Die Indogermanen - "Föderaten" früher Bauernvölker in der Ukraine (3500 v. Ztr.)?

Neue Forschungen und Überlegungen zu Geschichte und Wesen des Indogermanischen

[23.12.2019] In einer neuen archäologischen Studie (1) wird die Geschichte der protourbanen Donaukulturen, der Cucuteni-Tripolje-Kulturen ( Wiki) anhand statistischer Auswertungen auf mehreren Ebenen nachgezeichnet (s. Abb. 1).

Schon der der Studie beigegebenen Grafik (Abb. 1) sind eine Fülle von zeitgleichen Entwicklungslinien zu entnehmen. Wir versuchen diese Grafik im folgenden zu interpretieren.

Um 5.500 v. Ztr. ist die Bodenqualität der Schwarzböden in der Ukraine, in Moldavien und Siebenbürgen (Rumänien) hervorragend. Ab dieser Zeit geht sie aufgrund des Bevölkerungswachstums der frühneolithischen Kulturen sehr schnell zurück und erreicht um 4.800 v. Ztr. einen Wert, der unseren modernen Braunböden entsprechen wird. 4.800 v. Ztr. ist die Zeit des Untergangs der Bandkeramik, die sich auch bis in die Ukraine ausgebreitet hatte. Hier sehen wir also womöglich eine der Ursachen der Instabilität der bandkeramischen Kultur: die Bodenqualität. Womöglich hatten die Menschen noch nicht gelernt, die Bodenqualität durch Düngung und Brache zu pflegen und hatten plötzlich viel weniger ertragreiche Böden, ein Umstand, auf den sie zunächst womöglich nicht reagieren konnten.

In dieser Zeit des Niedergangs wurde nun wieder deutlich mehr Wild gejagt und konsumiert als zuvor wie an dem Prozentsatz der Knochen von Wildtieren unter den Tierknochen-Funden in den menschlichen Siedlungen ablesbar ist ("faunal remains"). Er erreichte wieder Werte zwischen 50 und 60 %, sank in den folgenden Jahrhunderten dann aber wieder auf 30 % oder noch geringer ab.

Denn von diesem Tiefpunkt am Ende der Bandkeramik ab wächst die Bodenqualität dann wieder deutlich an. Und das obwohl zeitgleich auch die Bevölkerungsdichte weiter wächst (siehe "Area of settlements"). In letzterem Umstand dürften die Entwicklungen ab dieser Zeit in Mitteleuropa und in Südosteuropa auseinander laufen. Eine so hohe Siedlungsdichte wie im Frühneolithikum wurde in Mitteleuropa erst im Frühmittelalter wieder erreicht. In Südosteuropa ging diese Entwicklung aber offensichtlich sehr, sehr viel rascher. Vielleicht konnte dort durch neue Anbaumethoden (z.B. Brache, Düngung, Rinder-gezogener Pflug) die Bodenqualität wieder verbessert werden und so schließlich sogar noch einen höheren Wert erlangen als der Ausgangswert vor der Einführung des Ackerbaus betrug (siehe "soil quality").

Zwischen 4.500 und 3.900 v. Ztr. erreichte die Bodenqualität im Zeitverlauf nämlich ihren sehr deutlichen Höhepunkt. Dieser Zeitabschnitt wird als Zeit großen wirtschaftlichen Wohlstandes und Reichtums in der Cucuteni-Tripolje-Kultur und in der Kugelamphorenkultur gedeutet werden können. Und dieser Reichtum lockte die kriegerischen Kulturen der Indogermanen vom Mittel- und Unterlauf der Wolga an, die dort parallel in der Zeit nach dem Untergang der Bandkeramik entstanden waren. Pfeilspitz-Funde ("arrow caches"), die ein Hinweis auf die jeweilige Intensität kriegerischer Ereignisse sein werden, zeigen schon um 4.400 v. Ztr. einen ersten Höhepunkt. Weitere Höhepunkte folgen in den nachfolgenden Jahrhunderten bis 4.000 v. Ztr..

Auf das erste Auftreten der Bogenwaffe reagieren die reichen Kulturen der Ukraine und Siebenbürgens mit der Befestigung ihrer Siedlungen ("settlement fortification"). Diese setzt ab 4.500 v. Ztr. ein und erreicht um 4.300 v. Ztr. ihren deutlichen Höhepunkt. Sie hält aber weiter an bis 3.900 v. Ztr.. Der erarbeitete Wohlstand und Reichtum waren also von Anfang an begehrt und umkämpft und mußte verteidigt werden, entweder in Kriegen dieser Völker untereinander (Stamm gegen Stamm) oder in Kriegen gegen - z.B. - die indogermanische Steppenkultur.

