Eine Rundreise durch die Ukraine zeigt auf der einen Seite ein Reiseland mit malerischen, wunderschönen Städten und Küsten sowie reichlich Natur. Auf der anderen Seite gibt es starke kulturelle Unterschiede, auf die man sehr gespannt sein darf, wenn man dieses Land bereist!
Noch nie zuvor habe ich mich mit der Ukraine beschäftigt - bis ich aus privaten Gründen sozusagen mit der Nase darauf gestoßen wurde! Im Spätsommer war es dann endlich so weit: Ich war zu Gast im zweitgrößten Land Europas!
Wer eine Rundreise durch die Ukraine unternimmt, ist im Begriff, eines der bestgehüteten Geheimnisse Europas zu lüften! (djoser.de)
Mit dem Bus ging es von Erfurt zunächst quer durch Polen an die westlichste Stadt der Ukraine: Lviv (ukr.: Львів; dt.: Lemberg). Mit ca. 730.000 Einwohnern ist sie größer als Frankfurt/M. und etwas kleiner als Köln. Ihre Bekanntheit erlangte die Stadt nicht nur, weil Sie Austragungsort der Fussball-EM 2012 war, sondern v.a., weil sie historisch stets umkämpft war: Die Stadt gehörte einst zu (Alt-)Russland, dann zu Polen, später zu Österreich und erneut zu Polen, nach dem 2. Weltkrieg zur Sowjetunion und seit 1991 zur unabhängigen Ukraine.
Diesen Wechsel der Regierungen sieht man auch heute noch im Stadtbild - Architekturen verschiedenster Epochen, die mittlerweile zwar verfallen, aber - besonders im Stadtzentrum - auch schon restauriert wurden. Meiner Meinung nach die tollste Stadt der Ukraine, knapp hinter Odessa!
Die Hafenstadt Odessa (ukr.: Одеса) liegt am Schwarzen Meer, welches wir nach einer Nachtzugfahrt erreichten. Mit etwa 1 Million Einwohnern ist sie von der Größe mit Köln vergleichbar, mit ihrem Charme aber nicht - sie deutlich sehenswerter! Besonders beachtlich ist neben der Oper und der Potjomkin-Treppe die Hafenanlage! Die Atmosphäre der Stadt ist schwer zu beschreiben: Eine Mischung aus Seeluft, Frachtern, historischen Augenblicken und gemütlicher Ruhe.
Das Juwel der Ukraine dürfte jedoch die autonome Republik und Halbinsel Krim (ukr.: Крим) sein, deren Zugehörigkeit zu Russland (russ.: Крым) nach wie vor umstritten ist. Besonders bekanntist bei uns sicherlich die kleine Stadt Jalta, in deren Nähe die Teilnehmer der berühmten Konferenz der Alliierten u.a. über die Aufteilung Deutschlands nach dem 2. Weltkrieg entschieden. Nach der Rundreise kann ich aber ganz klar sagen: Die Krim ist der schönste Ort der Ukraine! Lange Strände, direkt dahinter das Krim-Gebirge, viele Sehenswürdigkeiten, herrliche Strandpromenaden, viel Natur und viele Städte! Und man sieht v.a. eines: Das Geld der Ukraine liegt v.a. hier - und man zeigt es auch!
Von der Krim ging es wieder per Zug nach Kiev (ukr.: Київ), etwa 16 Stunden waren wir unterwegs. Dass das Kaufen von Fahrkarten nicht mit unserem System hinsichtlich Verfügbarkeit und Transparenz des Verkaufs zu vergleichen ist, ist mitunter bekannt. Die Züge jedoch sind ein Erlebnis: riesige Waggons, 4 Betten pro Kabine (wo man auch freudlich ist, selbst, wenn man kein Wort versteht und mit 3 Russen in einem Abteil schläft ...), während der Nacht genießt man herrliche, weite Landschaften und morgens gibt es mit Blick auf das Panorama von Kiev „чай“, also Tee.
Kiev hat etwa 2,8 Millionen Einwohner und ist die größte Stadt der Ukraine - mit all den Funktionen einer Hauptstadt. Neben dem riesigen Unabhängigkeitsplatz fielen v.a. die vielen Kirchen mit ihren goldenen Dächern auf, weshalb die Metropole auch den Namen „Stadt der goldenen Kuppeln“ trägt. Die Menschen in der Ukraine sind v.a. orthodoxen Glaubens, wobei auch heute noch ein großer Abstand zwischen russisch- und ukrainisch-orthodoxen Gläubigen herrscht.
Am beeindruckendsten fand ich das Kiever Höhlenkloster, eine Klosteranlage voller goldener Kuppeln, unterirdischen Höhlen mit mumifizierten Heiligen, historischen Schätzen, der wunderbaren Mariä-Entschlafens-Kathedrale und dem beeindruckenden Museum der Miniaturkunstwerke. Hier werden Kunstwerke gezeigt, bei denen wir unseren Augen wahrlich kaum trauen, bspw. eine in ein Haar eingearbeitete Rose oder ein Modellschiff mit der Größe eines Nadelkopfes.
An kriegerische Zeiten erinnert auch die Denkmalanlage rund um „Mutter Heimat“, welche v.a. an den Sieg des Russland-Feldzuges im 2. Weltkrieg erinnern soll. Dies gelingt eindrucksvoll - nicht nur mit ausgestelltem Kriegsgerät, sondern auch mit der 102 Meter hohen und etwa 500 Tonnen schweren Statue.
Die Ukraine ist ein tolles Land: Wunderbare Natur, schöne, wenn z.T. auch restaurierungsbedürftige Städte und tolle Menschen. Trotzdem oft verwundert geschaut wird, wenn man eine fremde Sprache spricht (ich hörte bspw. erst in Kiev die ersten englischen Worte ...) kann ich nur sagen, dass ich immer freundlich und zuvorkommend empfangen wurde. Für ausländische Touristen ist es aber oft schwer, den Überblick zu behalten: Fremdsprachenkenntnisse sind so gut wie gar nicht vorhanden und viele Abläufe (z.B. Fahrkartenkauf, Zugfahren, finanzielle Angelegenheiten) sind für uns kontraintuitiv oder öffentlich überhaupt nicht gewohnt oder gänzlich nicht toleriert (z.B. Korruption).
Zusammenfassend darf ich aber stolz behaupten: Ich freue mich auf meinen zweiten Besuch im zweitgrößten Land Europas. Auch und v.a. dank einer tollen Reiseführerin.