Kritik - Braveheart

Kritik - Braveheart

Die Geschichtsschreiber aus England werden mich einen Lügner nennen, aber Geschichte wird von jenen geschrieben, die ihre Helden gehenkt haben.” - 

Beschäftigt sich man mit den modernen Versuchen Hollywoods, das Historiengenre erfolgreich zu reanimieren, wird man früher oder später nicht auf allzuviel positiv zu goutierende Epen stoßen. Zu den wenigen, also an der Hand abzuzählenden, wirklich guten Erscheinungen im Genre zählt z.B. Mel Gibsons beste Regiearbeit: "Braveheart.” Wie oft ließen verschiedene Stimmen schon verlauten, das Mel Gibson mit Braveheart "Geschichtsverrat” begangen hat im Falle seines oft mißverstandenen Leinwandablegers. gebrochen haben soll  Dabei entbehren diese Vorwürfe jeglicher gesunder Grundlage. Denn über den wahren William Wallace ranken sich in Schottland seit jeher nur Mythen und Legenden, man erzählt sich überlieferte Geschichten, z.B. das die historische Figur "Robert The Bruce” möglicherweise Verrrat an William Wallace begangen haben soll, was bis heute aber nicht eindeutig bewiesen werden konnte. Ebenso findet man im Falle, das über  William Wallace recherchiert wird, nur vage, eine Handvoll an kleineren Aufzeichnungen vor, an welchen berühmten Orten (z.B. an der Stirling Bridge in Schottland) den englischen Besatzern, Longshanks und Konsorten  im nachhinein Einhalt geboten wurde, damit Schottland seine Freiheit erlangen konnte. Bis heute entstand also auf Grund einer überschaubaren Zahl von Überlieferungen die "Legende” um William Wallace als Märtyrer und Rechtschaffener, Volksheld und Freiheitskämpfer. Dieses Bild ist in den  Köpfen der schottischen Landsleute fest verwurzelt.

Kritik - Braveheart

Es dauerte bis zum Jahre 1995, ehe sich Autor Randall Wallace der "Legende” um seinen berühmten Vorfahren annahm und die wenigen, an einer Hand abzuzählenden Anhaltspunkte, Vermutungen und nicht gerade in Vielzahl überlieferten, historischen Personen im Rahmen der künstlerischen Freiheit zu einer interessanten Geschichte miteinander verschmolz und William Wallace ein passendes, filmisches Denkmal zum jetzt modern-bestehenden, aber wenn überhaupt, sehr wenigen, real existierenden errichtete. Ein wenig Heldenverehrung hat ab und an auch etwas charmantes an sich. Mel Gibson und Randall Wallace gingen die Geschichte um Schottlands Nationalhelden mit viel Würde an: sie inszenierten ihn als das, was in den Köpfen Schottlands immer präsent sein wird. Mel Gibson ließ seiner Figur William Wallace keine Selbstverliebtheit angedeihen, sondern spielte mit Aufrichtigkeit, Leidenschaft, Hingabe und nahm dafür einen halbjährigen, knallharten Dreh in Kauf, der in Punkto körperlicher Belastbarkeit von allen Beteiligten das Maximum abverlangte. Und so schufen alle Beteiligten des Projekts 'Braveheart etwas völlig zeitloses. Entgegen einiger manchmal auftauchender, landläufiger Meinungen bedient sich Mel Gibsons Gesellenstück auf dem Regiestuhl und Autor Randall Wallace´ Geschichte um seinen berühmten Vorfahren nicht herkömmlicher Klischees desi Historiengenres. Und nimmt sich auch nicht tumbe Schlagetot und Rachestreifen als Vorbild. Denn wie heißt es: in zweitklassigen Filmen erreicht derjenige seine Ziele, der den größten, stärksten und schönsten Mann von allen verkörpert, der am Ende seinen Gegner totschlägt, also besiegt, seine Frau mit nach Hause nimmt  und so als rachedurchtriebener Sieger aus allem hervorgeht.

