Arbeiten gehen

415640_web_R_K_B_by_Rainer Sturm_pixelio.deIch habe letztens noch eine Bekannte, die ich aus der Umschulungszeit kannte, zum Geburtstag angeschrieben. Einfach mal, um den Kontakt wieder aufleben zu lassen, zu fragen, wie es so geht. Und ich war sogar überrascht, dass sie mir geantwortet hatte. Zum einen, dass sie mir geantwortet hat, aber nach längerem Nachdenken, war ich auch überrascht, wie sie mir geantwortet hat. Also natürlich sie bedankte sich bei mir dafür, dass ich sie angeschrieben hatte und dann erzählte sie von sich, was sie so macht jetzt. Aber eigentlich war es nur, dass sie umgezogen ist. Das war alles nicht so geschrieben, dass man den Eindruck hatte, sie würde gerne den Kontakt zu mir aufrechterhalten. Und ja die einzige Frage, die sie da an mich gestellt hatte, war, ob ich noch arbeite. Das ist mir von Anfang an aufgestoßen, aber um so länger ich darüber nachdachte, um so merkwürdiger fand ich das. Warum sollte ich nicht mehr arbeiten? Ist es wirklich das Einzige, was man mich fragen könnte? Noch vor wie es mir geht oder was ich denn so allgemein tue, das war schon seltsam.

Ich weiß nicht, ob ich es erwähnt hatte, in der Umschulungsmaßnahme war ich mit interessanten Menschen zusammen. Ein Großteil war da, weil das Arbeitsamt das gesagt hat und das Schlimmste dabei war, dass man das auch dementsprechend gemerkt hatte. Da war nicht so viel mit Motivation oder Ehrgeiz. Die Eine oder Andere hatte sogar geäußert, dass sie es kaum erwarten kann bis es endlich vorbei ist und dass sie nicht vorhätte, sich um eine Arbeitsstelle zu bemühen. Mir machte das Ende der Umschulung Angst. Was würde denn danach sein? Dass der große Arbeitsmarkt da draußen nur auf mich wartet, war ja eher unwahrscheinlich. Also Fernsehen bis zum Rentenantrag? Angsteinflößend, wie gesagt.

Ich glaube am meisten hat mich verletzt bei der Frage, ob ich denn noch arbeiten würde, dass man daran deutlich erkennen konnte, dass man mir das nicht zutraut. Mit der Zeit wurde noch ein anderer Aspekt sichtbar und zwar die Weltanschauung. Ich weiß gar nicht, ob das das richtige Wort ist, ich meine so etwas wie Gewohnheit. Vielleicht ist sie daran gewöhnt, dass alle um sie herum nicht arbeiten. Ich habe ja den Einen oder Anderen aus ihrem Bekanntenkreis kennengelernt und das wirft eine ganz andere Frage auf. Es ist kein Geheimnis, dass der Arbeitsmarkt an sich immer komplexere Anforderungen stellt. Die körperlichen Arbeiten, die man häufig auch ohne Qualifizierung ausüben kann, treten immer mehr in den Hintergrund. Und das bilde ich mir auch nicht ein. Als ich noch zur Schule gegangen bin, reichte für die Ausbildung der Bürokauffrau ein einfacher Hauptschulabschluss. Was kann man heutzutage noch alles mit Hauptschulabschluss machen? Und wenn die Möglichkeiten noch so vielseitig sind, muss man sich fragen, warum der Hauptschulabschluss ausstirbt.

Also wenn die Anforderungen größer werden, muss man sich auch mit der Zeit der Tatsache stellen, dass auch hier eine Schere aufzugehen droht, nicht nur zwischen Reich und Arm, sondern auch zwischen Arbeitnehmern und denen, die keine Arbeit haben, weil sie die Bedingungen nicht erfüllen können. Mag sein, dass ich nicht so kritisch sein darf, da ich aufgrund meiner körperlichen Einschränkung nicht die Idealbedingungen mitbringe, aber das kann man teilweise kompensieren. Was die geistigen Fähigkeiten angeht, ist man immer mehr gezwungen sich weiterzubilden und manchen Menschen fehlt es an Hingabe und eine daraus resultierende Frage ist, ob es noch notwendig ist, wenn es Sachen wie z.B. Hartz IV gibt. Ich habe mich letztens unterhalten und nebenbei die Erkenntnis erlangt, dass ich für ganze 150€ arbeiten gehe, ungefähr falls jetzt jemand nachrechnen wollen würde. Auf diesen Betrag komme ich Pi mal Daumen, wenn ich berücksichtige, was mir laut Jobcenter zusteht, dann ziehen sie logischerweise das Gehalt ab und sonstige Zuwendungen und davon werden irgendwie nur 90% berücksichtigt. So dass ich 10% mehr habe, als wenn ich zu Hause bleiben würde.

Ich hätte wahrscheinlich nur weniger Stress, weil der Stress, den die Arbeit mit sich bringt, wegfallen würde, Anträge und Rechtfertigungen muss ich jetzt auch über mich ergehen lassen. Warum ich denn dann arbeiten gehe? Weil es mir Abwechslung und Spaß bringt. Ich fühle mich berechtigt, mein Geld für meine gefühlten 3.000 Handtaschen auszugeben. Zu Hause zu bleiben wäre eine Strafe für mich, vor allem weil ich kein Pay-TV habe, das Programm der Free-TV Sender plus GEZ-Sender ist in den Vormittags-Stunden eine Zumutung. Ich glaube, dass Hobbys nur Spaß machen, weil man nur beschränkt wenig Zeit für sie hat. Und ich habe jetzt schon keinen Platz mehr, um noch mehr einkaufen gehen zu können. Super, das motiviert mich jetzt wieder ein Stückchen mehr und ich werde mit einem noch besseren Gefühl morgen früh zur Arbeit gehen. Leider sehen das nicht alle so da draußen und ich bin enttäuscht darüber, dass aus der Email meiner Bekannten zu erkennen war, dass sie wahrscheinlich in der nächsten Zeit nicht die Zeit finden wird, mal mit mir einen Kaffee zu trinken. Es war unglaublich wie kompliziert es war ein Mal im Jahr eine Weihnachtsfeier zu terminieren, obwohl bei allen zumindest eine Verpflichtung weniger im Wege stand. Naja, man muss halt Prioritäten setzen.

(Foto: Rainer Sturm / pixelio.de)


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