Über fast tausend Jahre hinweg scheint es dabei gelungen zu sein, die sozioökonomische Stabilität aufrecht zu erhalten. Da mag ja gerne auch auf ähnliche Weise geschehen sein wie dies dem Römischen Reich Jahrtausende später gelingen sollte - durch schrittweise "Integration" der östlichen Nachbarn als "Föderaten" oder auch in Führungsschichten (sichtbar schon um 4.300 v. Ztr. in Varna). Wobei eine solche allerdings bislang nur punktuell (nämlich für Varna) nachgewiesen ist. In der Studie heißt es (1):

Bislang vorliegende Radiokarbon-Daten und Keramik-Serien in der Ukraine legen eine nur kurze Periode der Gleichzeitigkeit zwischen der Endphase des (rein bäuerlichen) Eneolithikums und der frühbronzezeitlichen (Steppen-)Gruppen nahe (Diachenko and Harper, 2016) und deshalb auch einen schnellen Übergang zwischen ziemlich unterschiedlichen kulturellen Horizonten. In dieser Studie verfolgen wir hingegen die Hypothese, daß die eneolithischen Gesellschaften der Ukraine, Moldaviens und Rumäniens über den Verlauf des vierten Jahrtausends v. Ztr. hinweg allmählich in eine Viehherden-Ökonomie überging, und daß dies unabhängig von der späteren Ansiedlung von frühbronzezeitlichen (Steppen-)Gruppen in der Region geschah.
Original: Existing radiocarbon data and pottery seriation in Ukraine suggest only a brief period of synchronicity between Terminal Eneolithic and EBA groups (Diachenko and Harper, 2016) and, therefore, a rapid transition between fairly discontinuous cultural horizons. In this paper we present the hypothesis that the Eneolithic societies of Ukraine, Moldova and Romania gradually transitioned to a pastoral economy over the course of the fourth millennium BCE, and that this occurred independently of the later establishment of EBA cultural groups in the region.

Nun gut, auch die Germanen haben sich bei der Ansiedlung im Römischen Reich oft so sehr an die dortige Lebensweise angepaßt, daß ihre Herkunft archäologisch gar nicht unbedingt gar zu deutlich sichtbar sein mußte. Wenn es also schon ab etwa 4.000 v. Ztr. eine irgendwie geartete "Integration" gab, ist sie archäologisch bislang nicht deutlich sichtbar und geschah nur unter Beibehaltung oder sogar noch Steigerung der bisherigen Wirtschaftskraft, bzw. unter gradueller Veränderung derselben. Um 4.100 v. Ztr. erreichen Siedlungsgröße und -dichte in der heutigen Ukraine und in Siebenbürgen ihren Höhepunkt (s. "Area of settlements"). Da die Schwarzböden nun offenbar sehr intensiv angebaut werden, tragen die Flüsse mehr Erde in das Donau-Delta, wo sie sich ablagert ("Danube delta sedimentation").

Der Niedergang beginnt - Die Indogermanen fassen Fuß


Ein erster, noch geringerer Einbruch in der Bevölkerungsgröße und -dichte erfolgt ab 4.000 v. Ztr., er verstärkt sich dann aber sehr deutlich um 3.700 v. Ztr.. Um 3.500 v. Ztr. könnte die Bevölkerung auf ein Viertel ihres vormaligen Höchstwertes um 4.400 v. Ztr. zurückgegangen sein. Dies ist der Zeitpunkt, an dem der Ötzi in Tirol mit seinem Kupferbeil lebte und an dem in der Ukraine und in Siebenbürgen die Bronzezeit begann. Eine indogermanische Kultur überlagerte die einheimischen Bauernkulturen. Diese erholten sich noch einmal von dem Bevölkerungseinbruch und verdoppelte sich bis 3.400 v. Ztr., um sich dann dauerhafter auf einem niedrigeren Niveau einzupendeln.


Die Bronzezeit hatte begonnen. Die große Cucuteni-Tripolje-Kultur mit ihren "Megasite"s, mit ihren Großsiedlungen, deren geographische Verbreitung sich auf Abbildung 2 zeigt, war untergegangen. Die Forscher fassen die Ergebnisse ihrer Studie folgendermaßen zusammen (1):

Die wirtschaftlichen Veränderungen vollzogen sich allmählich, in ihrem Ausdruck regional vielfältig und gehen der Ankunft der frühbronzzeitlichen (Steppen-)Völker voraus.
Economic changes were gradual, regionally diverse in their manifestation and pre-date the arrival of EBA populations in Eastern Europe.