Kritik - Braveheart

Mit "Braveheart” schlagen Mel Gibson und Randall Wallace einen ganz anderen Weg ein:  Sie lassen uns einem authentischem, schmutzigen und düsteren Mittelalter teil haben, in welchem man auf Grund von Einflüssen wie gewaltsamen Übergriffen gegen die Bevölkerung, falscher Rechtsauffassung, Bigotterie der christlichen Institutionen, Unterdrückung und Sklaverei keineswegs als rachedurchtriebener Sieger am Ende hervorging. Wer sich gegen diese Dinge auflehnte, mußte am Ende selber mit seinem ableben rechnen. Aber: wer seinen Idealen, seiner  Vorstellung von Gerechtigkeit und seinen Überzeugungen treu blieb, es also verstand, seine Prinzipien zu schützen, konnte am Ende doch der moralische Sieger sein. Auch wenn man in gehängt, geköpft und anschließend in Stücke gerissen wurde. Randall Wallace vermittelt in "Braveheart” Werte, die bei manchen ab und zu in Vergessenheit geraten zu sein scheinen: In manchen Zeiten (vor allem dem finsterem Mittelalter) reichte der unbedingte Wille zum Sieg nicht mehr aus, um Gerechtigkeit zu erlangen, man mußte bereit sein, sein Leben für etwas höheres zu opfern. Mit der universellen Macht des Glaubens ist es manchmal möglich, Berge zu versetzen und andere dazu zu bewegen, das richtige zu tun und auch die eigenen Fehler, Schwächen und Verbrechen gegenüber der verarmten Gesellschaft zu erkennen. Vor allem, wenn schlimme Tragödien geschehen. Und so kann sich sehr oft  die gesellschaftliche Koexistenz schnell ändern. Man kann durchaus bereit bis zu einem gewissen Punkt sein zu  kämpfen, an dem auf Grund verschiedener menschlicher Auffassungen, wie unsere moderne Gesellschaft existieren sollte, keine Einigung erzielt werden kann. Man kann in Schlachten ziehen und die Waffen sprechen lassen. Die Menschen  kommen in Punkto friedlicher Koexistenz / harmonischem Miteinander, Ordnung und Gesetz, mangelhafter Rechtsprechung und der Rechtsauslegung zum persönlichen Freiraum eines jeden Individuums im Leben irgendwann aber nicht mehr weiter, wenn sich die Fronten scheinbar endgültig verhärtet haben. Daher bleibt den Menschen nur eines übrig. Und zwar von Angesicht zu Angesicht miteinander zu sprechen, selbst wenn der eigene Tod unausweichlich ist, z.B. im Falle von William Wallace´ Hinrichtung auf dem Schafott. Alle können es schaffen, miteinander zu leben und einen Weg zu beschreiten, an dem man vorher nicht gedacht hat. Einen Weg der Freiheit und Demokratie. Man muß diesen Weg nur beschreiten wollen. Und wer dies nicht möchte und den kleinen Mann der Gesellschaft aus dem Glauben heraus, etwas besseres als dieser zu sein, auf dem Schaffott erschlägt, der sich gegen Mißhandlung und Unterdrückung wehrt, wie z.B. William Wallace, der zeigt wie Longshanks ("König Edward I") am Ende selber seinen wahren, schlechten Charakter.

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"Wir werden kein Zuhause mehr haben, wenn die englische Garnison hier ankommt und gebrandschatzt hat!" -

