Doctor Seraphicus

Doctor Seraphicus Doctor Seraphicus lebte in einer verrückten Zeit.

Einerseits begann Wirtschaft und Kunst neu zu erwachen: Marco Polo erreichte auf dem Landweg China und in der Toscana wurde die erste Lesebrille erfunden. Andererseits hat aber der Papst Gregor IX den gebildeten Kaiser Friedrich mehrmals exkommuniziert - und dann auch wieder "inkommuniziert". In Südfrankreich wurde die fromme Laienbewegung der Abesiner grausam ausgerottet während ein großer Kinderkreuzzug nach Jerusalem aufbrach, deren Teilnehmer aber im nu alle tot oder versklavt waren. In dieser Zeit lebte er - im 13.Jahrhundert.

Doctor Seraphicus (1221-1274) hiess eigentlich Bonaventura, war Chef des Franziskanerordens und einflussreicher Kardinal, er gilt als großer Philosoph, als Scholastiker (das waren die Logiker des Mittelalters) und er war ein Mystiker, ein Erforscher des menschlichen Bewusstseins.

Ein interessanter Gedanke von ihm sind die "drei Augen der Seele". Er meinte damit das Auge des Fleisches (nämlich unsere echten Augen) das Auge der Vernunft (nämlich die logische Wahrnehmungsfähigkeit) und das Auge der Kontemplation (nämlich die Fähigkeit, spirituelle Dinge zu erleben).
Wir Menschen können durch alle drei Augen Erleuchtung erfahren: durch die Augen des Fleisches, wenn das Licht angeht, durch die Augen der Vernunft, wenn wir etwas begreifen (ein Licht aufgeht) und durch die Augen der Kontemplation (zB Satori, Erleuchtung, Verklärung).

Dieses Denkmodell hat in vielen Formen bis heute überdauert. Doctor Seraphicus hat es seinerzeit gegen falsche Gottesbeweise ins Feld geführt. Andere sprachen später vom Grobstofflichen, Feinstofflichen und Transzendenten. Selbst im Wissenschaftsbetrieb gibt es die Naturwissenschaften (Auge des Fleisches), die Geisteswissenschaften (Auge der Vernunft) einzig das Auge der Kontemplation (Meditation) hat keinen Platz an der Uni.

Diese drei Perspektiven helfen auch uns heutigen, die Dinge nicht durcheinander zu bringen. Denn mit den Augen des Fleisches können wir nicht das Göttliche sehen, selbst mit der besten Brille von Fielmann. Und die Augen der Kontemplation (in der Meditation) sind nicht geeignet, ein Philosophisches oder Logisches Problem zu lösen - dazu wären dann die Augen der Vernunft angebracht. Jede Erkenntnisform hat ihre eigenen Gesetzmäßigkeiten, ihre eigene Logik, ihre eigene Schlüssigkeit. Seraphicus erkannte: die Beweisführung gelingt nur auf der passenden Ebene. Mit dem richtigen Auge. Und sonst passiere ein sogenannter "Kategorialirrtum" - die falsche Kategorie.

Auf meinem Ölbild "Wie die Tiefe, so die Drei" sitzt die Seele auf den drei Erkenntnisformen. Das Bild habe ich vor einigen Jahren gemalt, als ich das Buch "Die drei Augen der Erkenntnis" vom amerikanischen Autor und Philosophen Ken Wilber las. Auf faszinierende Weise finden bei ihm die drei Augen ihren Weg in unsere Zeit. Und vielleicht geschieht auch langsam eine Gewichtsverlagerung vom ersten (materialistisch) zum dritten (spirituellen) Auge!

Wie die Tiefe, so die Drei / 50 x 60 / Öl auf Acryl auf Leinwand / 2014, Nr. 14-007


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