Stars Hollow ist ganz offenbar Ausrichter eines International Food Spring Festivals. Jedenfalls tummeln sich hier zahlreiche Besucher im Auftakt der zweiten Folge von “Gilmore Girls – Ein neues Jahr”. So zeigt uns die Episode “Frühling” auch die Rückkehr von Mrs. Kim (Emily Kuroda), sogar Mr. Kim darf einmal winken, den wir in keiner einzigen Folge der sieben Staffeln starken Serie zu Gesicht bekommen haben. Selbst Jackson (Jackson Douglas) tummelt sich auf dem Fest, wenn auch ohne Sookie. Hier macht die Netflix-”Gilmore Girls”-Serie ohnehin ein großes Ding draus: die ständigen Feste, die in Stars Hollow gefeiert werden, dienen den vier Folgen als Führer durch die Jahreszeiten. Immer ist irgendwo etwas los, ob nun ein solches Fest, oder eine Veranstaltung, die verzweifelt von Taylor (Michael Winters) geplant wird. Aber der Frühling hält einfach nicht so schöne Bilder parat, wie noch die verschneite Winterlandschaft der ersten Episode.
Dafür statten Rory und Paris ihrer alten Schule Chilton einen Besuch ab, wo ein Ehemaligen-Treffen abgehalten wird. Das öffnet Tür und Tor für weitere Gastauftritte, darunter ein kurzer Blick auf Tristan, der Paris durchdrehen lässt. In der Serie noch von Chad Michael Murray gespielt (und vorzeitig für eine größere Rolle in “One Tree Hill” abgewandert ist), steht hier aber nur ein Look-Alike namens Anton Narinskiy im Schulflur herum. In Chilton bekommt Rory aber auch von Schulleiter Hanlin Charleston (Dakin Matthews) das Angebot, noch ein wenig weiter zu studieren und eine Stelle in Chilton anzutreten, die sie natürlich für Rory zur Verfügung stellen würden. Das Schulsystem in Chilton scheint höchst Mitarbeiter-freundlich zu sein, kann sie sich doch sogar die Fakultät aussuchen, an der sie beschäftigt sein wollen würde. In Chilton wird mit Jobs nur so um sich geschmissen, was die Schule sehr gut an das verträumt-unreal wirkende Stars Hollow anbindet.
Schulleiter Hanlin Charleston begrüßt Rory und Paris in Chilton
Dagegen erscheint aber vor allem Rorys Haltlosigkeit in der Welt so wunderbar real. Es ist einfach schön zu sehen, dass “Gilmore Girls” sich traut, eine 32 Jahre junge Frau zu zeigen, die sich selbst noch nicht in der Welt zurecht findet und nicht weiß wo ihr Weg sie hinleiten wird. Das ist viel näher an den wirklichen, heutigen Lebenswelten angelehnt, als viele andere Serien, in denen die Generation Über-30 bereits mit beiden Beinen fest im Leben steht. Auch fällt in “Frühling” das geplante Biographie-Buchprojekt für Rory auseinander. Die Website “sandeesays” umwirbt Rory derweil so penetrant, lässt sie dann aber doch abblitzen, dass man den Wutausbruch der jungen Gilmore im Anschluss förmlich mitfühlen kann. Dafür darf sie dann Babysitterin für die Kinder von Paris und Doyle spielen.
Ebenso aufwühlend laufen dann die Therapiesitzungen ab, zu denen Lorelai nun mit ihrer Mutter geht. Die beiden sind sich wirklich spinnefeind. Emily holt selbst alte Geschichten wieder hoch und wirft ihrer Tochter vor, so früh schwanger geworden und damit ihr Leben weggeworfen zu haben. Ein wenig wirkt das alles konstruiert, um diejenigen Zuschauer abzuholen, die sich nicht im Vorfeld noch einmal an die sieben Staffeln “Gilmore Girls” getraut haben. Eine Therapie-Sitzung um die gesammelten Lebens-Streitigkeiten von Mutter und Tochter Revue passieren zu lassen.
Lorelai und Emily Gilmore gehen gemeinsam zur Thearpie
Derweil wird Luke von Emily kontaktiert, die ihn darüber in Kenntnis setzt, dass Richard ihm eine gehörige Summe Geld vermacht hat. So überrascht Luke auch sein mag, ist das Geld natürlich ebenso an eine Bedingung geknüpft, wie einst die Schulkosten für Rory, die zu den freitagabendlichen Dinner-Verabredungen im Haus Richard und Emily Gilmore führten. So muss Luke sein Diner zu einem großen Franchise-Unternehmen ausbauen, nur hierfür wird ihm das vermachte Geld zur Verfügung gestellt. Zeitgleich bekommt Lorelai es mit der Angst zu tun, weil offenbar auch Michel (Yanic Truesdale) darüber nachdenkt, das Dragonfly Inn zu verlieren. Damit wäre die freundschaftliche Dreierbande Lorelai-Sookie-Michel gänzlich auseinander gebrochen.
In der “Frühling”-Folge wird schön herausgearbeitet, wie sich vor allem Lorelai, Rory und Luke mit ihrer Zukunft beschäftigen (müssen), während in “Winter” hierzu vor allem noch Emily durch den Tod ihres Mannes im Mittelpunkt stand. Hierdurch gelingt es “Gilmore Girls – Ein neues Jahr” durch die Generationen und Geschlechter hindurch, die ständigen Zukunftsängste zu thematisieren, von denen heutzutage vermutlich viele Menschen geplagt werden. So fern Stars Hollow manchmal auch sein mag, so unwirklich und träumerisch die Welt der “Gilmore Girls” daherkommt, findet man doch immer wieder den Bezug zu real-gesellschaftlichen Problemen und Ängsten, Verstrickungen und den kleinen Glücksmomenten, die sich trotzdem immer wieder finden lassen.
Review zu „Gilmore Girls – Ein neues Jahr“: Folge 1, Winter