TREE WARS

Christbäume* gegen Holzfäller – die etwas andere Weihnachtsgeschichte

Share on FacebookShare on Google+Email this to someoneShare on TumblrShare on LinkedInPin on Pinterest

*Der politisch korrekte Ausdruck für Christbaum ist natürlich “stark beleuchteter Nadelbaum mit Religionshintergrund”. Aufgrund der Lesbarkeit und besserem Verständnis nennen wir diese im folgenden Text “Christbaum”. Sämtliche baumbezogenen Bezeichnungen sind geschlechtsneutral zu verstehen.

E

s war einmal … in einem weit, weit entfernten Winter-Wunderland … ein junger Christbaum. Sein Name war Abraham Lincoln. Er war einer von vielen jungen, hoffnungsfrohen Bäumen, die am Waldrand wuchsen. Voller Ehrfurcht und großen Erwartungen blickte er auf seine riesigen Artgenossen im Wald.

I. Die Holzfäller schlagen zurück

E

ines Tages geschah etwas Furchtbares, als seine Geschwister und er friedlich in der Baumschule ihr Wissen erweiterten. In der Blüte seiner Jugend, wo er gerade mal den neunten Jahresring bekommen hatte, kamen fremde, menschliche Männer. Männliche Männer mit Bärten, Flanellhemden, Hosenträgern und Äxten. Und Bömmelhauben. Abraham Lincoln wusste sofort, wer sie waren: Holzfäller, der natürliche Feind der Christbäume. “Diese Rassisten haben es nur auf junge Christbäume abgesehen, Laubbäume lassen sie fast immer in Ruhe”, erinnerte sich Abraham Lincoln an seinen Biologie-Unterricht. Diese Spezies gefühlloser Serienkiller hatte bereits einige Schandtaten auf dem Kerbholz. Viele davon wurden bereits in Den Haag vor dem Baum-Verbrechertribunal verhandelt. Abraham ahnte Schreckliches.

“Diese Spezies gefühlloser Serienkiller hatte bereits einige Schandtaten auf dem Kerbholz.”

Die Holzfäller stellten sich vor die erste Baumreihe. Sie zerteilten eines ihrer eigenen Haare an der Axt, um die Schärfe der Klinge sicherzustellen. Die Bartträger holten schwungvoll aus, schrieen im Chor “Vorsicht Baum fällt” (was bei bis zu zwei Meter hohen Bäumen wohl unnötig war, aber Tradition ist nun mal Tradition) und durchtrennten die Stämme der wehrlosen Christbäume. Abraham Lincoln war fassungslos, ob der Grausamkeiten deren Zeuge er wurde. Seine Äste zitterten wie Espenlaub.

Nach der blutigen Tat kramten die Holzfäller in den Taschen ihrer Flanellhemden, zogen einen Flachmann heraus, nahmen einen großen Schluck und steckten ihn wieder zurück. “Die saufen, die Holzfäller”, stellte Abraham Lincoln entsetzt fest und revidierte seine Meinung über die Flanell-Fetischisten von “Monster” auf “ekelhaft nach Fusel stinkende Monster”. Synchron gingen sie alle zwei Schritte nach vorn. In Reih und Glied. Die nächsten hilflosen Christbäume anvisiert. Reihe um Reihe verstümmelten sie die Bäume – unaufhaltsam, erbarmungslos. Im unstillbaren Holzrausch schlägerten sie weiter.

“Im unstillbaren Holzrausch schlägerten sie weiter.”

Sie kamen ihm immer näher. Angstharz tropfte aus seiner Rinde. Abraham Lincoln wollte fliehen, doch er war wie angewachsen. Schließlich stand einer der bömmelbehaubten Schlächter vor ihm. Er holte aus, zerschlug seinen Stamm und Abraham fiel in den Schnee. Er spürte seine Wurzeln nicht mehr, geschockt versagten seine Sinne. Nur noch schemenhaft erkannte er, dass die Holzfäller schließlich alle jungen Bäume brutalst gefällt hatten. Als sie fertig waren, nahmen sie noch einen Schluck aus Ihren Flachmännern, sanken zu Boden und schliefen sich laut schnarchend ihren Rausch aus. Gleich hier an Ort und Stelle auf dem vereisten Boden, der getränkt von Harz und übersät mit abgehackten Ästen und Holzsplittern war. So wie sich ein waschechter Holzfäller eben bettet. “Warum haben sie das alles getan? Warum nur? Wozu?”, fragte sich Abraham Lincoln verzweifelt.

