Lieber arrogant als gefesselt

Die von den Medien inszenierte Öffentlichkeit empört sich regelmäßig über Angeklagte, die vor ihren Richter nicht ausreichend unterwürfig und demutsvoll erscheinen. Das befindet man für arrogant, taktlos oder gar höhnisch. Mir jedenfalls ist es lieber, Angeklagte geben sich so wenig reuevoll, als dass sie in Fesseln zur demütigen Haltung gezwungen werden.
Eine reuevolle Körperhaltung
Ohnehin muss ein Rechtsstaat Angeklagte ohne augenscheinliche Reue aushalten können. Zumal ein feixender, sich arrogant gebender Auftritt nicht per se mit Uneinsichtigkeit korreliert. Äußere Haltung und Innenleben sind zuweilen schrecklich diametral entgegengesetzte Indikatoren. Man lächelt manchmal im dämlichsten Augenblick, gibt sich stark, wo man schwächelt. Das Verhalten eines Angeklagten sagt grundsätzlich nichts oder nur sehr wenig über dessen Innenleben aus. Und es ist so gesehen seine Privatangelegenheit, auch wenn es in aller Öffentlichkeit geschieht.

Grundsätzlich ist die in den Medien thematisierte Frechheit von Angeklagten, deren fehlende Reue und Einsicht, die man schon im Gerichtssaal erkennen möchte, ein falscher Ansatzpunkt. Denn Angeklagte sind unschuldig, bis deren Schuld bewiesen und von einem Richter verifiziert wird. Warum also schon vor Schuldspruch reuevoll in den Saal treten? Das ist weder nötig und aus Sicht der Verteidigung sogar noch kontraproduktiv.
Überhaupt ist da eine öffentliche Haltung zu erkennen, die sich bußfertige Sünder für das Blitzlichtgewitter wünscht. Angeklagte, denen schon die Sühne in die Körperhaltung gelegt ist. Denen schon im Gesicht die Schuld eingefurcht ist. Man glaubt, das könnten Opfer und Öffentlichkeit verlangen. Tritt dann jedoch jemand anders als erwartet vor seinen Richter, so wie neulich Zschäpe, glaubt man darin schon die gesamte Selbstgerechtigkeit und den Fanatismus des Angeklagten sehen zu können. Trotz Anklage nicht als Person von trauriger Gestalt aufzutreten: Das nennt diese Erwartungshaltung dann Arroganz. Für die Medien ist die Arroganz etwaiger Täter (aktuell die der Zschäpe) indes nur ein Mosaikstein im modernen Gerichtsjournalismus, der nur bedingt juristisch bewandert, dafür aber mit einem Gespür für Menschliches aufwarten soll.
Einen reuevollen Auftritt herbeifesseln?
Die Zeiten, da man einen Angeklagten mit allen Mitteln brach, sein Auftreten in demütige Bahnen steuerte, indem man ihm Ketten anlegte oder die Hosenknöpfe abschnitt, sind vorbei. Diese Maßnahmen sind mit dem Anspruch auf Rechtsstaatlichkeit nicht mehr vereinbar. Dennoch scheinen sie immer noch in den Menschen verankert zu sein, dennoch schielen sie unbewusst auf die physisch erzwungene Bußfertigmachung.
Mit einer Zschäpe, die nach der allgemeinen Deutung der Medien arrogant wirken mag, die mit ihren Anwälten fast flirtet, kann ich persönlich allerdings viel besser umgehen als mit einer, die man in Fesseln und Gefangenenkluft vorgeführt hätte. Man kann sich zwar über die laxe Zschäpe ärgern, aber es ist gleichwohl ein Zeichen von Rechtsstaatlichkeit, wenn sie sich so bewegen darf. Alles andere wäre eventuell populärer gewesen, hätte man aber als rechtsstaatlichen Rückschritt ansehen müssen. Insofern sind die Unkenrufe fehlender Reue im Gerichtssaal nicht zielführend, denn das sind Stimmen aus einer Zeit, da schon die Anklage als Beweiselement für die Schuld galt (das lese man gesondert bei Foucault, Überwachen und Strafen: Die Geburt des Gefängnisses, nach) und in der man aus Gründen der Kenntlichmachung dieses Umstandes, den Angeklagten zur devoten Haltung zwang.
Die Arroganz nicht anklagen, sondern gönnen
Von der menschlichen Warte aus kann man natürlich verstehen, dass es für die Geschädigten unerträglich ist, wenn da jemand ohne physisch sichtbarem Schuldeingeständnis den Saal betritt. Objektiv betrachtet ist es eher unwesentlich. Man kann das Benehmen von Menschen weder steuern noch erzwingen, man kann es nur hinnehmen - auch wenn es unangenehm ist. Und gerade in diesem Prozess gegen die tödliche Intoleranz ist das Hinnehmen als demokratisches Prinzip dringend geboten. Zu empfehlen wäre daher, etwaiges höhnisches oder provokantes Verhalten dieser Angeklagten (Zschäpe ist ja nicht alleine angeklagt) gar nicht erst zu thematisieren, es als Beiwerk, als Schau zu ignorieren. Was juckt dieses Verhalten den Rechtsstaat schon? Seine Gerichte haben emotionale Affekte wie das Verhalten der Angeklagten vor der Öffentlichkeit auszublenden. Sie arbeiten steril und unterkühlt, lassen sich nicht beirren - so will es wenigstens die Theorie, so sollte es sein.
Es ist insofern natürlich eine ironische Episode. Da lamentiert der Rechtsextremismus über die Herrschaft der Gutmenschen und erhält gutmenschlich die Freiheit der Arroganz im eigenen Strafverfahren. Das provokante Geflirte der Zschäpe ist insofern viel mehr als das Verhalten einer angeklagten Frau: Es ist ein rechtsstaatliches Bekenntnis. Daran sollten die Geschädigten denken. Wenn die ausgeschlachtete Arroganz (wenn es denn überhaupt Arroganz ist!) dieser Frau überhaupt zu etwas gut sein soll, dann dafür, sagen zu können, dass sie relativ frei agieren kann vor ihrem Richter, nicht zur Demut gezwungen wird, dass sie sogar das Recht hat, sich in dümmlicher Selbstinszenierung zu üben. Die Geschädigten sollten das nicht nur hinnehmen, sondern es ihr geradezu gönnen. Denn es führt das Gedankengebäude dieser Neonazis ad absurdum.

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