Ob es aber nicht - wie von uns angedeutet - schon zuvor schrittweise Integrationen dieser östlichen Steppen-Völker gegeben hat, wird in dieser Studie scheinbar nicht konkreter in Erwägung gezogen. Auf Wikipedia ist die Rede von ( Wiki):

... der kurzen historischen Gleichzeitigkeit von Cucuteni-Tripolje (4.800-3000 v. Ztr.) und der (östlichen, indogermanischen) Yamnaja-Kultur (3.300-2.600 v. Ztr.)
Original: ... the limited common historical life-time between the Cucuteni-Trypillia (4800-3000 BC) and the Yamnaya culture (3300-2600 BC); given that the earliest archaeological findings of the Yamnaya culture are located in the Volga-Don basin, not in the Dniester and Dnieper area where the cultures came in touch, while the Yamnaya culture came to its full extension in the Pontic steppe at the earliest around 3000 BC, the time the Cucuteni-Trypillia culture ended, thus indicating an extremely short survival after coming in contact with the Yamnaya culture. (...) Tthe kurgans that replaced the traditional horizontal graves in the area now contain human remains of a fairly diversified skeletal type approximately ten centimetres taller on average than the previous population.

Es ist also die Rede von einem nur kurzzeitigen Überleben der Cucuteni-Tripolje-Kultur nachdem sie mit der Yamnaja-Kultur in Berührung gekommen war. Unter den Kurganen, die die vorherige Grabform ersetzten, waren nun Menschen begraben, die durchschnittlich zehn Zentimeter größer waren als die vorherige Bevölkerung.


Eine neue Preprint-Studie aus dem November 2019 (2)

.... präsentiert Genom-weite Daten, die von Skeletten von vier Frauen gewonnen wurden, die von zwei späten Cucuteni-Tripolje-Ortschaften in Moldavien (3.500 - 3.100 v. Ztr.) gewonnen wurden. Alle Individuen waren gekennzeichnet durch eine große neolithisch-geprägte genetische Herkunft, sie standen hierbei der Bandkeramik genetisch näher als den (ursprünglichen) anatolischen Bauern. Drei der Frauen wiesen ebenfalls ein beträchtliches Ausmaß von Steppen-Herkunft auf, was einen Zustrom von Genen des ukrainischen Steppen-Mesolithikums in den Cucuteni-Tripolje-Genpool nahelegt. Dieses Szenarion wird durch archäologische Belege untermauert. Unsere Ergebnisse bestätigen, daß die Steppenkomponente in den östlichen Bauernkulturen schon um 3.500 v. Ztr. angekommen war.
Original: ... present genome-wide data generated from the skeletal remains of four females that were excavated from two Late CTC sites in Moldova (3500-3100 BCE). All individuals carried a large Neolithicderived ancestry component and were genetically more closely related to Linear Pottery than to Anatolian farmers. Three of the specimens also showed considerable amounts of stepperelated ancestry, suggesting influx into the CTC gene-pool from people affiliated with, for instance, the Ukraine Mesolithic. The latter scenario is supported by archaeological evidence. Taken together, our results confirm that the steppe component had arrived in eastern Europe farming communities maybe as early as 3500 BCE. In addition, they are in agreement with the hypothesis of ongoing contacts and gradual admixture between incoming steppe and local western populations.

Die bisher genetisch bestimmten Menschen dieser Kultur und Zeitstellung sehen wir in Abb. 3 ganz links. Der hellblaue Herkunftsanteil geht zurück auf die dunkelhäutigen westeuropäische Jäger und Sammler, der dunkelblaue Herkunftsanteil geht zurück auf die bäuerliche anatolisch-neolithische Völkergruppe (einschließlich Bandkeramik), der braun-orange Herkunftsanteil geht nun zurück auf dieselbe Steppen-Herkunft, die sich auch in der Yamnaja-Kultur findet (Abb. 3 ganz rechts). Um 3.500 v. Ztr. ist dieser Herkunftsanteil in den Menschen von Moldavien noch nicht sehr umfangreich vorhanden, immerhin er ist sehr deutlich vorhanden. Das heißt - wie oben schon ausgeführt - daß sich die Menschen der Steppe zunächst allmählich in die Bauernkulturen der Ukraine, Moldaviens und Siebenbürgens eingemischt haben (2):

Für das Skelett Pocrovca 1 (...) sind die folgenden Herkunftsanteile naheliegend: Bandkeramik 41 bis 60 %, Steppen-Herkunft 8 bis 18 % und Herkunft von westeuropäischen Jägern und Sammlern 29 bis 41 %.
Pocrovca 1 yielded a feasible three-way admixture model suggesting the following proportions: LBK (41-60%), steppe-related ancestry (8-18%) and WHG (29-41%).

