Wohlstand wird anstrengungslos

Wohlstand wird anstrengungslosSchlussendlich ging alles schnell, als selbst die größten Optimisten erwartet hatten. Kaum zwölf Monate nach seinen kruden Äußerungen über "anstrengungslosen Wohlstand" hat FDP-Chef Guido Westerwelle die Konsequenzen gezogen: Der erste offen schwule Außenminister Deutschlands tritt als Parteichef ab.
Aufatmen ringsum im Politzirkus zwischen Berlin, Hamburg und München. "Ende einer anstrengenden Ära", schreibt der "Spiegel", "Das schäbige Ende eines Parteivorsitzenden", sieht die "Welt", in er "SZ" anaysiert man gar, Westerwelle sei "Vom Hof gejagt" worden. Endlich, so klingt es überall zwischen den Zeilen durch. Westerwelle war zu lange zu erfolgreich und er erschien dabei zu arrogant.
Was sollen die bunten Blätter auch anfangen mit einem Mann ohne Geheimnisse? Westerwelle ist wohlhabend, skandalfrei und er ist schwul, man konnte ihn abfällig "Schwesterwelle" nennen, nachdem der saarländische SPD-Kämpfer Ottmar Schreiner den Begriff aus dem Waffenarsenal der homophoben Rechten geliehen und hoffähig gemacht hatte. Aber man konnte nichts tun gegen den obersten Liberalen, der den Zeitgeist ritt. Alles rief nach Dynamik, nach Reformen, nach schlanken Strukturen. Da kam der selbstverständlich elegante Guido gerade recht - neben ihm sieht Sigmar Gabriel aus wie eine anstrengungslose Weichfleischrolle, nimmt sich Angela Merkel aus wie die polnische Putzfrau im Adler-Modemarkt-Dress.
Ewig geht das nicht gut. Nach der letzten Bundestagswahl begann der Abstieg des Medienphänomens Westerwelle, das Karriere gemacht hatte, ohne wie Guttenberg, Müntefering oder von der Leyen zu kumpeln. Weil Westerwelle anfangs darauf beharrte, Wahlversprechen umsetzen zu wollen, wurde er zum regierungsunfähigen Illusionisten erklärt. Als er die Umsetzung abblies, erfuhr die Welt, dass er seine Wahlversprechen nicht gehalten habe. Als er Deutschland wie einst Gerd Schröder aus einem sich anbahnenden Krieg heraushalten wollte, wurde ihm das als Verrat an den westlichen Werten ausgelegt. Hätte er zugestimmt, deutsche Bomber nach Tripolis zu schicken, wäre er unweigerlich an Hitlers Nordafrika-Experditionen erinnert worden.
Doch war es der Satz vom "anstrengungslosen Wohlstand", der den oberen Wendepunkt der Laufbahn des Liberalen markierte. Da Deutschland seinerzeit, zwölf Monate nach der größten Finanzkrise aller Zeiten, keine anderen Probleme hatte, als mangelnde Sekundärtugenden in Teilen der Bevölkerung keinesfalls öffentlich zu diskutieren, stürzte sich die große Erregungsindustrie nicht in einer Offensive zur Erforschung der gesellschaftlichen Wirklichkeit. Sondern in einen Weltkrieg gegen Schwesterwelle.
Homophobe Hassreflexe trafen endlich einen, von dem auch die Qualitätsmedien von "SZ" über "Spiegel" bis "taz" der Meinung waren, sie träfen ihn völlig zu recht. Ein Jahr danach nun muss er endlich abdanken, der "deutsche Haider" ("Zeit"), der "am rechten Rand fischt" (Werner Perger).
Es tritt nun auf der nächste glattgebügelte Charakterloskopf, Führungspersonal an der langen Leine der Medienregierung. Was da nachkommt, das zeigt schon die elegant wortlos geführte Nachfolgediskussion, hat die Signale verinnerlicht. Sei biegsam, sei gefügig, wechsle Ansichten wie Hemden, begradige den Kurs bei Bedarf, nenne das aber stets Kurshalten. Wohlstand wird anstrengungslos. Spätrom feiert die Dekadenz als Aufbruch.


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