Wiedergeboren als Staatsfeind Nummer eins

Wiedergeboren als Staatsfeind Nummer einsWas eine klitzekleine Gesichts-Korrektur und ein neues Brillenmodell bewirken können, weiß die welt, seit die DDR-Popsängerin Angelika Weiz als vermeintlich in Westdeutschland geborene Enthüllungsjournalistin Mariam Lau eine gewaltige Zweitkarriere in Volksaufklärung hingelegt hat. Doch was den Guten recht ist, ist dem Bösen billig: Jetzt hat auch Thomas M. Hornauer, in den Dampfradiozeiten des politisch korrekten Erziehungsfernsehens der Thomas Gottschalk der Gegenaufklärung, eine neue Laufbahn gestartet. Der frühere Alleinherrscher bei Kanal Telemedial, einer Oase der Entschleunigung im Ozean des galoppierenden TV-Unsinns, wandelt auf den Spuren des Gossengängers Günter Wallraff. Ziel von Hornauer (Bild oben links): Versehen mit kleinem Bärtchen und Brille, das einst wallende Blondhaar entfärbt und zur Nackentolle geballt, hat sich der enigmatische Fernsehmacher die Rolle des rechtsradikalen Schornsteinfegers Lutz Battke (oben rechts im Bild) auf den irdischen Leib geschrieben.
Wie ehemals in seinen ausufernd improvisierenden Fernsehshows provoziert Hornauer in der Schornsteinfegeruniform des Staatsfeindes Nummer eins aus dem Burgenland, dass jeder Zuschauer seine helle Freude hat. Dabei ist für jeden, der genau hinschaut, ganz klar, dass ein typisch hornauersches Kunstprojekt hinter dem Auftauchen des vermeintlichen Hitler-Widergängers aus dem Örtchen Laucha an der Straße der Gewalt steckt. Nicht nur die körperliche Tarnung Hornauers scheint eher nachlässig. Vielmehr fallen die zeitlichen Abläufe unangenehm ins Auge: Wenige Wochen nur dauerte es von der Abschaltung des Kanal Telemedial durch die hellwachen Fernsehwächter bis zum ersten Auftauchen des vermeintlichen neuen Führers der deutschen Rechten.
Langjährige Dauerzuschauer des Kanal Telemedial lassen sich auch von der prolligen Lederjacke und den steifen Antworten auf Interviewfragen nicht beirren. In seinem Battke-Kostüm lebt Thomas M. Hornauer dieselben schrägen Vorlieben aus wie seinerzeit vor dem großen Fernsehpublikum: Er schlüpft bereitwillig in die Rolle des Fußballtrainers, er spielt einen Schiedsrichter, kandidiert gar für das Bürgermeisteramt. Immer aber hängt ihm dieses typische Hornauer-Lächeln im Mundwinkel wie eine kalte Zigarette, ein Desperado mit einer Mission, die Demokratie heißt. Die Landesregierung, in Teilen demokratischer Teilhabe der Bevölkerung eher abgeneigt, bibbert vor Angst, die Verfassungsschutzbehörden sind alarmiert, der MDR-Rundfunkrat hat ein Auge auf die Vorgänge im Raum Naumburg. Soviel Wind bläht die Segel: Mittlerweile hat Thomas M. Hornauer die NPD überzeugen können, ihn zum Spitzenkandidaten bei der anstehenden Landtagswahl zu machen. Sein Ziel sei es, verlautet aus dem mit den Vorgängen vertrauten Umfeld des Aktionskünstlers, als künftiger Ministerpräsident bessere Videoshows anzubieten als Amtsinhaber Wolfgang Böhmer, dem es nie gelungen war, mit seiner in virtuellen Hauslatschen absolvierten Online-Show größere Bevölkerungskreise in seinen Bann zu ziehen.


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