Zu letzteren ist zu sagen, daß diese sich vermutlich schon vor der Ausbreitung des Ackerbaus so weit nach Osteuropa ausgebreitet hatten und daß ihre Nachkommen nach dem Untergang der Bandkeramik in Moldavien nicht unbeträchtlich zur Ethnogenese der mittelneolithischen Cucuteni-Tripolje-Kultur beigetragen haben werden.

Schon in einem Blogbeitrag von vor wenigen Wochen haben wir darauf hingewiesen, daß die frühesten Schnurkeramiker Mittel- und Nordeuropas noch gar keine neolithische Bauerngenetik scheinen aufgewiesen zu haben. (In Abb. 3 sind diese bislang noch selten untersuchten frühesten Schnurkeramiker offenbar noch gar nicht eingetragen, unter "Corded Ware" nur spätere.) Bei den Schnurkeramikern handelt es sich also, so wird auch in dieser Studie geschlußfolgert, um Zuwanderungen direkt aus dem Kernraum der Steppenvölker heraus nach Mitteleuropa, nicht um Zuwanderungen aus den Vermischungsgebieten auf dem Territorium der vormaligen Cucuteni-Tripolje-Kultur. (Diesen Umstand scheint uns der bekannte Blogger "Davidski" in seinem Kommentar auf dem Preprint-Server noch übersehen zu haben.) Ähnliches könnte dann auch für die Glockenbecher-Kultur ("Bell Beaker") gelten, die ja eine ganz ähnliche genetische Signatur aufweist wie die Schnurkeramiker-Kultur (s. Abb. 3).

Der Untergang des großen Volkes der Cucuteni-Tripolje-Kultur, mit der auch der Herkunftsanteil der westeuropäischen Jäger und Sammler auf das heutige Niveau in dieser Region zurück gegangen sein wird, hat sich also - nach heutigem Forschungsstand - mehrstufig vollzogen und scheint zunächst nicht monokausaler Natur gewesen zu sein. Man könnte sich sogar vorstellen, daß die ersten in diese Bauernkultur zugewanderten Menschen aus der Steppe sich mit der Kultur dieses Volkes identifiziert haben und sie - auch nach außen - verteidigt haben.

"Helden - Die ewige Sehnsucht nach Ruhm und Größe"

Die Indogermanen - Ihre Art, ihr Wesen, ihre Bedeutung für die Weltgeschichte

[22.12.2019] Während man sich mit den bis hier geschilderten Detail-Studien beschäftigt, richtet man immer einmal wieder auch den Blick auf größere Fragen weltgeschichtlicher Zusammenhänge. Dazu im folgenden noch einige allgemeinere Überlegungen. Weltgeschichte ist Fortschritt im Bewußtwerden der Freiheit - so sagt der deutsche Philosoph Georg Friedrich Wilhelm Hegel in seiner groß angelegten geschichtsphilosophischen Deutung. Und: Der germanische Geist ist der Geist der Freiheit. Auch dies ist ein Wort von Hegel. Der weltgeschichtliche Weg in diesem Bewußtwerden geht von der Alleinherrschaft (Despotie/Monarchie) über die Herrschaft einiger weniger (Aristokratie) hin zur wahrhaft freien, menschenwürdigen Gesellschaft, der Herrschaft aller (Demokratie).

Die Bauernvölker, die im Fruchtbaren Halbmond entstanden und um ihn herum, und die die seßhafte, bäuerliche Lebensweise bis nach Skandinavien und Indien ausgebreitet haben, also die anatolisch-neolithische und die iranisch-neolithische Völkergruppen mögen zwar - zumindest östlich, nördlich und westlich von Anatolien - ursprünglich stark egalitäre Züge aufgewiesen haben bis nach Skandinavien hinauf. Sie waren aber dennoch zugleich auch stark vom Geist der Despotie mitbestimmt, von rigider, letztlich vermutlich vorderorentientalischer Sozialdisziplinierung durch - vermutlich - stark strafende Götter und und Göttinnen und in ihrem Dienst stehender männlicher und weiblicher Lokaldespoten (Hinweise darauf wurden schon im letzten Blogartikel angeführt).

