInnen betonen häufig, dass alles vom Tier (außerhalb der Ernährung) nicht vegan ist. Also auch Leder, Pelz, Wolle, Daunen usw. Die sehr engagierten unter ihnen prangern öffentlich die Situation in der Massentierhaltung und Tierquälerei in vielen erdenklichen Formen an. Es gipfelt oft in Tierrechtsdemonstrationen (was ich durchaus positiv bewerte, wenn sie friedlich bleiben) und auch Bashing in den Social Media.

Diesem kann ich wiederum nichts abgewinnen. Weder die uninformierten Kommentare von Nicht-VeganerInnen (“Du isst meinem Essen das Essen weg”), noch die extremen Anfeindungen von VeganerInnen gegenüber FleischesserInnen (“Leichenschau beim Metzger”).

Auch der Veganismus braucht eine Weiterentwicklung

Als ich in diese Community eingetreten bin, wirkte es anfangs sehr befremdlich auf mich. So sehr, dass ich sogar hier auf dem Blog einen Post verfasst habe, in dem ich meine Verunsicherung zum Ausdruck gebracht habe. Was folgte, war eine längere Blogpause. Es lag auch an meiner privaten Situation, dass ich nicht gebloggt habe. Aber im Großen und Ganzen musste ich meiner veganen Kindheit entwachsen.

Meine vegane Kindheit. Das verstehe ich so: anfangs kreisten die Gedanken darüber, welches Nahrungsmittel vegan ist und welches nicht. Wie ich bestimmte Speisen ersetzen kann. Ob und was ich supplementieren muss. Ich spürte, dass mein Körper gesünder wurde.

Im zweiten Schritt informierte ich mich über die Bedingungen in der Nahrungsmittelproduktion und den ökologischen Auswirkungen dieser. Gerade letzteres ist in den veganen Social Media omnipräsent. Genauso wie vegane Rezepte und Tipps rund um die rein pflanzliche Ernährung.

Innerlich rumorte es in mir. Das kann doch nicht alles sein. Der Veganismus tritt auf der Stelle. Das war mein Gefühl. Spricht man und frau nur von vegan, wenn ein direkter Bezug zum Tier bzw. der Tiervermeidung (in der Ernährung oder der Verwendung von Tierteilen wie deren Haut in Form von Leder usw.) hergestellt werden kann? In diesem Fall will ich von Veganismus 1. Grades sprechen. Und das war und ist mir nicht genug.

Auch im direkten Austausch mit veganen Aktivisten kam dies zur Sprache. Das vegane Selbstverständnis kreist eng um die Tierrechte und um die tierfreie Ernährung.

Ich selbst thematisiere meine Ernährung nicht sonderlich. Meine Familie isst omnivor. Aber sie nehmen aus ihrer Sicht Rücksicht auf mich. Mittlerweile bringe ich meine eigenen veganen Speisen mit zu den Familienfeiern. Meine Schwiegereltern wollen unbedingt mein Bohnenfrikadellenrezept und ein selbstgebackenes Brot von mir. Das ist für mich ein persönlicher Erfolg, den ich mit Worten und Anfeindungen sicher nicht erreicht hätte.

Die vegane Ernährung ist für mich zur Selbstverständlichkeit geworden, so dass ich gar nicht mehr auf die Idee komme, tierische Produkte als Nahrungsmittel anzusehen. Ich habe mich geistig vom Ernährungsthema frei gemacht. Das heißt nicht, dass ich auf dem Blog das Thema ausblenden werde. Hin und wieder werde ich gerne Rezepte mit euch teilen.

Das war für mich der Übergang in eine weitere Phase des Veganismus. Vielleicht sogar das Ende meiner mentalen veganen Kindheit.

Dann bin ich über die Plastikthematik gestolpert. Über die Verschmutzung der Meere, das Massensterben von Seevögeln, die mit vollem Plastikmagen verhungern. Über den Verpackungswahnsinn unserer Gesellschaft. Über die tägliche Dosis Gift, die wir über die Kunststoffe aufnehmen.

Eines ist mir besonders aufgefallen: selbst tierfreie Produkte wie etwa Tofu oder Käseersatz und Pflanzenmilch sind in Plastik eingepackt. Plastik, das unsere Meere vergiftet und uns selbst. Im Umkehrschluss heißt das: Auch die veganen Produkte tragen ihren Teil dazu bei, dass Tier und Mensch Schaden nehmen.

So sehr sich vegan lebende Menschen auch um den Tierschutz und den Umweltschutz bemühen, schaden sie über das Plastik den Tieren und der Umwelt. Jeden Tag. Jedes Mal, wenn sie ein veganes, in Plastik eingepacktes Ersatzprodukt kaufen. Diesen Zusammenhang zu erkennen und zu verstehen, das will ich Veganismus 2. Grades nennen.

Bleibt die vegane Bewegung in ihrer Kindheit, auf der Stufe der Ernährung und der Tierrechte stehen, wird der Planet Erde am Plastikgift kollabieren.

Daher brauchen auch VeganerInnen diese Aufklärung. Plastik ist nicht vegan. Denn Tier, Mensch und Umwelt sterben dadurch. Das ist die Weiterentwicklung, die der Veganismus so dringend braucht.

An dieser Weiterentwicklung werde ich arbeiten. Hier auf dem Blog, in den Social Media und im direkten Gespräch mit den Menschen. Dieser Blog wird in Zukunft also ein veganer Anti-Plastikblog.

Ich freue mich schon auf die kommenden Themen.

Euch noch eine gute Zeit und einen guten Start ins Jahr 2018.

Weitere Artikel zum Thema:

  • Veganes Wohlstandsleben?
  • Veganes zero waste Leben | Vorteile und Nachteile
  • Eine vegane Zukunft | Träume, Gedanken, Fiktion?
  • Unser Beitrag für eine vegane Zukunft

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