Hoffnungslos

Hoffnungslos

Vorsicht, betrunkene Menschen!

Italo war selbst geschockt über das Geschehene in der Kirche. Er verstand plotzlich, wie sehr ihn seine Sucht im Griff hatte und wie weit er bereits da hinein gerutscht war.
Ich glaubte ihm, dass er in diesem Moment und auch in den Tagen danach wirklich den Wunsch hatte, vom Alkohol los zu kommen.Doch die Sucht war stark, sehr stark. Und sie gewann nach und nach wieder Oberhand.
Seit diesem Tag nörgelte ich nicht mehr rum. Ich versuchte nur noch, ihm klar zu machen, dass er Hilfe brauchte. Dass er alleine den Ausstieg nicht schaffen würde. Aber wie so viele Alkoholiker glaubte Italo, dass er keine Hilfe von außen brauchte und es alleine schaffen würde. Er sagte immer wieder, er brauche nur mich und die Kinder dazu. Wir wären sein Halt. Ohne uns würde er es nicht schaffen.
Diese Worte waren es, die mich dazu bewogen, weiterhin bei ihm zu bleiben und zu versuchen, ihm zu helfen.
Zuhause trank Italo nun weniger. Ganz ohne Alkohol konnte er nicht sein, er dachte, er könne seinen Alkoholkonsum täglich etwas vermindern und so eines Tages ganz ohne auskommen. Ich hatte meine Zweifel, ob das so funktionieren würde. Ich hatte mich seit Längerem mit dem Thema Alkoholismus beschäftigt und wusste, dass nur ein konsequenter kompletter Verzicht eine Chance auf Erfolg hatte. Doch Italo war der Meinung, dass sein Weg anders aussehen könnte und ich konnte ihn nicht zum kompletten Verzicht bewegen.
Er zitterte jeden Tag, wenn er zur Arbeit ging, doch wenn er in der Mittagspause nach Hause kam, dann zitterte er plötzlich nicht mehr. Es dauerte nicht lange, da bemerkte ich an seiner Fahne, dass er nun heimlich trank. Entweder auf dem Weg von der Arbeit nach Hause oder während der Arbeit. Er stellte seinen Alkoholspiegel ein und daher zitterte er nicht mehr. Ich sprach ihn darauf an und er bagatellisierte das Ganze, sprach von "einem Gläschen Prosecco" oder "einem Gläschen Spumante" in der Pause...
Mit der Zeit wurde mir klar, dass ich ihm nicht helfen konnte. Ich telefonierte in dieser Zeit oft heimlich mit meinen Eltern aus einer öffentlichen Telefonzelle. Meine Mutter sagte mir immer wieder, ich solle ihn verlassen, vielleicht wäre das der heilsame Schock, den er brauchte, um endlich vom Alkohol los zu kommen. Doch irgendwie war ich noch nicht ganz bereit dazu.
Ich liebte ihn nicht mehr, das war mir klar geworden. Aber egal war er mir auch nicht. Er tat mir einfach sehr leid. Und er war der Vater meiner Kinder. Immer wieder gingen mir diese und ähnliche Fragen durch den Kopf :"Darf ich den Kindern ihren Vater nehmen? Was wenn er es doch schafft? Was wenn ich die Flinte zu früh ins Korn werfe?"
So wurde es Mai. Seit 20 Monaten lebte ich nun mit Italo und den Kindern in Italien. Mein Heimweh wurde immer größer. Immer weniger konnte ich das beschauliche Leben in San Marino genießen, immer mehr war ich in unseren Problemen gefangen, immer mehr wurde ich unzufriedener.
Den Kindern versuchte ich nach wie vor eine gute Mutter zu sein. Wenn es Streit mit Italo gab, dann versuchte ich diesen nicht im Beisein der Kinder auszutragen.
Im Bett lief zwischen Italo und mir nichts mehr. Meine Lust auf ihn war mit der Liebe gestorben. Er bedrängte mich zwar immer wieder, aber ich konnte mich nicht mehr auf ihn einlassen, ich ekelte mich manchmal regelrecht vor ihm, vor allem wenn er getrunken hatte.
Meine ablehnende Haltung gab oft den Grund für weitere Diskussionen. Und sie wurde von Italo auch als Grund angegeben, warum er weiter trank. Nun war ich also schuld an seiner Misere. Dabei war ich bei ihm geblieben, um ihm da raus zu helfen. Ich wusste nicht mehr weiter.