Dieser Geist konnte abgemilderter auftreten, um so weiter sich diese Völker von ihrem Ursprungsraum im südlichen Anatolien und im Levanteraum entfernten und um so mehr sie sich mit in Indien und Europa einheimischen Jäger-Sammler-Völkern vermischten - kulturell und genetisch. Gänzlich verloren gegangen sein wird dieser Geist allerdings nie. Und er ermöglichte vermutlich den unglaublichen, Jahrtausende langen demographischen und kulturellen Erfolg dieser beiden Völkergruppen, die sich im Iran und im Mittelmeerraum schon sehr früh beginnend über die Jahrtausende hin untereinander immer stärker miteinander vermischten. Dies scheint - vielleicht aufgrund eines ähnlichen Wesens, angeborener Merkmale - ohne größere Komplikationen und innere Widersprüche vor sich gegangen zu sein. Diese bäuerlichen Kulturen brachten praktisch alle großen frühen Hochkulturen hervor von Ägypten und Uruk/Babylonien im Westen bis zur Indus- und Marghiana-Kultur im Osten. Sie betrieben von Anfang an intensiven Pflanzenbau und wiesen deshalb gleich zu Anfang sehr hohe Siedlungsdichten auf - auch in Ostmittel-, Mittel- und Nordeuropa.

Um so mehr diese Bauernvölker nun im weiteren Verlauf, also im Mittelneolithikum in Europa aus Rand- und Rückzugsgebieten heraus von neuen Völkern überlagert und ersetzt wurden, die schon höhere Anteile einheimischer europäischer Jäger-Sammler-Genetik aufwiesen, um so extensiver wurde die Wirtschaftsweise und um so geringer die Siedlungsdichte. Gegenläufig dazu entstanden in einem Gürtel von der Indus-Kultur über die Ukraine (Cucuteni-Tripolye) und Bulgarien bis zum Zweistromland und in Ägypten erste ausgeprägte Stadtkulturen (wie sie im vorkeramischen, also sehr frühen Neolithikum im Levanteraum schon einmal bestanden hatten, danach aber untergegangen waren). In diesem Raum war vielleicht der kulturelle Einfluß von Seiten der weiter südlich gelegenen Stadtkulturen so stark, daß er sogar - womöglich gegenläufige - genetische Einflüsse von Seiten der westeuropäischen Jäger-Sammler-Genetik wie sie in der Ukraine nachweisbar ist, "mit sich zu reißen" in der Lage war.

Auch in den beiden großen Völkergruppen bäuerlicher Kulturen aus Anatolien und dem Iran hat es viel zwischenethnische Gewalt gegeben, viel Mord und Totschlag. Verteidigungsanlagen der Bandkeramik beispielsweise finden sich gehäuft in ihrer Endzeit und in den Randbereichen ihres Verbreitungsgebietes, ebenso Massengräber Erschlagener aller Altersgruppen in Kernräumen ihres Verbreitungsgebietes. Mittels der Einschüchterung durch Mord und Totschlag einzelner und ganzer Gruppen wurde letztlich auch die für diese Gesellschaften notwendige Sozialdisziplinierung hergestellt, aufrechterhalten und durchgesetzt. Ähnliches haben wir oben für die Cucuteni-Tripolje-Kultur gesehen.

Aber wir sollten eines auf keinen Fall vergesehen: Auch schon in den ersten Hochkulturen, die aus den ursprünglich neolithischen genuinen Bauernvölkern hervorgegangen sind, konnten die stärksten Helden und Krieger zugleich viel Weichheit, viel Menschliches, viel Schwäche zeigen. Sie sind keineswegs "nur" hartherzige, vernichtende Krieger und "Despoten". Sie weisen vielmehr Hochachtung auch auf vor dem Freund und gleich Edelgesonnenen, ebenso vor dem Weiblichen und Hochachtung auch auf vor den großen Lebensfragen, die im Bereich des Menschlichen gestellt sind. Viele Mehrfachbestattungen weisen auf solche nahen familiären und Freundesbeziehungen hin. Aber besonders einfach ist das auch ablesbar an dem großen Helden Gilgamesch im gleichnamigen babylonischen Epos des 3. Jahrtausends v. Ztr., dem ältesten Epos der Menschheit ( Wiki).

