Filmkritik zur BBC-Doku ‘Unser Leben’

Filmkritik zur BBC-Doku ‘Unser Leben’

Die Dokumentationen der britischen BBC sind die wohl umfangreichsten Naturbilder, die es auf die Kinoleinwände schaffen. Mit ‚Unsere Erde‘ hat man vor fünf Jahren zum ersten Mal gewagt, dem Publikum auch in den Kinosälen diese Bilder zu präsentieren. Der Erfolg war Bestätigung und Legitimation für eine Fortsetzung, die mit ‚Unsere Ozeane‘ bereits zwei Jahre später folgte. Nun wird die Doku-Trilogie vervollständigt. ‚Unser Leben‘ heißt das neueste Werk der BBC, das in zahlreichen Tieraufnahmen das Leben auf dem Planeten Erde im Zeitraffer darstellt. Als Grundlage diente die zehnteilige Fernsehserie ‚Life – Das Wunder Leben‘, für die 35 Kameramänner in monatelangen Beobachtungsstudien Filmmaterial sammelten.

Dabei herausgekommen sind Naturaufnahmen über das Verhalten von Tieren und ihrem Einfallsreichtum um das Leben zu meistern. Aufwachsen, Nahrung finden, Schutz suchen, einen Partner bestimmen – viele Eigenschaften die sich in den Tieren manifestieren, sind auch beim Menschen vorzufinden. Wo in der englischen Originalversion James Bond-Darsteller Daniel Craig die Zuschauer auf eine Reise an die schönsten Orte der Welt mitnimmt, ist es seine Synchronstimme Dietmar Wunder, die in Deutschland zu hören ist. Er stellt dem Kinopublikum die größten – und auch die kleinsten – Stars der Natur vor: ein Rüsselhündchen in Kenia, das auf eigens angelegter Rennstrecke seinen Verfolgern so trickreich entkommt, dass diese Mühe haben, nicht aus der Bahn geworfen zu werden. Oder die Giganten der Meere: Buckelwale vor Tonga am Südpazifik, die um ein Weibchen buhlen und dabei riesige Wellen machen. Schneeaffen in den heißen Quellen Japans, die Privilegien der Badekultur herausgebildet haben und deren Einhaltung streng bewacht wird.

Filmkritik zur BBC-Doku ‘Unser Leben’

Wieder macht die BBC einen weltumfassenden Rundumschlag für ihre Kino-Dokumentation. Mit Daniel Craig hat man – zumindest in der englischen Originalversion – einen prominenten Erzähler gefunden, so dass sich auch ‚Unser Leben‘ in die Tradition einfügt, bekannte Namen als Leitfiguren für die Zuschauer zu engagieren, mit denen diese zusammen die Welt entdecken können. Ganz gleich ob Morgan Freeman in ‚Die Reise der Pinguine‘, Pierce Brosnan in ‚Unsere Ozeane‘ oder eben Craig in ‚Unser Leben‘ – aber außer den Stimmen bekommt der Zuschauer nicht viel von den Persönlichkeiten zu Gesicht, sie treten in den Hintergrund und überlassen dem Planeten Erde und seinen Geschöpfen das Rampenlicht. So auch hier, wo von der Antarktis bis zum Südpazifik die unterschiedlichsten Länder und die verschiedensten Tiere vor die Kamera geholt wurden.

Dabei ist es schon beeindruckend, wie nah die Kamera an das Geschehen herangeht. Im ersten Kapitel des Filmes, wo über Familienzusammenhalt gesprochen wird, begleiten wir eine Elefantenmutter und ihr Kind durch die Sumpflandschaft Kenias. Wenn die Mutter unbeholfen ihr Kind immer weiter in den Sumpf hineintreibt und dieses stecken zu bleiben droht, eilt die Großmutter zu Hilfe und rettet ihr Enkelkind. Solch familiäre Banden gibt es zahlreich zu sehen und immer wieder muss man als Mensch staunen, wie nahe das Leben der Tiere doch an dem der Menschen ist. Geradezu unheimlich muten die Kapuziner-Äffchen an, die im zweiten Kapitel, welches sich mit der harten Aufgabe der Futtersuche in der Wildnis beschäftigt, mit einem Stein als Werkzeug die geliebten Palmnüsse knacken. Die Intelligenz und Kombinationskraft steht ihnen ins Gesicht geschrieben. Aber auch die weitaus weniger mit dem Menschen verwandten Grasschneideameisen in Äthiopien beweisen Originalität im Überlebenskampf. Obwohl sie selbst kein Gras essen, schneiden sie dieses in tagelangen Prozessen von Grashalmen ab, befördern es in ihren Bau und verfüttern es an einen Pilz, den wiederum die Ameisen verspeisen können. Sie ernähren ihre Nahrung um selbst überleben zu können.

