De dicto

"In Deutschland leben 2,5 Millionen Kinder in Armut. So das Ergebnis einer Unicef-Studie.
Die Reaktionen darauf sind vorhersehbar: Sofort soll der Staat wieder helfen, mehr Geld in die Sozialsysteme pumpen.[...]Eltern können sich entscheiden: ob ihnen Genuss und Konsum wichtiger sind als die Bedürfnisse ihrer Kinder. Als gesundes Essen, ordentliche Kleidung, Bücher und Bildung.Wenn diese Entscheidung immer öfter gegen den eigenen Nachwuchs fällt, dann ist Deutschland wirklich arm, dann wird es immer ärmer."- Ulrich Becker, BILD-Zeitung vom 30. Mai 2012 -
Zum Gesagten sei angemerkt: Was Becker versucht seriös als Kommentar notierte, ließe sich direkter und ehrlicher so ausdrücken: Es gibt zwar unleugbar arme Kinder; die sind allerdings nicht Produkt einer Gesellschaft, die sich ihrer nicht annimmt, sie ausgrenzt und in Randbezirke abdrängt - sie sind nur arm, weil ihre Eltern sie in Armut bugsieren. Es sind ebenjene Eltern dieser armen Kinder, die ihren Nachwuchs aushungern und verarmen lassen. So einfach ist das! So unkompliziert ist die Wahrheit einer Gesellschaftselite und ihrer (Ge-)Schmier(t)finken, die ihren Reichtum mit der Leugnung der Armut rechtfertigen und letztere für einen Makel, nicht für ein trauriges Schicksal halten.

Kinder in Armut sind somit doppelt arm. Sie sind es, weil es ihnen an materiellen Grundlagen mangelt und sie sind es, weil ihre Eltern konsumgeile, rauchende und spaßgesellschaftsfröhliche Egomanen sind. Die eine Armut ist man nicht gewillt zu beenden - aber die andere, die kostenlose Armut, die nur daher rührt, dass jeder Arsch ein Kind auf die Welt werfen kann, die kann man wenigstens moralisch verurteilen. Das kostet nichts und ist politisch ausbeutbar. Die Armut von Kindern ist immer auch die Armut von Eltern - das weiß, wer das Leben oder unabhängige sozio-ökonomische Analysen kennt. Diese Kenntnis wird aber hier auf den Kopf gestellt. Die Armut von Kindern wird bei Becker als das unverzeihliche Produkt von Eltern erklärt, die eigentlich genug haben - die vielleicht nicht gerade reich, aber ganz sicher nicht arm sind.
So ist die Gesellschaft entlastet. Sie rechnet fröhlich das Kindergeld an Regelsätze an, die für ein Kinderleben nur schwerlich reichen - sie rechnen Unterhalt als Einkommen hinzu - sie ziehen selbst das erarbeitete Taschengeld von Teenagern von der Bedarfsgemeinschaft ab - aber die Gesellschaft ist unschuldig, zeigt mit dem Finger auf die Eltern, die schmachvoll ihr Leben in Armut leben müssen. So bringt man die Kinder gegen die Eltern in Stellung, um sich als gönnerhafte Gesellschaft zu feiern, die zwar ab und zu Ein Herz für Kinder-Galas abhalten muß, um die Ausnahmefälle von Kinderarmut zu beheben, die sich aber ansonsten nichts vorzuwerfen hat. Das haben nur die Eltern. Selbstverantwortung in diesen Zeiten der Pest und der Cholera bedeutet, dass man für Armut selbst verantwortlich ist - bei Minderjährigen natürlich deren Erziehungsberechtigten.


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