Zwei schwächere Bücher von bekannten Buddhisten

Zwei schwächere Bücher von bekannten BuddhistenIch möchte heute auf zwei Titel eingehen, die mir letztlich einen etwas unergiebigen Eindruck machten. Der erste heißt Training in Compassion (Shambala 2013) und besteht aus Reflektionen des Zen-Lehrers Norman Fischer zu der Praxis des Lojong. Fischers Zenreden sind mir eher angenehm aufgefallen, schon öfter hat er den Dialog mit anderen religiösen Überlieferungen gesucht. In diesen Kommentaren tritt mir jedoch ein etwas verwirrter Autor entgegen, der zum Beispiel meint, mit 50 Jahren habe man das Gefühl, 95 Prozent seiner Lebenszeit bereits hinter sich zu haben, denn die Zeit würde sich subjektiv beschleunigen. Diese Aussage von einem bestätigten Lehrer in der Tradition Shunryu Suzukis befremdet mich. Ich kann aus eigener Erfahrung mit 51 Jahren sagen, dass dem ganz und gar nicht so ist. Die Erfahrung der "Unendlichkeit" von Zeit (und Raum - was wissenschaftlich fragwürdig ist), wie sie von vielen Zenübenden und anderen spirituellen Menschen gemacht wird, führt meines Erachtens in der Folge zu einem solch starken Bewusstsein der Gegenwart, dass Fischers Annahme nicht dadurch gedeckt ist.   In der Folge macht Fischer dann den üblichen Fehler, sich in einer Art Zensprech zu ergehen, der keinen echten Sinn ergibt. So meint er etwa, da alles vergehe, sei auch jedes noch so schwierige Problem bereits gelöst, selbst wenn es gerade erst im Entstehen begriffen ist. Wir alle wissen doch, dass dies für einige Probleme nicht gilt (nehmen wir zum Beispiel eine Krebswucherung) und nicht gelten sollte, und dass der Grund für einen solch billigen Trost, der alle Schwierigkeiten im Leben gleichschaltet, sogar in obiger falscher Auffassung der Zeit liegen könnte - denn wenn sie schneller verginge, wäre ja auch bald jedes Problem - gewissermaßen von selbst, per Vergänglichkeit - erledigt. Ich habe zwar nichts gegen einen gewissen Zynismus, aber hier fehlt es ja an jedwedem Humor, so dass man Fischer unterstellen muss, er meine das ernst. Genau wie die Plattitüde, wir könnten attraktive Objekte nicht (er)halten und unerwünschte Objekte nicht meiden. Tatsächlich tun wir jeden Tag genau das, wenn wir etwa unseren schönen Partner umgarnen und unsere Partnerschaft pflegen und das nicht essen, was uns nicht schmeckt. Meines Erachtens gelingt das vielen Menschen recht gut und bedarf nicht mal einer besonderen spirituellen Übung. Aber wenn man sein Augenmerk weniger auf die Gegenwart richtet als auf den Tod, wie Fischer, kommt man auf andere Prioritäten: "Obwohl wir spirituelle Praxis während unseres Lebens und für unser Leben betreiben, tun wir dies, weil wir sterben, und um Tod, Trauer und Verlust verstehen und bewältigen zu können."    Dieser Satz wäre noch nicht gar so übertrieben (geht er doch von der falschen Rangfolge aus, nämlich dass die Bewältigung des Todesphänomens wichtiger sei als die des Lebens, womit er im Übrigen auch Dôgen in die Quere kommt, der die einzelnen Zustände im Shôbôgenzô voneinander trennte), würde ihm nicht schon bald das abgedroschene "Es gibt keine Dinge wie 'Leben' und 'Tod'" folgen. Nun ja, möchte man da folgerichtig erwidern, wozu dann also das ganze Getue um deren Bewältigung, wo sie doch gar nicht existieren? Die Antwort findet Fischer natürlich wieder im Sammelsurium buddhistischer Phrasen: "Nutze die zwecklose Aktivität nicht für den Zweck, deinen Geist von deinem Leiden und dem der Welt abzulenken." Auch hier ist er ein Gefangener des modernen Sôtô-Zen-Duktus, der schlicht nicht sagen will: Wenn du dich ganz zweckhaft und zielgerichtet deinem Leiden und dem Leiden anderer stellst, wirst du es begreifen und lindern können. Dass Norman Fischer in all diese rhetorischen Fallen tappt, hat mich doch ein wenig überrascht.
