Der Brandanschlag als technischer Defekt?

oder Gibt es keine rassistischen Motive und Erfahrungen in Backnang und Umgebung?
Durchaus denkbar, dass der Brandanschlag in Backnang, bei dem eine türkische Mutter und sieben ihrer Kinder umkamen, einem technischen Defekt geschuldet sind. Dass man von Seiten der Behörden stoisch auf nur diese Ursache hinwirkt, zeigt aber: Die NSU hat keine Sensibilität geschaffen.
Schon im März 2008 brannte es in Backnang. Anschlagsziel war ein vorwiegend von Türken bewohntes Haus. Zwei an die Wand geschmierte Hakenkreuze machten einen fremdenfeindlichen Hintergrund wahrscheinlich. Damals kam es lediglich zu einigen Rauchvergiftungen. In einer Studie der Universität Tübingen konnte man schon ein Jahr zuvor lesen, dass "die politische Kultur in der Region [Anm.: gemeint ist der Rems-Murr-Kreis, in dem Backnang liegt] ist durch eine rechtsgerichtete Stimmung geprägt."

Tatsächlich meldete man kürzlich, dass die NSU viele Kontakte im Rems-Murr-Kreis hatte. Und vor nicht mal zwei Jahren wurden in Winterbach im Remstal zwei junge Männer aus der rechtsradikalen Szene verurteilt, weil sie eine Gartenhütte anzündeten, in der türkische und italienische Männer sich vor den beiden Neonazis versteckt hielten. Schon im Jahr 2000 verübten drei Rechtsradikale einen Brandanschlag auf das Asylbewerberheim in Waiblingen, das nur zwanzig Kilometer von Backnang entfernt liegt.
Noch eine kurze Aufzählung in Stichpunkten: 2003, Übergriff auf einen indischstämmigen Fahrgast eines Regionalzugs bei Backnang; im selben Jahr, Brandanschlag auf einen Imbisswagen eines ausländischen Mitbürgers; abermals 2003, Molotowcocktails auf türkisches Vereinsheim in Murrhardt; 2005, Brandanschlag auf das Asylbewerberheim in Unterweissach. Die beiden letzteren Orte liegen keine 15 Kilometer von Backnang entfernt.
Man muss hier nicht künstlich beweisen wollen, dass der Rems-Murr-Kreis ein Flecken besonders deutscher Erde ist. Aber die jüngere Geschichte zeigt eindrücklich, dass es dort ein rechtsradikales Milieu gibt, das mehr als aktiv ist. Und nichtsdestotrotz entblöden sich im aktuellen Fall die Ermittler nicht, von einem technischen Defekt als Favoriten für die Ursache auszugehen. Vielleicht trifft er ja zu, man sollte da keine Panik entfesseln – aber mit gleicher Verve sollten sie sich auch der anderen Option widmen. Aus Gründen der Erfahrung im Kreis und mit der NSU bundesweit. Doch nichts davon scheint Sensibilität geschaffen zu haben. Und es verwundert nicht, dass man Ermittlern, die obgleich sie über regionale Erfahrungen verfügen und über überregionale Erscheinungen informiert waren, wenig Vertrauen entgegenbringen will seitens der türkischen Gemeinde in Deutschland.
Vor einiger Zeit berichtete eine bekannte Fernsehsendung zur Öffentlichkeitsfahndung von einem Täter, der in eine Runde von Jugendlichen mit Migrationshintergrund hineinschoss und dabei einen türkischen Jugendlichen tötete. Vielleicht sei das rassistisch motiviert, sagte man zwar, wollte diesen Ansatz aber nicht zu hoch bewerten. Das ist für diese Sendung durchaus ein Fortschritt, denn man berichtete einst von einigen der NSU-Morde, erkannte deren Zusammenhang aber nicht und schob alles auf das Milieu, in dem solche Migranten ja bekanntlich leben, schob also alles auf die Opfer. An eine zielgerichtete Mordserie wollte niemand denken. Wer sagt denn, dass es in Anbetracht der vielen kleinen und größeren Anschläge und Morde auf ausländische Mitbürger, nicht weiterhin ein Netzwerk des Todes gibt?
Die NSU-Geschichte sollte eigentlich gelehrt haben, immer zuerst von rassistischen Motiven auszugehen, um dann vielleicht doch auf "technischen Defekt" umzuschwenken. Und sie sollte aufgezeigt haben, dass die propagierte Einzeltäterschaft nur die Sedierung des öffentlichen Gewissens ist. Denn der rechte Terror ist vernetzt, was man gerade am oben genannten Rems-Murr-Kreis erahnen kann.
Die Aufdeckung der NSU sollte das Feingespür der Gesellschaft und speziell der Behörden endlich aktiviert haben. Das hoffte man wenigstens daraus gelernt zu haben. Man spricht aber weiterhin von technischen Defekten als Brandursache als ersten Lösungsansatz. Oder gilt es in einem Land, in dem rechtsradikale Gewalt alltäglich wird, schon als technischer Defekt, wenn man Ursachen ergebnisoffen behandeln möchte? Stört das den technischen Ablauf staatlicher Vertuschung?

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