Amerikas verlorene Atombomben

Der kanadische Taucher Sean Smyrichinsky hätte sich vermutlich verwundert die Augen gerieben, wäre er nicht unter Wasser gewesen, auf der Suche nach Beute. Nicht weit entfernt der Inselgruppe Haida Gwaii, nahe Banks Island, hatte er erst kürzlich einen kleinen Erkundungstauchgang unternommen, wie er sich später im Interview mit der Canadian Broadcast Corporation (CBC) erinnerte:

„Ich war auf der Suche nach etwas Fisch für den nächsten

Strangelove Pip Boy / eng1ne / flickr.com / CC BY 2.0

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Tag“, erklärte der passionierte Taucher, und ergänzte: „Ich dachte, ich unternehme einen kurzen Aufklärungstauchgang. Aber beim Tauchen habe ich mich ziemlich weit vom Boot entfernt. Dann fand ich etwas, was ich noch nie zuvor gesehen habe.“

Die Rede war von einem etwa vier Meter langen Objekt, welches die Form eines zur Hälfte aufgeschnittenen Bagels hatte und Smyrichinsky zunächst spontan an ein Ufo erinnerte. Als er seinen Tauchfreunden von dem vermeintlichen Ufo- Fund berichtete, erwiderte einer seiner älteren Vereinskollegen, dass es sich hierbei möglicherweise um ‚Die Bombe‘ handeln könnte.

‚Die Bombe‘, damit ist jene erste Atombombe in einer Reihe von vielen weiteren gemeint, die die US- Airforce im Laufe der letzten 60 Jahre verloren hat. Shit happens. Am 14. Februar 1950 waren dem B- 36 Bomber der US- Airforce bei einem Routineflug von Alaska nach Texas gleich drei der sechs Propellertriebwerke in Brand geraten und ausgefallen. Das Flugzeug musste aufgegeben werden. Zwölf der insgesamt 17 Besatzungsmitglieder konnten sich mit dem Fallschirm retten, der Rest von ihnen verschwand mitsamt dem Convair- Flugzeug in den Tiefen des Pazifiks, unweit der kanadischen Küste. Zuvor hatten sie noch eine verhängnisvolle Fracht über dem Wasser abgeworfen. Eine voll und ganz einsatzbereite Atombombe vom Typ Mark vier. Jene Bombe, die Sean Smyrichinsky nun durch Zufall gefunden zu haben glaubt. Mittlerweile hat sich die kanadische Marine der Sache angenommen.

Seither wiederholte sich dieses Szenario ständig aufs Neue, so dass mittlerweile ganze Megatonnen an Sprengkraft in den Tiefen der Weltmeere schlummern, wenn sie nicht gerade bei einem Überlandflug verloren gehen, wie im Falle des spanischen Städtchens Palomares, auf welches gleich vier amerikanische Atombomben niederregneten. Nachdem am 17. Januar 1966 eine B- 52 bei einem Überflug über die Region Palomares beim Luftbetanken mit dem Tankflugzeug kollidiert war, hatte es die vier Bomben verloren, die rund um das Städtchen zu Boden stürzten.

Die Gegend um Palomares ist bis heute radioaktiv verseucht, weil einer der Nuklearbehälter beim Aufprall aufplatzte und sein tödliches Inventar, bestehend aus drei Kilo Plutoniomstaub, freigab. Dass während des Kalten Krieges von den vielen Atombomben, die im Rahmen der Operation ‚Chrome Dome‘ (von 1960 bis 1968) von US- Bombern entlang der sowjetischen Grenzen geschleppt wurden, immer wieder welche verloren gingen, ist ein für die US- Airforce nicht ungewöhnliches Ereignis, wie der folgende Text zeigen wird.

Empty Quiver (Leerer Köcher), so lautet eine amerikanische Code- Bezeichnung für eine abhanden gekommene Atomwaffe. Es handelt sich hierbei um ein Ereignis der Kategorie Pinnacle (Gipfel, Höhepunkt), eine Klassifizierung für einen atomaren Notfall, der das Eingreifen höchster Kommandostellen erfordert. In den USA soll dieser Fall bereits 92 mal eingetreten sein.

Wieviele verlorengegangene amerikanische Atombomben derzeit unendeckt in den Meeren dieser Welt herumliegen, weiß niemand genau. Das Brookings Institut geht von lediglich elf Bomben aus. Tatsächlich müssen es jedoch deutlich mehr sein. So berichtete die griechische Zeitung To Wima in einem Bericht aus dem Jahre 1999, dass von einem US- Kriegsschiff nahe der griechischen Küste ein Atombombe ins Wasser gefallen und in den Tiefen der Ägäis verschwunden sei. Da auf die Bergung des gefährlichen Sprengkörpers verzichtet wurde, schlummert sie auch heute noch südlich der Insel Kreta im Bodensediment des Meeresgrundes vor sich hin und kann jederzeit explodieren.

