Neuer Job (2)

Neuer Job (2)In manchen Situationen hilft doch nur Durchhaltevermögen. Wie lange wollen das denn die Damen durchziehen? Irgendwann müsste das doch jemanden auffallen. Irgendwann müsste auch der Chef aus dem Urlaub zurückkehren. Spätestens dann würde die Frage gestellt werden, warum ich denn in der Telefonberatung nicht telefoniere. Es hieß also abwarten. Die Zeit würde nicht nur die Wunden heilen, sondern auch die Erlösung bringen. Aber leider war anschließend auch der Chef krank. Und das ist unschön, nicht nur für ihn, sondern auch für mich, denn dann kann man weder Tage noch Stunden zählen. Aber auch das würde nicht ewig dauern. Und ich glaube, auch wenn sie nicht ehrlich mit mir waren, so musste es ihnen auch bewusst sein. Diese verdammten Raucherpausen, diese verdammten Raucherpausen! Ich musste sie fürchten wie sonst was. Die kamen wieder, sprachen nicht mit mir, tuschelten nur untereinander. Und ich konnte schon merken, vorher schon, dass, wenn Maggi was kann, dann ist es sich hineinsteigern in ein Absurdium des Gefühls sich gegen die Welt da draußen verteidigen zu müssen, als wäre Krieg und sie wäre Rambo oder so etwas. Vielleicht stimmt das Bild nicht ganz, aber ich glaube man hat schon eine ungefähre Vorstellung. Und vielleicht dachte Melli ja anders drüber, aber sie hatte sich ein für alle Mal für ihre Position entschieden. Und wer wüsste denn auch, wie sehr sie die Sonne geblendet hätte, wenn sie den Kopf aus Maggis Arsch gezogen hätte.

Sie kamen herein. Nach einer ihrer Raucherpausen. Tuschelten. Maggi suchte was. Melli schaute zu. Als sie dann das Kabel für das Headset holte, habe ich mir gedacht vielleicht ist ihr aufgefallen, dass irgendwas mit dem Kabel an ihrem Headset nicht stimmt und dass sie es einfach mal austauschen möchte um was auszuprobieren. Dann gingen sie, ohne mir was zu sagen, zu meinem Telefon. Auch hier dachte ich nur, sie will vielleicht ausprobieren, wie das an meinem Telefon funktioniert. Habe mir immer noch nichts dabei gedacht. Und sie sprachen ja weiter nicht mit mir. Sie schloss das Headset an und dann sagte Maggi ganz stolz, ich wollte doch auch mal telefonieren und jetzt könnte ich das auch. Was sagt man da? „Wenn ihr meint? Ja klar? Seid ihr denn sicher?“ oder „Meint ihr nicht, dass es ein wenig kindisch ist, mich auf diese Art und Weise vorzubereiten. Meint ihr wirklich, ihr hättet es mir jetzt gegeben, oder denkt ihr, ich fange gleich an zu weinen und werde sagen, ich wäre noch nicht so weit, aber danke.“ oder “ Im Grunde habe ich so viel Respekt vor eurer Arbeit, aber ich traue mir das noch nicht zu und ich möchte noch nicht, weil ihr Recht habt.“ Was sagt man da? Was ist der beste Umgang mit der Situation: die Flucht nach vorne oder der Rückzug mit eingezogenem Schwanz? Dann hätten sie sich doch besser gefühlt, dann hätten sie sich im Recht gesehen. Und außerdem hatte ich schon Mal erzählt, wie nervtötend es ist, nur daneben zu sitzen und zuzuhören? Und vor allem war es auch nicht schön zu sehen, wie die alte Frau mit ihrer Kundschaft umgeht. Es gibt Menschen, die neiden einem die Butter auf dem Brot. Hier handelt es sich dabei um jemanden, dem man nachsagen muss, dass er einer bestimmten Gruppe, nennen wir sie „Ausländer“ überhaupt gar keine Butter gönnt, wenn sie ehrlich wäre.

Natürlich habe ich die Flucht nach vorn ergriffen. Da war er: mein erster Anruf. Eigentlich musste ich sofort Maggi um Rat fragen, was mir widerstrebte, weil sie sich nur im Recht gesehen hätte, aber ich war überfordert. Bis heute wäre das eine Situation mit der man gut überfordert sein könnte. Ich telefonierte mit einem Mann, dessen Frau hatte keinen Aufenthaltstitel mehr. Also sollte ich sagen, sie sollte im Servicepoint vorsprechen. Dann kriegt sie was ausgestellt. Die wollten aber nach Mazedonien fahren. Egal, ich sollte sagen sie sollen im Servicepoint vorsprechen. An der Stelle hätte ich mir auch gewünscht zu wissen, was sie denn da bekommt im Servicepoint, aber wahrscheinlich wäre das wieder eine Frage zu viel gewesen. Und so geht es einige Male hin und her bis er mir sagt, dass er nicht mehr vorsprechen kann, weil er schon längst auf dem Weg nach Mazedonien ist. Der Hintergrund dafür wiederum ist, dass wohl jemand in der Familie verstorben sei, ein junger Mann, und er konnte es gar nicht fassen, dass jemand, der so jung ist, schon stirbt und er wollte nur zur Beerdigung und deshalb könnte er nicht und so weiter. Ich meinerseits hatte natürlich Verständnis, aber ich hatte doch diese Anweisung. Und er wurde immer ärgerlicher. Zwischendurch entschuldigte er sich bei mir, aber das wäre für ihn so schwer alles. Ich hatte Verständnis. Ich meine, wie kann man in der Situation kein Verständnis haben, aber ich fühlte mich so machtlos. Es ging hier nicht weiter, also meinte ich zu ihm, ich würde das besprechen und würde mich erneut bei ihm melden. Habe nichts versprochen, was ich nicht hätte halten können und war dann doch recht stolz auf mich, dass trotz des komplexen Sachverhalts ich im Rahmen meiner Möglichkeiten gut zurecht gekommen bin. Ich wollte das mit Maggi klären, weil ich mir nicht vorstellen konnte, dass es für so was keine Lösung geben kann. Sie ließ mich aber dann nicht mehr erneut anrufen, sie machte es lieber selbst. Und sparte auch nicht im Nachhinein mit Schilderungen für wie inkompetent mein Gesprächspartner mich denn gehalten hatte. Jetzt fragt man sich doch sicherlich, was denn die Lösung solch eines Problems ist, weil man bestimmt da draußen auch denkt, es muss doch eine Lösung geben, die Anlaufstelle der kommunalen Ausländerbehörde kann nicht das einzige Mittel sein. Ja, die Antwort ist simpel: sie heißt Botschaft. Hätte man mir auch gleich sagen können oder? Aber dann hätte man nicht das unheimlich befriedigende Gefühl haben können, mich auflaufen lassen zu haben. Ehrlich, auch im Nachhinein betrachtet ist das so eine Situation gewesen, wo man mich hat gut auflaufen lassen. Wenn ich den beiden Damen mehr komplexe Gedankengänge zutrauen würde, würde ich meinen der Anrufer wurde bezahlt und den Todesfall gab es nicht.

(Foto: Rainer Sturm / pixelio.de)

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