Mit William Wallace verkörperte Mel Gibson eine der tragischsten Figuren der Filmgeschichte, welcher er durch viel Einsatz Authenzität einhauchte. Als eine reizvolle Mischung aus anfänglichem Racheverfechter (der im Laufe ab einem gewissen Punkt bzw. wie oberhalb im Review  angesprochen eine weitere Wandlung durchlebt), und einem mit Intelligenz versehenem Anführer, einem einfachen Mann aus dem Volke (welcher als Zugeständnis an die Masse mit einer romantischen Ader versehen wurde) und rauhem Naturburschen traft Mel Gibson im Jahre 1995 den Nerv der Zeit und den des Publikums. Dank Mel Gibsons charismatischem Auftreten fällt es dem Publikum leicht, die gespielten, menschlichen Verluste William Wallace´ als dessen daraus resultierenden Prinzipen und die folgerichtige Auflehnung gegen die eigene Unterdrückung positiv goutieren zu können.  Ebenso gefällt Angus Mcfayden als zwischen Recht und Unrecht hin- und her gerissener "Robert The Bruce”. Er verkörpert einen glaubhaften inneren und auch sehr emotionalen Kampf um das, was rechtens ist: um die Selbstbestimmung der Menschen nach vollrichteter, täglicher Arbeit .Oder den Thron Schottlands zu Nachteilen des Volkes, aber zu Gunsten des überlebens der eigenen Familie. Aber auch Patrick McGoohan legt als eisenharter König von England, dem es stets um Macht bzw. Ansprüche geht und dabei auch glaubt, er würde im Sinne von Recht und Ordnung handeln, eine sehr überzeugende Leistung an den Tag. Schon wenig Gesten und Mimiken von ihm reichen aus, um stets Unbehagen beim Publikum hervorzurufen. Und zu guter letzt überzeugt Sophie Marceau Dank subtiler Gestik, Mimik und ihrer glaubwürdigen Emotionalität. Sie wirkt als zunächst naiv-melancholische Prinzessin von Wales sehr glaubwürdig, demonstiert gegen Ende aber auch das richtige Maß an Stärke und Durchsetzungsvermögen. Zwar stellt ihre eingestreute Romanze mit Mel Gibson ein kleines Zugeständnis an das Mainstream-Publikum und vergangene Bombast-Epen aus Hollywood da .Aber durch durch ihr Zusammenspiel mit Mel Gibson und die zeitgenössischen Dialoge werden die Beweggründe für die gegenseitige Anziehung / die Romanze zwischen einem Menschen aus einem höherem Stande und jemandem aus dem einfachen Volke, welche einen neuen Status Quo zwischen reich und verarmt etabliert, offensichtlich.

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Unvergessen bleibt James Horners auch brillanter Score, der sich Dank vielen keltischen Mitteln, Dudelsackeinsätzen und auch auf Grund seiner Eingängigkeit tief ins Unterbewußtsein des Publikums gräbt. James Horner spielt, wenn die großen Momente kommen,  mit ungeheurer Leichtigkeit und Wucht auf der Gefühlsklaviatur des Publikums und läßt dieses zutiefst emotional ergriffen zurück. Man hat es also leicht, sich Dank der Akustik mit universellen Themen wie Furcht, Trauer, Verlust aber auch Hoffnung zu identifizieren. Besonders im packendem Finale, wenn James Horner mit dem klassischen Braveheart "Freedom” - Theme noch einmal zur Höchstform aufläuft und den allerletzten Angriff auf die Nerven des Publikums startet.Und auch heute noch beeindruckt "Braveheart" im hochaufgelöstem Filmformat mit herausragenden Bildern, in denen die stimmungsvollen, rauen, dreckigen und zerklüfteten Landschaften Schottlands zu bewundern sind. Mel Gibsons erstklassigem Kamermann John Tolls ("Last Samurai") sei Dank. Ebenso tragen die in ihrem brutalen Verhalten involvierten, authentischen gezeichneten Personen und die zu "Braveheart" dazugehörigen, blutigen Schlachten / Auseinandersetzungen, die faszinierend choreographiert wurden, zur beeindruckenden Bildersprache bei. Der Film-Schnitt ist zu guter letzt als erstklassig zu bezeichnen.

Kritik - Braveheart

Fazit: Mel Gibsons "Braveheart" offenbart sich nicht nur als ein klassisches, tragisches, und packendes Epos, das ungeheure Anziehungskraft entwickelt. Nein, es erweist sich als eine zeitlose Ode an die Menschlichkeit (Wallace & Murron) , für die Freiheit, die Selbstbestimmung und die Gerechtigkeit, als kein zweitklassiger, infantiler Racheaufguß. Denn um "Braveheart" zu verstehen, müssen wir fragen: WARUM greifen die unterdrückten Protagonisten in Braveheart zu solchen drastischen Mitteln wie  der ihnen immanenten Gewalt? "Braveheart" entpuppt sich wie Ridley Scotts "Gladiator" als DIE Reinkarnation eines Genres.

Wertung: 10/10 Punkte


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