Auch 1958 ging eine dieser Bomben verloren, als ein B- 47 Bomber der US- Airforce in der Luft vor der Küste Georgias mit einem F- 86 Jet kollodierte. Angeschlagen konnte sich der Bomber daraufhin zwar noch weiter schleppen, wollte jedoch mit der gefährlich Fracht an Bord unter diesen Umständen nicht landen und erbat daher die Erlaubnis, die Bombe abwerfen zu dürfen. Erlaubnis gewährt.

Dass gerade Japan amerikanischen Atombomben skeptisch gegenüber steht, darf nicht verwundern. Dies änderte sich auch nicht, als 1965 vor der japanischen Küste ein Kampfjet vom Typ A-4E Skyhawk vom Deck des Flugzeugträgers Ticonderoga rollte und ins Meer stürzte. An Bord eine amerikanische Wasserstoffbombe mit einer Sprengkraft von einer Megatonne. Die japanische Regierung war derhalben not amused, wusste den Vorgang jedoch bis 1989 zu vertuschen. Erst dann berichteten die Medien darüber.

Große Geheimhaltung gab es auch, als im Januar 1968 eine B- 52 mit vier Atombomben an Bord nahe dem US- Stützpunkt Thule in Grönland abstürzte. Die Zündsprengladungen der Bomben detonierten dabei, aber da die Bomben gesichert waren, erfolgte keine Nuklearexplosion. Dennoch wurde radioaktives Material über weite Flächen verteilt. Die Bomben selbst schmolzen dabei ins Eis hinein. Bergungsmannschaften sammelten jedes noch so kleine Stück von den Bomben ein und trugen tausende Kubikmeter kontaminierten Eises ab. Als man die eingesammelten Stücke wieder zusammen setzte, stellte sich heraus, dass eine der Bomben fehlte und bis heute fehlt.

Wer soviele Atombomben verliert, täte gut daran, die möglichen Fundorte auf einer Karte zu verzeichnen. Eine solche Geheimkarte soll tatsächlich existieren. Sie umfasst verlorene Nuklearsprengkörper vor den Küsten Norwegens, Spaniens, vor der Atlantikküste Marokkos, sowie vor den Küsten New Yorks und Floridas. In dem Film Nuclear Rescue 911 spricht der Dokumentarfilmer Peter Kuran von mindestens 32 Unfällen mit scharfen Atom- und Wasserstoffbomben in den Jahren von 1950 bis 1980. Seiner Ansicht nach sind mindesten sechs dieser Bomben spurlos verschwunden.

Um das Ganze etwas abzukürzen, hier eine Zusammenfassung eines kleinen Teils all der Massenvernichtungswaffen, welche die USA zuerst zusammenbauten und dann nicht wiederfinden konnten. Am 10. März 1956 stürzte eine B-47 von der MacDill Air Force Base nach einem missglückten Luft- Auftankmanöver ins Ionische Meer vor der griechischen Küste und verschwand mit waffenfähigem Nuklearmaterial für immer in der Tiefe. Am 28. Juli 1957 ließ ein amerikanisches Kampfflugzeug bei einem Notabwurf zwei Atombomben im Atlantik verschwinden. Interessant ist auch der Fall einer weiteren B-47, die am 10. Oktober 1957 mit einer Atombombe, wenn auch mit ausgebauter Nuklaerkapsel, kurz nach dem Start von der Homestead Air Force Base in Florida abstürzte. Die Zünd- Sprengladung explodierte dabei, glücklicherweise ohne weitere Folgen.

Ein weiterer Verlusst ereignete sich, als am 05. Februar 1958, als eine B-47 nach einer Kollision mit einem F-86 Kampfjet per Notabwurf eine Wasserstoffbombe vom Typ Mk.15 in der Nähe von Savannah und Tybee (Kalifornien) aus 2.200 Metern Höhe im Atlantik versenkte. Dass die Bombe nie gefunden wurde, erübrigt sich wohl zu sagen. Ebensowenig wie jene Wasserstoffbombe vom Typ MK90, die am 25. November 1959 bei der Notwasserung einer P-5M der US- Navy nahe Whidbey- Island (Bundesstaat Washington) für immer verloren ging.

Spätestens an dieser Stelle wird sich der aufmerksame Leser wohl die Frage stellen, wie es sein kann, dass Gottes unentbehrliche Nation ständig mit scharfen Nuklearsprengkörper Übungsflüge veranstaltet, bei denen sie diese dann verliert. Vielleicht sollten die zuständigen Stellen Holzatrappen einführen, die schwimmen wenigsten im Wasser, so dass man sie wiederfindet. Jedenfalls zeigt der verantwortungslose Umgang der USA mit den gefährlichsten Massenvernichtungswaffen, die die Menschheit je gesehen hat, wes Geistes Kind jene sind, die gerade so sehr damit beschäftigt sind, uns Europäer in einen heißen Konflikt mit der Atommacht Russland hineinzukomplimentieren. Wer solche Verbündete hat, benötigt keinen Totengräber, denn er verdampft bei knapp 100 Millionen Grad Celsius rückstandsfrei im Auftrag des Pentagons.

Quellennachweis und weiterführende Links:

spektrum.de
paperblog.com
deutsch.rt
brightsblog
shortnews.de
orf.at



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