Ein kaum bemerkter Skandal

Ein kaum bemerkter SkandalBeim Freitag findet sich heute ein bemerkenswerter Artikel über ein ein relativ aktuelles Urteil des Bundesverfassungsgerichtes:

Ein christlich motivierter, radikaler Abtreibungsgegner hat am Dienstag, 29. Juni 2010 vor dem Bundesverfassungsgericht Recht bekommen. Darüber jubeln die selbst ernannten „Lebensschützer“. Sie dürfen ab sofort wieder vor Frauenarztpraxen und Kliniken demonstrieren oder selbst erfundene „Straßenberatungen“ durchführen, mit denen sie schwangere Frauen zur „Umkehr“ bewegen wollen.

Hat irgendeiner meiner Leser davon bisher etwas vernommen? An mir jedenfalls ist das bisher völlig unbemerkt vorüber gegangen. Die Autorin des Artikels, Gisela Notz, war bis zum Mai 2010 Bundesvorsitzende von pro familia, einer Organisation, die sich für eine selbstbestimmte Sexualität einsetzt.

Schon lange nicht mehr nur in den USA, wo radikale Abtreibungsgegner mehrere Ärzte, die Abtreibungen vornahmen, erschossen haben, sondern auch in Deutschland müssen Menschen, die für sexuelle und reproduktive Rechte und die Selbstbestimmung der Frauen eintreten, sich immer wieder mit den Vorgehensweisen christlicher Fundamentalisten auseinandersetzen. Auch hier werden Frauen, die sich für einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden, verunglimpft und als Mörderinnen bezeichnet.

Mit welchen Argumenten diese Leute argumentieren musste ich selbst erfahren, als ich im alten Bloghaus über die Aktion “1000 Kreuze in die Spree” berichtete (Kommentare beachten!).

Bei Wikipedia steht unter dem Begriff “Lebensrechtsbewegung“: “Die Lebensrechtsbewegung besteht aus Einzelpersonen, Gruppen und Initiativen, die sich gegen die Legalität oder Straffreiheit von Schwangerschaftsabbrüchen, Sterbehilfe, Praktiken der Klonierung und Pränataldiagnostik einsetzen. [...] Die Bewegung umfasst Personen aller Gesellschaftsschichten und unterschiedlicher Weltanschauungen, viele sind von christlichen Wertevorstellungen geprägt.” Allein schon der letzte Satz zeigt mir, dass der Artikel von einem Anhänger der sog. “Lebensrechtsbewegung” verfasst worden sein muss; denn es sind nicht nur viele von den “christlichen Wertevorstellungen” (was immer das auch sein mag) geprägt, sondern alle. Der Ursprung dieser Pro-Life-Bewegung liegt ist evangikal und US-amerikanisch.

Man schaue sich bitte nur die Webseite, und insbesondere die News der selbsternannten Lebensschützer an: manche Verlinkungen verraten mehr darüber, wessen Geistes Kind diese Truppe ist als jeder noch so ausufernde Artikel.

Und während in Wien das Tun der Lebensschützer vernünftigerweise eingeschränkt wird, scheint es in Deutschland zu einer Renaissance des § 217 zu kommen:  “Karlsruhe gab einem christlichen Aktivisten recht, der vor der Praxis eines Münchner Frauenarztes Flugblätter gegen Abtreibung verteilte, Patientinnen des Arztes ansprach und ihn auch im Internet als Abtreibungsmediziner bezeichnete. Mehrere Instanzen hatten dadurch das Persönlichkeitsrecht des Arztes verletzt gesehen; die Verfassungsrichter ihrerseits sahen das Recht auf freie Meinungsäußerung des Abtreibungsgegners verletzt und verwiesen den Fall zurück ans Landgericht München.” so der Tagesspiegel. Und weiter: “Ein Sieg für Deutschlands Lebensschützer? Eher im Gegenteil. [...] Die Richter halten es für gesellschaftlich inzwischen durchgesetzt, dass Abtreibung weder verbrecherisch noch ausreichend beschämend ist, um den sozialen Tod eines Arztes herbeizuführen. Wörtlich werden die Abtreibungen, die der Arzt vornimmt, als nicht „strafrechtlich relevant oder auch nur überhaupt gesetzlich verboten“ gekennzeichnet.” Diese Meinung teilt die Junge Welt natürlich nicht, sondern spricht auch davon dass die Belästigung der Patientinnen durch den Lebensschützer mehr staatlichen Schutz genießen sollte.

OpenPR schreibt:

Ab sofort dürfen selbst ernannte Lebensschützer wieder vor Frauenarztpraxen und Kliniken demonstrieren. Sie dürfen Frauen auf dem Weg zur Praxis ungefragt belästigen und massiv auf sie einreden, ihre Entscheidung für einen Schwangerschaftsabbruch zu überdenken.

Offensichtlich gilt in diesem Lande das Recht, irrsinnige und christliche Moralvorstellungen zu verbreiten mehr als das Recht der Frauen auf die freie Entscheidung über ihren Körper.

Nic

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Gepostet am Dienstag, Juli 6th, 2010 um 20:20 in Ethik und Moral, Medien, Religionen   |  RSS feed |  Antworten  |  Trackback URL

Tags: Deutschland, Menschenrechte, Recht

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