Träumende Linke und rechte Krawallsekretäre

Angesichts des nahenden 50. Jahrestages des Mauerbaus fühlt man sich von Beiträgen zu diesem Thema förmlich eingemauert. Auf allen Kanälen wird die Mauer immer wieder hochgezogen, Walter Ulbricht der Lüge überführt und scharf geschossen. Da passt es auch, wenn der Krawallsekretär der CDU mal wieder laut über ein Verbot der Partei die Linke nachdenkt. Denn die sei ja eine Nachfolgeorganisation dieser bösen SED, die ungefähr so etwas gewesen sein muss wie eine Ost-NSDAP. Nur halt auf antifaschistisch. Deshalb gibt es in der Linken noch immer Leute, die es wagen, gelegentlich vom Kommunismus zu träumen. Aber natürlich müsse dieser irgendwie auf demokratischem Wege erreicht werden, wird dann umgehend versichert. Von Revolution ist nie die Rede. Nein, die Linke ist nun wirklich keine revolutionäre Partei, vor der ein braver Bürger Angst haben müsste.

Denn es müsste sich ja erstmal eine relevante Mehrheit finden, die bundesweit überhaupt die Linke wählt – und dann würde eventuell darüber nachgedacht, ob nicht angesichts der Sachzwänge, die im realexistierenden Kapitalismus herrschen, nicht vielleicht doch ein bisschen mehr Sozialismus ginge. So ein Sozialismus wie in Berlin beispielsweise. In der Bundeshauptstadt regiert seit 2002 eine rot-rote Koalition aus SPD und der Linken, ohne dass der Sozialismus ausgebrochen wäre. Im Gegenteil, die Linke erweist sich als überaus pragmatischer Partner der bürgerlichen SPD, auch wenn das der liberal-konservativen Konkurrenz nicht gefällt, die Berlin in den Jahrzehnten davor abgewirtschaftet hat.

Dobrindts wadenbeißerischer Vorstoß dagegen zeigt jedoch, dass es mit dem Demokratieverständnis dieses Politikers nicht sehr weit her ist – alles, was außerhalb des derzeit doch sehr engen Spektrums zwischen CDU, FPD, SPD und den Grünen liegt, soll verboten werden?! Das wäre auf Dauer wirklich gefährlich für die Gedankenfreiheit. Wie soll den jemals etwas besser werden, wenn man sich nur in den eingefahrenen Gleisen der herrschenden Weltsicht bewegen darf?

Wir sind ein blödes Volk

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Gut, ich räume ein, dass ich durchaus Verständnis dafür habe, wenn rassistisches, faschistisches und sonst wie menschenfeindliches Gedankengut hierzulande unter „geht gar nicht“ rubriziert wird. Trotzdem hat es keinen Sinn, eine NPD zu verbieten, so ärgerlich die Existenz einer solchen Partei ist. Typen wie den Attentäter Anders Bering Breivik kann man damit erwiesenermaßen nicht verbieten. Da hilft nur zähe Kleinarbeit, die Leute, die glauben wollen, dass es auserwählte und weniger wertvolle Menschen gibt, davon zu überzeugen, dass das Unsinn ist.

Schwer genug in einem Umfeld, in dem es wieder zum guten Ton gehört, stolz darauf zu sein, dass man Deutscher ist. Oder Deutsche. Als ob das ein Verdienst sei. Wobei ich schon okay finde, wenn Leute stolz auf sich sind, weil sie irgend etwas geschafft haben, was sie schon immer schaffen wollen oder ähnliches. Ich finde es auch total hirnrissig, sich die ganze Zeit dafür zu schämen, deutsch zu sein. Da geht man dieser ekligen dummen Rassismusdenke genauso auf dem Leim. Kann man doch nichts dafür. Es ist keine Schande und kein Verdienst. Eine Schande wird es erst, wenn man glaubt, dass es ein Verdienst sei.

Zurück zu Dobrindt und seinen Denkverboten: Die Linke träumt von einer Überwindung des Kapitalismus. Das steht tatsächlich auch irgendwo in ihrem Grundsatzprogramm. Das ist auch überhaupt nicht verboten – nirgends im deutschen Grundgesetz ist der Kapitalismus verankert. Artikel 20 GG: Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. Punkt. Da steht nicht kapitalistischer, und erst recht nicht neoliberaler.

Inzwischen ist man ja auch durch die öffentlich-rechtliche Berichterstattung so hirngewaschen, das man sich das immer mal wieder klar machen muss: Kapitalismus ist zwar eine für die Besitzer von Produktionsmitteln sehr vorteilhafte Wirtschaftsform, aber sie ist keineswegs die einzig mögliche. Und bei genauer und ehrlicher Betrachtung wird man auch feststellen müssen, dass sie keineswegs so effektiv ist, wie ihre Verfechter gern behaupten. Kapitalismus produziert extrem effektiv Krisen aller Art (Spekulationsblasen, Finanzkrisen, Hungerkrisen usw.) und sorgt für eine zunehmend ungleiche Verteilung des erschaffenen Reichtums – das wars dann aber auch schon. Atombomben bauen, Menschen ins All schicken, funktionierende Raumstationen oder prachtvolle U-Bahnen bauen, das konnten die Sowjets auch ohne Kapitalismus. Nur so nebenbei.

Und noch etwas: „Eine Partei ist nicht schon dann verfassungswidrig, wenn sie die obersten Prinzipien einer freiheitlichen Grundordnung nicht anerkennt; es muss vielmehr eine aktiv kämpferische, aggressive Haltung gegenüber der bestehenden Ordnung hinzukommen.“ Das steht ausgerechnet in der Entscheidung, mit der das Bundesverfassungsgericht vor 55 Jahren die KPD verbot. Vielen Dank an Dr. Christian Bommarius von der Berliner Zeitung für dieses Zitat.



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