Wenn Programmierer sich zum Affen machen

„Easter Eggs“ sind kleine Überraschungen, die Programmierer in den Code ihrer Programme einbauen. Oftmals schwer zugänglich, z.B. durch exotische Tastenkombinationen, die nur in bestimmten Situationen funktionieren, erzeugen sie oft unerwartete und meistens witzige Effekte. So enthielt Microsofts weit verbreitete Tabellenkalkulation Excel lange Zeit einen kleinen Flugsimulator. Diese „Ostereier“ im Programmcode stellen aber auch ein Sicherheitsrisiko dar, da sie ja versteckt und an jeder Form von Qualitätskontrolle durch Testen, Reviews usw. vorbei implementiert wurden.

Wer daher nach potentiellen Schwachstellen in Programmen sucht, hält meist auch nach solchen Ostereiern Ausschau. Das taten wohl auch die Stuxnet-Entwickler sowie andere, an den programmtechnischen Innereien von Prozessrechnern aus dem Hause Siemens interessierte Leute. Die Siemens-Geräte rückten ins Blickfeld, nachdem bekannt wurde, dass man über Manipulationen dieser i.d.R. eher schlecht gesicherten Rechner teure Technik in Kraftwerken oder Produktionsanlagen über gezielte Veränderung der zulässigen Betriebsparameter angreifen kann.

So stellten experimentierfreudige Hacker auf der letzten Black-Hat-Konferenz in Las Vegas ihre Erkenntnisse beim Hacken von Industriesteuerungsanlagen von Siemens vor. In Geräten der Serie Simatic S7-300 fanden sie sogar hartcodierte Nutzer und Passwörter. „Ich konnte mich per telnet und http einloggen, den Speicher auslesen, Dateien löschen und Befehle geben“, so Dillon Beresford, der dieses Sicherheitsleck entdeckte.

Wie viele der Anlagen von Sicherheitsproblemen betroffen sind, ist kaum abzuschätzen. Die Simatic-Anlagen gelten weltweit als Standard für die Steuerung industrieller Prozesse aller Art. Neben den fest vergebenen Passwörtern hat Beresford allerdings noch ein Dutzend weiterer Sicherheitslücken in den Siemens-Kontrollanlagen entdeckt. Er konnte zeigen, wie sich die Systeme so manipulieren lassen, dass sie falsche Kommandos ausführen oder verfälschte Daten an ihre Leitstellen schicken.

Aus Sicht von Siemens wären nur bestimmte, ältere Geräte mit einer nicht mehr aktuellen Firmware betroffen. Allerdings werden solche Prozesssteuerungsanlagen nicht wie PCs in kurzen Abständen gepatcht, wenn ein Leck auftaucht. Stattdessen werden an die Software generell höhere Ansprüche hinsichtlich Qualitätseigenschaften gestellt. Ansonsten wäre ihr Betrieb im hochregulierten Industrieumfeld auch gar nicht genehmigungsfähig.

Neben den Sicherheitslücken fand Beresford allerdings noch ein klassisches „Easter Egg“ in der Siemens-Software. Programmierer hatten darin eine rote Website untergebracht, auf der Zeichnungen von spielenden Affen zu sehen sind und der Satz „Nix hören, nix arbeite, einfach nur…“. Ein Zeichen davon, was sie von der Siemens-Kultur in dem von Shareholder-Value und managerialer Übersteuerung geprägten Konzern hielten?

Ob sich dieser Programmierscherz aufgrund darin enthaltener Schwachstellen dazu benutzen lässt, um Schadcode in die Maschinen einzuschmuggeln, ist noch unklar. Das Siemens-Management allerdings habe sehr aufgeregt reagiert, als Beresford dem Unternehmen von seinem kuriosen Fund berichtete, wie er in einem Wired-Interview erklärte: „Sie waren nicht gerade glücklich.“


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