Mit ebenso viel Gewalt, Mord und Totschlag setzten sich dann ab dem Mittelneolithikum und schließlich in der Kupferzeit, bzw. im Spätneolithikum die Kriegervölker der indogermanischen Völkergruppe aus dem Nordschwarzmeer-Raum in ganz Europa durch. Sie trugen zur Hälfte einheimische osteuropäische ("blonde") Jäger-Sammler-Genetik - "Ancient North Eurasian" ( Wiki) - in sich und zur anderen Hälfte (hellhäutige) iranisch-neolithische Genetik - "Caucasian Hunter Gatherer" ( Wiki). Auch bei ihnen wiesen die größten Helden - etwa in den Upanishaden oder Achill in der "Ilias" - neben großer kriegerischer Härte viel Weichheit, ja viel menschliche Schwäche auf, muten die dargestellten heldischen Krieger überhaupt sehr "menschlich" an und besteht auch bei ihnen - bei allem "selbstverständlichen" Mord, Totschlag und bei aller Versklavung ganzer besiegter Völker und bei allem Raub unterworfener Frauen - eine große Hochachtung vor dem edelgesinnten Freund, vor dem Weiblichen, vor dem Familiären, vor den Göttern und vor dem Numinosen, dem zu Erahnenden. In der "Ilias" werden sogar die Feinde - die Trojaner - als edelgesinnt dargestellt und ihnen wird Anteilnahme und Mitgefühl für ihr Schicksal gewidmet ganz ebenso wie den eigenen Volksangehörigen, den Achaiern. (Das steht in einem sehr deutlichen Gegensatz beispielsweise zu der Art, wie im Alten Testament über die Feinde gesprochen wird.)

Für die Indogermanen also galt: Den Feinden gegenüber waren sie schrecklich und unerbittlich, den eigenen, den Freunden gegenüber waren sie voller Herzlichkeit, voller Weichheit, voller Menschlichkeit. Sie waren vor allem eines: keine solchen "Kampfmaschinen" wie sie nur allzu oft in sogenannten ("Anti-")Kriegsfilmen von Hollywood und ähnlicher Filmstudios dargestellt werden. Gerade den Indogermanen wird schon immer nachgesagt, daß sie besonders leicht fremde Kulturelemente in sich aufgenommen haben, fremde Götter in den eigenen Götterkanon aufgenommen haben, duldsam waren ihnen gegenüber und große Offenheit zeigten für Fremdes ganz allgemein. Dies geschah und geschieht oft zum Nachteil ihres eigenen kulturellen und genetischen Überlebens. Eine Fülle indogermanischer Völker ist im Lauf der Weltgeschichte, insbesondere in der Spätantike zwischen Tianshan- und Atlas-Gebirge untergegangen (z.B. zahllose skythische Völker, Tocharer, Sogder, Kelten, "Arier" in Indien, Perser, Griechen, Römer, Wandalen, Goten und viele andere mehr).

Insgesamt möchte man die These vertreten, daß die Indogermanen kriegerische Härte und Grausamkeit in der Weltgeschichte eher und häufiger mit Hochherzigkeit, Weltoffenheit, Edelsinn, religiöser Duldsamkeit zu verbinden geneigt gewesen waren als die Kulturen der mediterran-iranischen Bauernvölker, und daß der Geist der Indogermanen in Antagonismus steht zu dem Geist vorderorientalischer Religiosität und ihrer rigiden Sozialdisziplinierung. Darin mögen also sowohl Stärken wie Schwächen des indogermanischen Geistes und der indogermanischen Mentalität liegen, die immer wieder erneut sorgfältig gegeneinander auszutarieren und auszuloten waren und sind.

Womöglich ist damit in Zusammenhang zu sehen, daß in Europa ein hier auf dem Blog in diesem Jahr schon behandeltes "Zweifler-Gen" eine größere Häufigkeit hat als in Afrika und in Asien.