Achtung: Die Beschreibung dieser historisch dokumentierten Ereignisse basiert nicht auf Vorurteilen oder Übertreibungen. Sie fußt auf Zeitzeugen-Interviews, Analysen von Greenpeace, Studien über das Sozialverhalten von Holzfällern und Enthüllungen von Wiki-Leaks. So inhuman werden Christbäume tatsächlich noch heutzutage gewonnen!

II. Eine neue Hoffnung

V

on Schmerz und Harzverlust ausgezehrt, vegetierte Abraham Lincoln halb ohnmächtig dahin. Er sah den Wald vor lauter dahingerafften Bäumen nicht mehr. Die Überreste der Gefällten wurden auf einen LKW geladen, abtransportiert.

“Auf einer Werbetafel am Rande dieses Hochsicherheitstrakts stand in weihnachtlich, kitschig verzierten Lettern: ‘Guantanamo Christmas Trees’.”

Benommen erwachte er wieder aufgestellt, direkt neben einem Metall-Zaun. Wo früher sein Stamm in die Erde wuchs, hatte er nun eine Wurzelprothese, sein Harzverlust war gestoppt worden. Er schaute sich um. Hunderte anderer Christbäume standen rund um ihn herum. In mehreren Gruppen, nur geteilt durch Zäune und Stacheldraht. Durch die Reihen patrouillierten Holzfäller mit Sonnenbrille und Sheriff-Stern. Wachhunde an der Leine, die den Geruch von Nadelholz auf mehrere Kilometer riechen konnten. Und dort wo die Zäune aufeinandertrafen, ragten Wachtürme in den grauen Himmel. Scharfschützen, Suchscheinwerfer und einsatzbereite Motorschlitten machten jeden Gedanken an Flucht sinnlos. Auf einer Werbetafel am Rande dieses Hochsicherheitstrakts stand in weihnachtlich, kitschig verzierten Lettern: “Guantanamo Christmas Trees”. “Pervers”, dachte sich Abraham Lincoln.

“Er fühlte sich wie ein in Karton verpackter IKEA-Kasten.”

Er befürchtete eine lange Zeit des Elends an diesem gottverlassenen Ort, an dem er nur noch eine etikettierte Nummer, ohne Name und ohne Rechte, war. Doch Abraham Lincoln hatte Glück: bald liefen zwei kleine Menschen-Kinder lachend auf ihn zu. “Sie können nicht begreifen, welch Grausamkeiten hier geschehen. Sie sind noch so jung und unschuldig”, dachte er sich und musste sich einen Harztropfen verkneifen. Den Kindern folgten zwei Erwachsene und riefen einen Holzfäller herbei, der Abraham samt Wurzelprothese packte und ihn durch alle Absperrungen brachte. Er drückte ihn durch ein Metallrohr, das all seine Äste zusammenpresste und ihn mit einem Netz bewegungsunfähig machte. Er fühlte sich wie ein in Karton verpackter IKEA-Kasten. Dabei hatte er doch in der Baumschule absichtlich den Bildungs-Zweig “Nordmann-Geometrie” und nicht “Schwedische Inbussschlüssel-Mathematik” gewählt.

III. Die Rückkehr der Christbaum-Götter

D

ie vierköpfige Familie packte Abraham Lincoln in ihr Auto und fuhr mit ihm durch eine völlig neue Welt. Überall riesige Gebäude, mit leuchtendem Schmuck. Zwischen den Straßen und Gebäuden standen manchmal Bäume wie er, nur dass sie geschmückt und hell beleuchtet waren.

Das Auto hielt, die Familie trug ihn in ihr Haus und stellte ihn ins Wohnzimmer. Sie gaben ihm Wasser und ein Elixier namens Substral. Das Wasser erfrischte ihn, das Elixier verlieh ihm ein wohlig-warmes Hochgefühl. Seine Sinne wurden vernebelt, doch gleichzeitig wollte er mehr Substral. Er erinnerte sich, als in der Baumschule vor Substral gewarnt wurde: es sei die Einstiegsdroge für Christbäume. Jetzt hatten ihn die Menschen auch noch zum Suchtkranken gemacht.

