Erich Fromm-Preis für Georg Schramm: Preisverleihung und der Preisträger mit “Nach uns kommt keine Sintflut”

“…Es ist ein großer Verdienst, dass Georg Schramm, in Zeiten, in denen
die Menschen mit Moden und kulturellen Opiaten, wie Erich Fromm gesagt
hätte, mit Flachbildschirmfernsehen, schalen Lebensdevisen und
allerlei Therapieangeboten und “wenn das nicht hilft” auch mit
disziplinierender Sozialtechnik und Psychopharmaka standardisiert und
dem Wirtschaftsgeschehen verfügbar gemacht werden, dass Georg Schramm in
solchen Zeiten auf das Sperrige in den Menschen, das nicht Kompatible,
das Widersprüchliche pocht. Das ist allerdings ein Glücksfall für uns
alle.

Mit seinen Auftritten auf Demonstrationen hilft er mit, jenen
öffentlichen Raum zurückzuerobern, an dem sich öffentliche Meinung
bildet, wo sich Menschen zusammenfinden, die alleine womöglich nur
Ohnmacht empfunden hätten, nun aber über Mobilisierungsprozesse zu einer
politischen Kraft werden. Gleichzeitig fordert er mit seiner
kompromisslosen Art all jene Kräfte heraus, die die bestehende Hegemonie
stützen. Denken Sie an seinen unübertroffenen Attacken auf die
Niederungen deutscher Talkshows. Ich will es gar nicht erst versuchen,
diese hier wiederzugeben. Seine beißende Kritik an jenen Medien, die mit
seichter Unterhaltung dafür sorgen, dass der öffentliche Raum, der so
zentral für eine lebendige Demokratie ist, in einem Meer von Irrelevanz
versinkt. Wohl wissend, dass es die permanente Berieselung der
Öffentlichkeit mit Junk Politics ist, mit Royal Weddings, der
Inszenierung eines fabelhaften Guttenberg, mit der unendlichen Abfolge
von Crime und Castingshows, hinter der sich Herrschaft verschanzt.
Adorno und Horkheimer nannten das den gesellschaftlichen
Verblendungszusammenhang, in dem Aufklärung zum Massenbetrug wird.

Ich will mich an dieser Stelle nicht allzu lange mit der Affäre Wulff
aufhalten, die bei aller Brisanz, die in ihr steckt, aber doch auch eine
irgendwie provinzielle ist. Da stolpert ein Mann, wie Konfuzius gesagt
hätte, über einen Maulwurfshügel, während die Berge der Korruption,
die sich vor uns auftürmen und auf die Georg Schramm ja so beredt immer
wieder hinweist, unangetastet bleiben. Mit Blick auf die Zahlen, die uns
Georg Schramm bei seinen Auftritten präsentiert, könnte man glatt
verrückt werden: Zwischen acht und 24 Milliarden Euro gehen
alljährlich im deutschen Gesundheitswesen aufgrund von
Abrechnungsbetrug und Korruption verloren. Noch einmal 20 Milliarden
Euro ließen sich einsparen, wenn auf unsinnige Medikamente und
Gerätediagnostik verzichtet würde. Zahlen, die Georg Schramm
Berichten des BKA über die organisierte Kriminalität entnommen hat und
die jeden Ehrensold, so unberechtigt er sein mag, in den Schatten
stellen”

Quelle und gesamter Text: http://www.nachdenkseiten.de/?p=12711#more-12711



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