In dieser Phase kam es zu einer sehr unschönen Auseinandersetzung zwischen uns beiden. Die Kinder waren bereits im Bett und schliefen, da bedrängte er mich wieder. Er war angetrunken und tat es diesmal mit wesentlich mehr Nachdruck. Er benutzte solche Phrasen wie: "Du bist meine Frau und Du tust was ich sage!" oder "Du musst jetzt Deine ehelichen Pflichten erfüllen!" Er wurde zudringlich und versuchte mich andauernd zu küssen und mich fest zu halten. Ich drehte und wendete mich aus seinem festen Griff heraus, redete mit Engelszungen auf ihn ein, doch diesmal ließ er einfach nicht locker. Ich wusste mir nicht mehr zu helfen und ging ins Schlafzimmer mit der Bitte, er solle mich in Ruhe lassen, mir ginge es nicht gut.
Zuerst ließ er mich auch in Ruhe. Ich dachte schon;"Gottseidank! Er hats begriffen!" Doch wie gesagt, diesmal war alles anders. Italo benutzte die Zeit, um sich Mut anzutrinken. Etwa eine halbe Stunde später stand er plötzlich im Schlafzimmer und forderte lautstark nach seinem "Recht"! Er gab einfach nicht auf und wurde immer zudringlicher. Wieder konnte ich mich befreien und flüchtete diesmal ins Kinderzimmer und schloß die Türe hinter mir ab.
Das machte ihn noch wütender. "Komm raus!" schrie er immer wieder und schlug mit seinen Fäusten gegen die Türe. "Komm raus! Wenn Du nicht raus kommst, dann komme ich rein und das wirst Du dann bereuen!"
Nun bekam ich es wirklich mit der Angst zu tun und bereute meine Flucht ins Kinderzimme, denn die Kinder erwachten wegen des Lärms, den Italo veranstaltete und ich musste mich um meine verschreckten kleinen Mäuse kümmern. Ich nahm beide in den Arm und tröstete sie.
Für kurze Zeit wurde es ruhig und Italo ging von der Türe weg, Doch er kam wieder. Er hatte sich einen Schraubenzieher geholt und schraubte nun die Klinke ab, um zu mir rein zu kommen. Ich hatte solche Angst. Immer wieder sagte er:"Das wirst Du bereuen! Du kannst Dich nicht vor mir verstecken! Nicht vor mir! Dies hier ist meineWohnung und Du bist meine Frau, Du machst, was ich Dir sage!" Ein paar Sekunden später ging die Türe auf und Italo stand im Zimmer. Die Kinder weinten vor Angst und ich schaute ihn nur an. Er baute sich vor uns auf und schrie:"Was glaubst Du, wer Du bist! Mich in meiner eigenen Wohnung auszusperren! Mach das niemals wieder, hörst Du! Niemals!" Dann verlangte er von mir, dass ich mit ihm ins Schlafzimmer gehen sollte. Ich blieb einfach sitzen, umklammerte die Kinder, sprach beruhigend auf sie ein und bewegte mich nicht. Da rannte Italo wutentbrannt in die Küche und kam mit einer Schere in seiner Faust, die auf mich als Waffe gerichtet war, zurück und bedrohte mich damit. Ich war wirklich zu Tode erschrocken. Ruhig setzte ich die Kinder ganz hinten aufs Bett und stellte mich vor sie hin. Ich wollte sie aus der Gefahrenzone bringen und das Kinderzimmer alleine verlassen, doch Italo ließ mich nicht durch. Immer wieder bedrohte er mich mit der Schere und tat so, als ob er zustechen wollte. Ich wusste mir nicht mehr zu helfen, da stellte ich mich mit zur Seite gestreckten Armen vor ihn hin und sagte:"Stech doch endlich zu! Dann ist das Ganze hier wenigstens endgültig vorbei!"
Stille. Nur die Kinder weinten leise im Hintergrund.
Italo schaute mich mit seinen glasigen und rot unterlaufenen Augen an. Plötzlich ließ er die Schultern sinken. Plötzlich wich sein wütender Gesichtsausdruck und machte einem betroffenen Ausdruck Platz. Langsam schien er zu begreifen, was er gerade anrichtete. Er ließ den Kopf und die Hände sinken, betrachtete die Schere in seiner Hand. Dann nahm er meine Hand, legte die Schere da hinein und verließ weinend und wortlos das Kinderzimmer.
Ich wusste, nun war der Zeitpunkt da, die Zeit war reif, ich würde ihn verlassen.Ich musste ihn verlassen und meine Kinder in Sicherheit bringen.


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