Der erfahrene Praktizierende würde empfehlen, sich mal genau umzusehen und umzuhören, Fragen zu stellen und dann ein bisschen darüber nachzudenken. Folgende Fragen sollten geklärt werden:
1) Welcher Dharma wird gelehrt? Theravada (Singhalesisch, Thai, Burmesisch), Zen (Soto, Rinzai…), Amido-Buddhismus, Vajrayana (Mahamudra oder Dzogchen) etc.
2) Welche Gelübdetradition besteht in dieser betreffenden Überlieferungstradition? Sind die Gelübde bekannt, wie werden sie genommen, wie werden ggf. Gelübdebrüche bereinigt?
3) Wer lehrt den betreffenden Dharma, welche Übertragungslinie besteht? Wie ist diese Dharma-Tradition zur lehrenden Person übertragen worden?
4) Gibt es so etwas wie ein Curriculum? Müsste es geben, da der Stufenpfad eben aus Stufen besteht, die bekanntermaßen gelehrt werden.
5) Um was geht es in der Sangha, was ist der Zweck der Treffen? Studium & Praxis, oder doch „nur“ um gemeinsame Stunden…???
6) Wird gelehrt und praktiziert, oder Dharma-Politik betrieben? Werden andere authentische Traditionen abgewertet?
7) Gibt es strukturelle Diskriminierung? Sind bestimmte Bereiche der Lehre nicht Qualifizierten, sondern nur Auserwählten vorbehalten? Gibt es Rituale der Unterwerfung bzw. Dominanz?
8) Wie ist das Verhältnis zwischen der Weißen Sangha und der Roten Sangha? Werden die Weißen (Laien; Upasaka) von den Roten (Mönche, Nonnen) als geringwertiger betrachtet?
9) Gibt es Tabu-Themen? Nicht alles hat im Tempel Platz, aber manches kann man abseits davon klären.
10) Gibt es Eitelkeiten? Wie wertvoll werden Äußerlichkeiten gesehen?
Aber mal abseits von dem, man macht sich auf die Suche nach:
a) Dharma-Überlieferung; und
b) jemand, der/die das einem übertragen kann – egal ob Sutra oder Tantra.
Man kann Lehrer zu sich einladen. Wurde immer wieder gemacht, hat lange Tradition im Dharma. Man kann selbst aus der Komfortzone raus und sich wo hinbegeben, wo gerade eine Dharma-Übertragung angeboten wird.
Da man im Sutrayana noch kein strenges Band – kein Samaya, kein hoch und heiliges Versprechen – mit dem Lehrer eingeht, ist das Risiko gering. Klar, man kann auch an die Falschen geraten. Aber da bietet das Internet heutzutage einige Seiten, wo man sich über einschlägig Nichtaufzusuchende informieren kann.
Und noch zwei Überlegungen dazu: 1) wenn man nicht sucht, sondern nur labert, nix findet und nur in Gruppen reinkommt, die grindig sind bzw. deren Lehrer schlecht sind, dann sollte man mal bei sich über „zu viele Hindernisse im eigenen Geist und zu wenig Verdienst (konstruktives Potienzial)“ nachdenken. Ersteres kann (sollte) man bereinigen, letzteres kann (sollte) man ansammeln. Und 2) man kann mal ganz klein bei sich zu Hause anfangen. Schließlich manifestiert man den (äußeren) Lehrer, der ja nichts anderes als die eigene Buddha-Natur, die Natur des eigenen Geistes ist. Man kann daher mal eine Buddha-Statue aufstellen, Gaben darbringen, ganz tiefe Verbeugungen machen und flehentliche Gebete an sie richten. Geht zwar ein bisschen langsamer, aber wirkt genauso. (Siehe Bodhisattva-Gelübde können zur Not auch vor einer Buddha-Statue genommen werden!!!) Und nach einiger Zeit – oh Wunder! – findet man wirklich einen Lehrer. Wichtig für diese Praxis zu Hause sind Vertrauen und Hingabe aus der Tiefe des Herzens. Beide sind Schlüssel und Antrieb am Pfad sind. Die sollte man nicht mit Naivität und Leidenschaft verwechseln, welche die nahen Feinde der beiden förderlichen Qualitäten sind.