Noch nicht geboren und schon unter dem Messer

Noch vor wenigen Jahren galten Diagnosen wie „offener Rücken“ oder „Zwerchfellhernie“ als Todesurteil für das ungeborene Kind. Doch seit der Entwicklung des sogenannten „Fetoskop“ können viele Fehlbildungen des Fetus bereits im Mutterleib minimal-invasiv operiert und behoben werden.

Behandlung einer Zwerchfellhernie

Von dem Loch im Zwerchfell ist etwa 1 von 2500 Babys betroffen. Durch dieses können die anderen Organe in die Brusthöhle eindringen und so das Wachstum der Lunge verhindern. Bei Geburt ist diese dann viel zu klein und das Baby kann nicht richtig atmen. Eine Operation nach der Entbindung kommt also zu spät und kann das Kind nicht mehr retten.

Bei dem pränatalen Eingriff mit Hilfe des Fetoskops wird dieses über eine winzige Öffnung (nur zwei bis drei Millimeter groß) in die Fruchthöhle eingeführt. Durch Kamera und Ultraschall überwacht, dringt das Fetoskop in die Luftröhre des Babys vor und bläst dort einen kleinen Ballon auf, der dann den Atemkanal verschließt. So kann das Wasser, welches die Lunge zu dieser Zeit ständig produziert, nicht mehr abfließen und die Lunge wird zum Wachstum angeregt. Kurz vor der Entbindung wird der Ballon dann in einem zweiten Eingriff wieder entfernt, damit die Atemwege nach der Geburt frei sind.

Die Risiken für eine Früh- oder Fehlgeburt sind bei diesem Eingriff relativ gering, wie auch die gesundheitliche Gefährdung der Mutter.

Pränatale Operation eines offenen Rückens

Auch der offene Rücken kann mittlerweile minimal-invasiv operiert werden. Dabei wird mit drei Operationsröhrchen gearbeitet. Eins enthält eine kleine Kamera plus Lampe, die anderen beiden Mini-Greifer mit denen ein Flicken auf die offene Stelle des Rückgrats gelegt und dieser so abgedeckt wird.

Läge das Rückenmark weiterhin frei, hätte dies viele negative Folgen für das Kind. Der permanente Kontakt mit dem Fruchtwasser kann zu einer Schädigung der Nervenfasern führen – und dies wiederum Lähmungen sowie gestörte Blasen- und Enddarmfunktionen hervorrufen. Kommt im Verlauf der Schwangerschaft zusätzlich die Reizung durch die Enzyme aus dem Kot des Babys hinzu, werden die Nerven weiter angegriffen. Auch Stößen ist das offene Rückenmark ungeschützt ausgeliefert und kann durch sie weiter beschädigt werden. Sogar das Gehirn kann von den Fehlbildungen betroffen sein, wenn über das unverschlossene Rückenmark Hirnwasser in die Gebärmutter fließt.

Durch den pränatalen Eingriff können diese Folgen weitestgehend verhindert werden. Zwar zeigen einige, so behandelte Babys dennoch leichte Lähmungserscheinungen in den Beinen, die Blase und der Darm funktionieren jedoch fast normal. Dies belegt auch eine randomisierte klinische Studie 2011 im England Journal of Medicine: Ein fetalchirurgischer Eingriff bei Kindern mit einer schweren Form des offenen Rückens kann spätere Behinderungen vorbeugen.


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