Die vier Sünden von Sin City 2: A Dame to Kill For

2005 war „Sin City" für mich einer der Filme des Jahres. 2014 habe ich „Sin City 2: A Dame to Kill For" ignoriert. Nichts, was ich von diesem Film gesehen oder über ihn gelesen habe, ließ mich dafür töten, ins Kino zu gehen. Schon der Eintrittspreis war mir ein zu großes Opfer. Es vergingen zwei weitere Jahre, bis ich „Sin City 2: A Dame to Kill For" nachholte. Meine Entscheidung von 2014 wurde dabei bestätigt. In allen Anklagepunkten.

Unoriginalität

Der erste „Sin City"-Film konnte nicht zuletzt durch seinen grafischen Stil, dieses urbane, surreale und expressionistische Farbenspiel aus viel Dunkelheit und wenig Licht, bestechen. Die Fortsetzung verwendet diesen Stil erwartungsgemäß ebenfalls, allerdings ohne irgendwelche neuen Komponenten hinzuzufügen oder auch nur den Willen erkennen zu lassen, das Bewährte auf ein anderes Level zu heben, um etwas Eigenes zu erschaffen. Viele Szenen kommen einem mehr als nur ein bisschen bekannt vor. Das gilt nicht nur für die Bilder, sondern auch für die Art der Dialoge und den Storykniff mit der unchronologischen Reihenfolge der einzelnen Abschnitte. Der zweite Teil kopiert den ersten Film fast durchgehend - die schwerste Sünde, die eine Fortsetzung überhaupt begehen kann.

Darstellerwechsel

Darüber, dass einige Rollen umbesetzt oder gestrichen werden mussten, da die entsprechenden Darsteller aus dem ersten Film verstorben sind, kann man traurig sein, es ist aber niemandem vorzuwerfen. Es gibt in dieser Fortsetzung jedoch noch weitere Darstellerwechsel, die absolut vermeidbar gewesen wären. Die Rolle des Dwight McCarthy wird nun von Josh Brolin statt von Clive Owen verkörpert, was zunächst in die Handlung passt, da wir Dwight im ersten Film ja nach seiner Gesichtsoperation gesehen haben. Entsprechend hätten die Szenen, die in diesem zweiten „Sin City"-Streifen nach der OP spielen, wieder von Clive Owen übernommen werden müssen, doch sie werden ebenfalls von Josh Brolin dargestellt. Die offizielle Begründung besagt, dass Regisseur Robert Rodriguez Brolin einfach so überzeugend als Dwight fand, dass er ihn weitermachen ließ. Das mag stimmen, es verpasst dem Übergang zwischen den beiden „Sin City"-Filmen, der eh schon nicht nahtlos ist, aber noch mehr Risse. Letztlich wäre es nicht nur kohärenter, sondern schlicht effektvoller gewesen, Clive Owen den Stab zu übergeben. Wollte man hier vielleicht einfach nur die Gage für einen namhaften Schauspieler einsparen? Geiz ist nicht immer geil.

Charakterleere

Im Mittelpunkt stehen die inneren Abgründe der Figuren, die so abgründig nur leider gar nicht sind. Jedenfalls nicht genug, um so viele Szene mit Leben zu füllen. Die einen Charaktere sind Böse bis ins Mark, die anderen sind nicht böse bis ins Mark, sondern verfügen über gute Eigenschaften wie Loyalität, Ehrgefühl und Mitleid. Jeder hat Leichen im Keller, aber bei den „Guten" sind es die Leichen der richtig Bösen oder der Dummköpfe, die für die richtig Bösen arbeiten. Dieses Prinzip kennen wir bereits aus unserem ersten Abstecher nach Sin City und warten nun vergeblich darauf, dass uns ein Charakter überrascht oder richtig für sich einnimmt. Marv (Mickey Rourke) war im ersten Film ein Highlight, um jetzt wie die personifizierte Wiederholung zu wirken. Charakterentwicklung gleich Null bei ihm, aber wieder ein Gesicht, das Betonwände zerschmettern kann.

Nancy Callahan (Jessica Alba), die Stripperin mit dem verzweifelten Wunsch nach Rache, schafft es durch ihre Überdramatik, jede Vorfreude auf einen Showdown mit Hauptbösewicht Roarke (Powers Boothe) im Keim zu ersticken, wodurch aber die Enttäuschung über den lahmen Ablauf des finalen Aufeinandertreffens nicht mehr so groß ausfällt. Die Geisterauftritte des toten Cops Hartigan erweisen sich als wenig inspirierte und schon gar nicht notwendige Maßnahmen, um den Namen Bruce Willis mit auf das Kinoplakat von „Sin City 2" zu bekommen.

Einzig die beiden neuen Figuren Ava (Eva Green) und Johnny (Joseph Gordon-Levitt) machen etwas Eindruck, auch weil die beiden Darsteller fast alle Kollegen an die Wand spielen.

Inhaltsarmut

In über 100 Minuten zeigt dieser Film vieles (was wir, wie erwähnt, sowieso schon kennen) und erzählt doch sehr wenig. Um die vier Abschnitte mal spoilerisch zusammenzufassen:

  • A Dame to Kill for: Dwight wird von Ava dazu getrieben, ihren reichen Ehemann zu töten. Dwight tötet dafür Ava.
  • Just Another Saturday Night: Marv macht eine Gruppe fieser Studenten kalt, die vorher Obdachlose gequält haben.
  • The Long Bad Night: Johnny fordert Roarke zweimal beim Pokern heraus, erweist sich als dessen unehelicher Sohn, gewinnt beide Male und wird von Roarke erschossen.
  • Nancy's Last Dance: Nan y leidet unter Hartigans Tod, will Rache an Roarke, bittet Marv um Hilfe und tötet Roarke.

Die erste, filmtitelgebende Story „A Dame to Kill for" wird von Eva Green alias Ava einigermaßen gerettet, verpasst es aber, eine überzeugende Symbiose mit dem ersten Film einzugehen, auch, allerdings nicht nur, wegen des zweigesichtigen Dwights, der nur ein Gesicht hat. Auch die Auftritte der aus Film 1 bekannten Prostituierten, ebenfalls teilweise neu besetzt, bleiben hinter den Möglichkeiten zurück. Sie verkommen etwas zu Anhängseln.

„Just Another Saturday Night" ist eigentlich nur eine Aneinanderreihung von Gewaltszenen und genau genommen sinnlos. „The Long Bad Night" hat dank Joseph Gordon-Levitt einen gewissen Charme, bekommt aber nicht viel Raum. Am Ende erfahren wir nicht, was eigentlich Johnnys ursprüngliche Intention war, seinen gemeingefährlichen Vater herauszufordern. Zu „Nancy's Last Dance" habe ich eigentlich schon alles geschrieben: eine schwache Rachestory mit schwachen Charakteren, von denen einer nicht einmal wirklich da ist. Aber wirklich auf dem Filmplakat.

(Bild: Dimension Films)

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