Filmkritik zur BBC-Doku ‘Unser Leben’

Dann zeigt die Dokumentation diese Futtersuche explizit aus der Sicht der Jäger, danach aber auch noch einmal die Taktiken der Gejagten, eben diesen Killern zu entkommen. Profis auf dem Gebiet der Nahrungssuche gegen Spezialisten des Überlebenskampfes – Delfine entwickelt ihre eigene Form eines Fischnetzes um an Futter zu gelangen, die Venusfliegenfalle lässt sich von Fliegen befruchten, die sie gleichzeitig aber auch verspeist. Das Essen ist für die Fortpflanzung verantwortlich und wird mit hinterhältigen Taktiken eingefangen. Und die Komodo-Warane in Indonesien beweisen sich nicht nur als älteste Echsen des Planeten, sondern auch als geduldigste Jäger der Tierwelt, warten sie doch wochenlang darauf, dass ihre Beute nach einem tödlichen Biss einfach leblos umfällt. Dementgegen steht die kleine Jesus Christus Echse aus Belize in Zentralamerika, die ihren Namen nicht umsonst trägt und bei Angriffen einfach über das Wasser wandelnd davonläuft. In diesem Teil von ‚Unser Leben‘ versteckt sich die ganze Dramatik, die spannungsgeladenen Verfolgungsjagten, als befänden sich die Zuschauer in einem Actionfilm. Zu Land, zu Wasser und in der Luft, durch Wüstenlandschaften oder hohe Gebirge, aber auch in den Tiefen der Ozeane liefern sich Lebewesen die rasantesten Katz-und-Maus-Spielchen, bei denen es um Leben und Tod geht.

Da wirkt eine weibliche Riesenkrake auf der Suche nach einem neuen Eigenheim um eine Familie zu gründen schon fast beruhigend, wie sie mit ihren Tentakelarmen einen Unterschlupf unter einer Gesteinsansammlung aufsucht, sich hier niederlässt und ihre Eier schützt. Denn Kraken können nur einmal in ihrem ganzen Leben Kinder bekommen, umso ausgeprägter ist ihr Mutterinstinkt, der sie sogar dazu veranlasst über diese Wache keine Nahrung zu sich zu nehmen und pünktlich zur Geburt, dem Schlüpfprozess der Kleinen, zu versterben. Der Kraken opfert ihre Gesundheit und ihr Leben für den Nachwuchs.

‚Unser Leben‘ ist eine Dokumentation mit wunderschön gefilmten Bildern, bei denen man oftmals die Kamera gänzlich vergisst. Die Tiere handeln als seien sie unbeobachtet, auch in einer meilenweiten Einsamkeit wie in der Antarktis. Für die nötige Dramaturgie, damit der Zuschauern sich im Kinosessel gefesselt fühlen darf, sorgt sowohl die Erzählstimme aus dem Off, die sich trotz aller Präsenz dezent im Hintergrund hält, als aber auch die immer passende musikalische Untermalung, die der Situation angepasst mal dramatisch, mal verspielt eingeblendet wird. Hinzu kommen imposante Landschaftsaufnahmen als Überleitungen zur nächsten Tiergeschichte, häufig eingesetzte Zeitlupen, die verschiedenste Angriffs- und Verteidigungstechniken der Tiere veranschaulichen und nicht zuletzt auch der Niedlichkeitsfaktor des Tiernachwuchses, der mehr als einmal zum Tragen kommt. Die Kombination aus diesen eingesetzten Mitteln und der gut erzählten Geschichte, die aus den vielen Aufnahmen zusammengestrickt wurden, macht ‚Unser Leben‘ zu einer sehenswerten Kino-Doku der BBC, die erst durch den Auftritt auf der großen Leinwand ihre ganze Wirkung entfalten kann.

Denis Sasse

Filmkritik zur BBC-Doku ‘Unser Leben’

‘Unser Leben‘


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