Charles S. Prebish ist vielen als Buddhologe bekannt ("two Buddhism theory") und hat schätzenswerte Arbeit geleistet. Kaum in Rente, fühlte er sich zu einer Autobiographie namens An American Buddhist Life. Memoirs of a Modern Dharma Pioneer (Sumeru Press Inc. 2011) bemüßigt. Der Titel deutet schon an, dass Prebish nicht nur Akademiker, sondern auch praktizierender Buddhist ("scholar-practitioner") ist: "Zu den Gelübden zu werden war eine Erfahrung von 24 Stunden pro Tag. Mit anderen Worten, ich machte nur zwischendurch Sitzmeditation, wenn es nötig war, arbeitete aber eifrig daran, Lügen, Stehlen, Töten, das Verneben meines Geistes durch Rauschmittel und sexuelle Fehltritte zu meiden". Er lernte von Bope Vinita, bekam von "Schwester Palmö" seinen Bodhisattva-Namen und berichtet u.a. von einem eher banalen Erlebnis bei Chögyam Trungpa, der, als er einen Raum betritt, beim darin befindlichen Prebish einen plötzlichen Brechreiz auslöst, der genauso schnell wieder verschwindet, als Trungpa den Raum verlässt - was den Autor jedoch verwirrte.
   Ein Foto von Prebishs gerade fünf Minuten altem Sohn Rob habe diesen wie einen kleinen Tibeter mit schwarzem Haar und langen Ohrläppchen gezeigt, der seine Hände zu einem Mudra geformt hatte; als man aber den Prebishs ihren Neugeborenen dann mit nach Hause gab, wären Haarfarbe und Ohrläppchen drastisch verändert gewesen. Später freilich hätte sich dem Kind bei Spaziergängen furchtlos Rotwild genähert und eine einbeinige Ente sei aus dem Wasser gekommen und ihm in den Schoß gehüpft. Auch Trungpa ahnte beim Anblick eines Photos des Kleinen, dass es sich bei ihm um einen Tulku handeln könne. Rob wurde später freilich ein erfolgreicher Ringer. Obwohl ich Prebish für seine Kritik etwa an Thich Nhat Hanh und Helen Tworkov (der Gründerin des buddhistischen Magazins Tricycle), vor allem aber für sein "Journal of Buddhist Ethics" (das er 1994 mit Damien Keown begründete) schätze, deutet sich hier eine esoterische Neigung in ihm an, die ich bei Akademikern nicht gutheißen kann.
   Am Ende seiner Autobiografie empfiehlt Prebish noch, einige jüngere Akademiker und Buddhisten im Auge zu behalten, z.B. Brooke Schedneck und Danny Fisher. An einer Stelle dieses Werkes, das sich trotz aller Demut zu wichtig nimmt, greift Prebish seinem aktuellen Buch vor (mehr dazu im untenstehenden Clip). Er korrigiert da die alte Zenlehrerin Jiyu-Kennett und deutet an, dass ein Hundeleben dem Buddhisten als Vorbild taugen könnte: "Die alte Rôshi war verrückt. Sie verstand gar nichts vom Buddhismus. Lebendig zu sein bedeutete genau dies: wie ein alter Hund zu leben, der in der Sonne liegt. Wenn du durstig bist, hol dir was zu trinken. Wenn du hungrig bist, hol dir einen Happen zu essen. Wenn du kacken musst, geh aufs Klo. Und wenn du ein bisschen Aufmerksamkeit brauchst, kuschel dich einfach an deine Partnerin."


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