Als die Sonne unterging, begann die Familie Abraham Lincoln zu schmücken. Mit farbigen Kugeln, mit Süßigkeiten, mit Lichterketten. Und auf seine Spitze steckten sie ihm einen goldenen Stern. Schließlich legten sie bunt verpackte Gegenstände und Geschenktüten unter ihn. Der Christbaum war verblüfft und wusste nicht, wie ihm geschah. Kurze Zeit später versammelte sich die ganze Familie und begann zu singen “O Tannenbaum, o Tannenbaum …”.

“In einer Welt, in der betrunkene Holzfäller wehrlose Bäume niedermetzelten, wurde spirituelle Führung durch einen friedliebenden Baum unumgänglich.”

Plötzlich war Abraham Lincoln klar, was das alles bedeutete. Die Menschen setzten ihm eine goldene Krone auf, sie legten ihm Opfer dar, sie huldigten und preisten ihn. Das alles konnte nur einen Grund haben: er musste ein Gott sein, ein höheres Wesen. Er hatte schon immer vermutet, dass er aus ganz besonderem Holz geschnitzt war. Die Menschen brauchten seine Hilfe, seine Führung und Weisheit. In einer Welt, in der betrunkene Holzfäller wehrlose Bäume niedermetzelten, wurde spirituelle Führung durch einen friedliebenden Baum unumgänglich. Notwendig. Er, der Christbaum Abraham Lincoln, war die letzte Hoffnung der Menschheit. Eine logische Schlussfolgerung, für einen Christbaum im Substral-Rausch.

“Er müsste wohl zum heiligen Krieg gegen die schändlichen Holzfäller aufrufen.”

Abraham schwor sich, dass der stets gerecht und milde herrschen würde. Er wollte den Menschen ein Leben in Harmonie mit der Natur lehren. “Doch als erstes muss die Terrorherrschaft der Holzfäller enden”, schlussfolgerte Abraham Lincoln. Er müsste wohl zum heiligen Krieg gegen die schändlichen Holzfäller aufrufen. Denn nur so könne die Welt wieder ins Gleichgewicht geraten. Nur so kann es Frieden und Gerechtigkeit geben. Er wollte eine Welt schaffen, in der Menschen und Christbäume gemeinsam in Frieden und Harmonie leben. Eine Welt voller Liebe, Schönheit und Substral.

Und wenn er nicht gestorben ist, dann steht Abraham Lincoln noch heute irgendwo mit seiner Wurzelprothese, saugt ein heißes Tässchen Substral auf und erfreut sich seiner Trophäenwand voller Bömmelhauben.

Und die Moral von der Geschicht':

Freiheit, Gleichheit, nachhaltige und humane Forstwirtschaft. Peace und fröhliche Weihnachten!

Wenns Euch gefallen hat, bitte teilen! Vielen Dank.

Share on FacebookShare on Google+Email this to someoneShare on TumblrShare on LinkedInPin on Pinterest

Über den Autor: Jack Daniels, 30 Jahre gereift in echten Nordmann-Tannen-Fässern, im Keller der ZZYZX Werbeagentur Graz/Steiermark. Mehr über den Autor

kartoffel-langer-post-zzyzx-werbeagentur-graz-steiermark_Copyright-JIANG-HONGYAN-shutterstock-com

Sorry, für den baumlangen Beitrag!

Fotos: Copyright Standret, g-stockstudio, JIANG HONGYAN / Shutterstock.com

Erschienen auf www.zzyzx.at unter TREE WARS. Text von admin.


wallpaper-1019588
5 Dinge, die du als Trailrunning-Anfänger wissen solltest
wallpaper-1019588
Kalorienarme Lebensmittel: Top-Auswahl für Ihre Diät
wallpaper-1019588
Kalorienarme Lebensmittel: Top-Auswahl für Ihre Diät
wallpaper-1019588
#1492 [Review] Manga ~ Dein Verlangen gehört mir