De dicto

"Gabriel und von der Leyen sprechen aber nie von denen, die es aus eigenem Verschulden auf keinen grünen Zweig bringen. Die „keinen Bock“ hatten, ihre Ausbildung abzuschließen. Die schon am Montagmorgen die Stunden bis Freitagmittag zählen. Die sich weder weiterbilden noch anstrengen wollen. Die sich lieber zwei Handys leisten als einen Riester-Vertrag.
Das Muster der Altersarmuts-Debatte lautet: Schuld sind immer die anderen. Raffgierige Unternehmer, neoliberale Rentenpolitiker, wahlweise CDU oder SPD: Sie alle sind angeblich an den Mini-Renten schuld. Nur von den Mitmenschen, die es sich leisten, nichts zu leisten, ist keiner verantwortlich.
850 Euro Mindestrente nach schwarz-rotem Modell belohnt die Falschen. Und bestraft durch höhere Abgaben oder Steuern die, die sich ihre Rente in dieser Höhe mühsam erarbeiten. Da gilt: Der Fleißige ist der Dumme. Und das muss doch mal gesagt werden!"
- Hugo Müller-Vogg, BILD-Zeitung vom 13. September 2012 -

Zum Gesagten sei angemerkt: Natürlich, wie sollte es ein rechtsgerichteter Feuilletonist auch anders sehen wollen oder können! Man kann Gabriel und von der Leyen allerlei vorwerfen - dass sie aber nicht diejenigen abkanzlern, die selbst schuld sind, dass sie kaum Rente kriegen werden, ist so hanebüchen und idiotisch, dass es zum Schreien ist. Und im Falle von der Leyens stimmt es nicht mal, sie sagte es ja zwischen den Zeilen und auch als Zeile. Was Müller-Vogg da fordert ist nicht eine Debatte über eine Rente, von der man leben können soll - er will, dass Gabriel und von der Leyen davon ablenken. Sie sollen die Verantwortung jenen übertragen, die Opfer einer Anti-Staatsrenten-Politik wurden und sollen auf billigster Grundlage stigmatisieren.

Es sind ewig sich wiederholende konservative Affekte, die dieser Kolumnist erleidet. Man benennt Sündenböcke, wirft einen populistischen Satz wie Der Fleißige ist der Dumme! in die Runde und tut so, als sei der Fleißige der Dumme, weil es die Faulen sind, die ihn dumm dastehen lassen - dass es eine zielgerichtete Politik für die Versicherungswirtschaft war, soll diesem vermeintlichen Dummkopf so unbekannt bleiben. Und wenn man weiß, dass man Unsinn verbreitet, so hat es sich seit Sarrazin eingebürgert und bewährt, sein Statement mit Das wird man doch mal sagen dürfen! oder mit Das muss doch mal gesagt werden! zu beschließen. Wohl das profundeste Argument der aufhetzenden Worthülse ohne Inhalt. Wie ein trotziges Kind, dass noch einen draufsetzt, obgleich es weiß, dass es Mist gebaut hat.
Leute ohne Riester-Vertrag tragen Schuld, dass ihnen das Geld im Alter nicht reicht, meint er. Ob Müller-Vogg viel über die Konditionen der Riesterei weiß? Über die halbseidene Einriesterung der Versicherungswirtschaft in öffentliche Belange zu Zeiten der schröderianischen Reformära? Natürlich weiß er es. Naiv zu glauben, er wüsste es nicht. Und er weiß auch, dass es viele Menschen mit so niedrigen Einkommen gibt, dass sie sich die monatlichen Beiträge für eine Privatrente nicht leisten können. Man hört ihn in seinem Kämmerlein zetern: Aber für Alkohol und Zigaretten ist Geld da! Und sein Blatt macht dieser Tage ja auch wieder Stimmung. Generalangriff auf die, die man für Schmarotzer hält. Schuldig sind die Leute, die mal kleine Renten erhalten, weil sie nicht genug Geld haben. Standesdünkel würde man das normalerweise nennen - seine Zeitung nennt es meinungsstark. Dass das Geld selten reicht, um auch noch eine Privatrente zu finanzieren, davon schreibt er nichts, denn dann fiele seine Philippika auf den Schmarotzer durch, dann verlöre sie ihren konservativen Erbauungswert. Da kann man noch so fleißig sein, wenn das Geld nicht reicht, dann riestert man nicht - alles andere ist dummes Geschwätz. Und daher kann es nicht heißen, dass der Fleißige der Dumme ist, sondern dass der Dumme recht fleißig Kolumnen schreibt - das muss doch mal gesagt werden!


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