Der exzentrische Geist der Indogermanen


[23.8.2019] Die Indogermanen waren Überflieger, sie waren hochgradig exzentrisch. Sie waren jene, die die neue weltgeschichtliche Beweglichkeit, geschaffen durch das Rad, durch den Rinderwagen, sowie durch das domestizierte Pferd am effektivsten nutzten. Niemals zuvor haben sich Menschen so schnell fortbewegt und ausgebreitet wie es damals die Indogermanen taten. Diese Schnelligkeit haben sie auch im Denken trainiert. Sie haben einen höheren Intelligenz-Quotienten entwickelt als die Bauernvölker sonst in der Welt damals (ausgenommen Ostasien). Geschah dies womöglich, weil sie im Reiten schnell reagieren mußten? Oder weil sie sich im Zweikampf und in sonstigen Kämpfen gegenseitigen schulten und trainierten? Oder weil sie vielleicht überhaupt einfach alles übertrieben haben? Weil sie einfach das exzentrische Volk der Weltgeschichte waren - und sind? Und weil Exzentrisches das Wesen dieser Welt ausmacht, im tiefsten Sinn dieses Weltalls enthalten ist? Gehören sie deshalb - vielleicht - auch zu jenen Völkern, die das Philosophieren im engeren, westlichen Sinne in die Welt gebracht haben?

Die Lehre von der exzentrischen Bahn hat Friedrich Hölderlin in das philosophische Denken eingebracht. Er stand dem Geist des Indogermanischen in seiner Hochachtung der antik-griechischen Kultur besonders nahe. Müssen wir wieder zurückkehren zum Geist der Indogermanen, zum Geist der Schnelligkeit, zum Geist des Übermuts, zum Geist der Grenzenlosigkeit, zum Geist der emphatischen Kraftentfaltung, zum Geist der unendlichen Übertreibung? Allerdings nicht in äußerem Tun, sondern im Inneren, sprich im sozialen Miteinander in Familie und Freundeskreis? Liegt womöglich gerade in der Übertreibung unsere Kraft, unsere Schnelligkeit und - damit - unsere kulturelle und genetische Selbstbehauptungsfähigkeit?

Welche Klugheit allerdings sollten wir dafür anwenden? Schließlich gibt es ja noch andere "Exzentriker der Weltgeschichte" außer den Indogermanen und außer indogermanischem Geist. Es gibt da außerdem noch die - - - Assyrer und die im Kampf mit ihnen entstandenen Monotheisten. In geheim, halboffen und offen agierenden monotheistischen Lobbygruppen wurde der monotheistische Eifer und der alttestamentarische Fanatismus während des 20. Jahrhunderts in wissenschaftliche Form gegossen. Hier wurde und wird alles genau analysiert, was die Indogermanen so tun und getan haben, es wurden genau ihre Stärken, ihre Schwächen analysiert, Jahrhunderte lang, Jahrtausende lang. Und es geschah das mit der gleichen fanatischen, religiösen Zielsetzung, die schon die Assyrer der Antike verinnerlicht hatten, nämlich die ganze Welt ihren eigenen fanatischen Zielen zu unterwerfen. Der monotheistische Geist stellt schlichtweg das Gegenprinzip zum indogermanischen Geist dar, das Gegenprinzip des indogermanischen "Logo di donai", des aristotelischen Suchens nach der Wahrheit.

Und, ja, Emphase wird schon notwendig sein, ja. Wir stammen ab von den Indogermanen, dem einstmals schnellsten Volk der Weltgeschichte. Unsere Vorfahren waren schneller als die anderen, weil sie erstmals Pferde zur Fortbewegung nutzten. Offenbar hat sich das auch auf das Denken und auf die Gefühlswelt ausgewirkt. Sie waren und sind eines der exzentrischsten Völker der Weltgeschichte, in Stärken wie in Schwächen.

Schnell werden wir schon sein müssen, emphatisch werden wir schon sein müssen, groß im Denken, groß im Urteilen, groß im Menschlichen. Alles andere war - und ist immer noch - kleinbürgerliche Murkserei. Wir können innerlich immer die Weite der Steppe vor uns haben, die Weite des Meeres, die Weite der erhabenen Bergwelt, um im Menschlichen der Natur gegenüber nicht zurückzubleiben. Wir wollen sein wie die Natur. Groß und erhaben wie die Natur. Großzügig, von unendlicher Weite.

