Die Ballade vom modernen Mann


So schleicht er durch den Bioladen.
Das Kniebundhöschen zeigt Wade und Bein.
Als er's anzog, hat er stumm geflucht.
Warum muss er wie Muttis Liebling sein?
Er hätte jetzt gern eine rote Wurst,
bekommt auch eine, doch die ist vegan.
(Vages Erinnern an Fleisches Geschmack.)
Vor Langem zog man ihm diesen Zahn.
Was er trägt und isst, es ist alles fair.
Aus Tier waren früher seine Schuhe.
Ja, damals war er noch wild und frei.
Und heute? Politisch korrekte Ruhe.
Artig trägt er zum Bezahlen,
den Korb voll Zeug, dass er nicht mag.
Dann wird er der Welt die Füße massieren.
Was soll's, ist eh' ein gegessener Tag.
Am Liebsten würde er jetzt abhauen,
doch hat er vergessen, wie das geht.
So denkt er müde und frustriert,
als er mit ihr an der Kasse steht.
Auf der Straße treffen sie Bekannte.
Es sind die Ihren, sieht er matt.
Er könnte mal Freunde von früher treffen,
falls er überhaupt noch welche hat.
Er blickt einem Porsche hinterher,
in den Augen eine Spur von Glut
und verwirft den Gedanken an diesen Traum.
Für die Umwelt ist das ja auch nicht gut.
Gut! Das ist jetzt das rechte Wort.
Es hüllt ihn ein wie weiche Watte.
Er fragt sich, gab es denn eine Zeit,
zu der er noch Ecken und Kanten hatte?
Einst war er ein Mann - das ist vorbei.
Irgendwann einmal verlor er die Spur.
Er hat seine Überzeugung verkauft
und ist jetzt Jemandes Kreatur.
Was bleibt, ist ein Homuculus:
Ein Menschlein, dass man biegt und streckt.
Moderner Mann, das wollt' er sein.
Der Mann in ihm ist längst verreckt.

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