Wenn wir heute gegenwärtig zum Beispiel sehen, wie ein "veganer Germane" (der einem menschlich ja durchaus sympathisch sein kann, denn er ist ja ein Indogermane) einen anderen "Germanen" namens Hagen Grell beharkt (der einem menschlich grundsätzlich ebenfalls sympathisch sein kann, denn auch er war und ist ein Indogermane), dann spürt man dabei keine große, adlige, würdevolle Haltung heraus, dann hört man dabei Kleingeist heraus, wohin man blickt, indogermanische Streitsucht. Was ist daran würdig unserer großen Vorfahren, mögen sie nun Gemüse oder Fleisch gegessen haben? - 1731, neun Jahre vor seiner Regierungsübernahme, schrieb Friedrich II. als Kronprinz von Preußen an den Kammerjunker von Natzmer (3):

"Ich wünsche dem preußischen Staate, daß er sich aus dem Staube, in dem er gelegen hat, völlig erhebe und den protestantischen Glauben in Europa und im Reiche zur Blüte bringe, daß er die Zuflucht der Bedrängten, der Hort der Witwen und Waisen, die Stütze der Armen und der Schrecken der Ungerechten werde. Sollte aber ein Wandel eintreten und Ungerechtigkeit, Lauheit im Glauben, Parteiwesen oder das Laster den Sieg über die Tugend davontragen, was Gott auf ewig verhüten wolle, dann wünsche ich ihm, daß er in kürzerer Zeit untergehe, als er bestanden hat."

Dem Göttlichen und der Tugend nahe also oder tot.

War Kampf und Kampfsport ein Selektionsfaktor für Intelligenz bei den Indogermanen?


[24.12.2019] Zu einem oben vage vermuteten Zusammenhang zwischen sportlichen Begabungen, Begabung für Kampfsport ("Schnelligkeit") und kognitiven Eigenschaften ist in diesen Wochen ebenfalls eine neue Studie erschienen. Sie wertet Tests an 10.000 Kadetten der US-Militärakademie in West Point aus (4):

Um kognitive und nichtkognitive Eingeschaften zu untersuchen, die (Berufs-)Erfolg voraussagen können, haben wir eine Megaanalyse vorausblickender, langfristiger Daten von über 10.000 Kadetten der US-Militärakademie in West Point angefertigt. Kognitive Fähigkeiten stehen in einem negativen Verhältnis zu physischen Fähigkeiten und Mut. Während kongitive Fähigkeiten den höchsten erreichten Berufsabschluß und militärischen Rang voraussagen, waren nichtkognitive Merkmale physischer Fähigkeiten und des Mutes sicherer darin, andere Erfolge vorauszusagen, darunter den erfolgreichen Abschluß des Eingangstrainings und des Militärakademie-Abschlusses nach vier Jahren.
Original: To examine cognitive and noncognitive predictors of success, we conducted a megaanalysis of prospective, longitudinal data on over 10,000 cadets at the US Military Academy at West Point. Cognitive ability was negatively related to physical ability and grit. While cognitive ability predicted academic and military grades, the noncognitive attributes of physical ability and grit were more prognostic of other achievement outcomes, including successful completion of initiation training and 4-y graduation.

Es dürfte also zweifelhaft sein, körperliche Fähigkeiten im Sport und in Kampfsportarten in einen gar zu engen Zusammenhang zu bringen mit kognitiven Fähigkeiten so wie das von uns oben vage vermutet worden war. Damit bleibt es weiter spannend, wie der höhere IQ der indogermanischen Völker im Vergleich zu dem der (heutigen und sicherlich auch vorgeschichtlichen) Völkergruppe der seßhaften anatolischen und iranischen Bauernvölker erklärt werden kann.


___________________________

  1. Harper, T. K., Diachenko, A., Rassamakin, Y. Y., & Kennett, D. J. (2019). Ecological dimensions of population dynamics and subsistence in Neo-Eneolithic Eastern Europe. Journal of Anthropological Archaeology, 53, 92-101. https://doi.org/10.1016/j.jaa.2018.11.006
  2. Gene-flow from steppe individuals into Cucuteni-Trypillia associated populations indicates long-standing contacts and gradual admixture. Alexander Immel, Stanislav Terna, Angela Simalcsik, Ben Krause-Kyora. Preprint, 21. November 2019, DOI: 10.1101/849422, Project: "Population agglomerations at Tripolye-Cucuteni mega-sites" CRC1266 - Project D1 (Researchgate), https://www.biorxiv.org/content/10.1101/849422v1
  3. Kronprinz Friedrich an Natzmer, 1731, https://gutenberg.spiegel.de/buch/briefe-5327/1
  4. Cognitive and noncognitive predictors of success. Angela L. Duckworth, Abigail Quirk, Robert Gallop, Rick H. Hoyle, Dennis R. Kelly, Michael D. Matthews Proceedings of the National Academy of Sciences Nov 2019, 116 (47) 23499-23504; DOI: 10.1073/pnas.1910510116

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