* Gastbeitrag von Peter Hackmair *
Nachdem Peter vor zweieinhalb Jahren keine Lust mehr auf Profifußball hatte, beendete er seine Karriere und ging mit seiner Frau für 15 Monate auf Weltreise. Er hat dabei neue Talente an sich entdeckt und folgt jetzt seinen beiden größten Leidenschaften: dem Schreiben und Reden. So erfüllte er sich letztes Jahr seinen Traum, bei einer TEDx zu sprechen, und so ist auch sein neues Buch „Freigereist“ entstanden. Es handelt von seiner Weltreise, einer Reise, die ihn und sein Leben verändert hat. „Freigereist“ hat keinen fixen Preis, der Leser darf den Wert des Buches selbst bestimmen.
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Loslassen tut so gut.
Loslassen kann aber auch so schwer sein.
Und vor allem holt es dich immer wieder ein.
Loslassen kannst du nicht einfach so von deiner Bucket-List streichen.
Egal in welcher Phase deines Lebens du dich gerade befindest, du wirst ständig damit konfrontiert, etwas hinter dir zu lassen, von etwas loszulassen.
Schule, Uni, Job, Wohnung, Lebenspartner, Freunde, Träume, Reisen – so gut wie alles in deinem Leben ist nur für einen gewissen Abschnitt bestimmt, fast nichts währt für immer.
Manchmal ist loslassen ganz easy, manchmal aber richtig schwer.
Vor zweieinhalb Jahren stand ich vor der Aufgabe meines Lebens: Ich sollte meinen größten Lebenstraum loslassen.
Ich war Fußballprofi, lebte meinen Traum. Nach ein paar Jahren spürte ich allerdings, in diesem Dasein nicht mehr so richtig glücklich zu sein. Es war Zeit für eine Veränderung. Aber ein Kapitel, das 20 Jahre lang mit so viel Leidenschaft geschrieben wurde, schließt sich nicht von heute auf morgen.
Ich brauchte fast ein halbes Jahr, um schließlich den Mut zu fassen, meine sehr guten Vertrag zu kündigen und mit nur 25 Jahren meine Karriere zu beenden. Und auf Weltreise zu gehen.
Nicht, weil ich mich so (auch gedanklich) vom Fußball loslösen wollte. Ich glaubte ja, das wäre bereits passiert. Eher, weil ich erst einmal nicht wusste, was ich sonst tun sollte. Also startete ich mit meiner Frau in die große weite Welt. Und spürte nach einigen Wochen plötzlich, dass ich dem Fußball noch viel näher war, als mir lieb war.
Auf der Weltreise konnte ich aber schließlich loslassen. Nicht nur vom Fußball, von viele Dingen in meinem Leben…
Ich habe mich sozusagen „freigereist“.
Du kannst das auch:
Gibt es etwas in deinem Leben, das dich nicht loslässt, etwas, dass DU nicht loslässt?
- Vielleicht einen Menschen, von dem du dich trennen möchtest.
- Dein Studium, das dich langweilt.
- Deinen Job, der dich nicht erfüllt.
- Anerzogene Werte, mit denen du dich eigentlich nicht (mehr) identifizieren willst.
- Angewohnte lästige Eigenschaften, die du endlich über Bord werfen willst.
- Oder vielleicht auch deinen Kindheitstraum, der eigentlich gar keiner mehr ist…?
Dann pack deinen Rucksack und reise: Nimm dir Zeit für dich selbst, gewinne Abstand von deinem gewohnten Umfeld und lass dich von der Welt inspirieren…
Auf Reisen hast du hast Zeit für dich
Fällt es dir zuhause auch so schwer, mal nichts zu tun, abzuschalten, zu dir zu kommen? Weil du dann das Gefühl hast, wertvolle Zeit zu verlieren? Die Tage sind doch ohnehin schon viel zu kurz, um alles unter einen Hut zu bringen. Wann sollst du dir da noch Zeit für dich nehmen?
Auf Reisen kannst du endlich einmal aus dem berühmten Hamsterrad ausbrechen, lernen, im Moment zu leben, lernen bei dir zu sein.
Niemand erwartet etwas von dir:
Keine Prüfungen, keine Termine, keine Emails, keine Telefonate, du hast absolut keine Verpflichtungen.
Du musst nichts, darfst alles. Du darfst morgens (oder wann auch immer du willst) aufstehen und völlig frei über deinen Tag verfügen.
Worauf hast du heute am meisten Lust?
Um voll und ganz bei dir zu sein, hilft es zu meditieren. Es muss auch nicht die klassische Meditation sein:
Denn das Wort „Meditation“ kommt aus dem Lateinischen und heißt nichts Anderes als „nachdenken, überlegen, sinnend betrachten“.
Wie, wann, wo(bei) gelingt dir das am besten?
Du hast keine Ahnung? Überleg mal so: Wobei vergisst du die Zeit?
Folgende, ganz simple Tätigkeiten helfen mir z.B. zu meditieren, im Hier und Jetzt und gleichzeitig ganz bei mir zu sein:
- Atemübungen.
- Lesen, schreiben, Musik hören.
- Kochen, essen.
- Spazieren gehen, joggen, Tennis spielen.
- Die Natur beobachten und spüren.
Vor allem letzteres genießen und schätzen zu können, hat mich die Weltreise gelehrt:
Ich weiß nicht, wie viele Stunden ich damit verbracht habe, mir Sonnenuntergänge anzusehen, dem Meerrauschen zu lauschen, besondere Landschaften zu bestaunen, Tiere und Menschen zu beobachten, einfach das Leben zu spüren.
Ich hör dich jetzt sagen: „Schön und gut, aber das alles kann ich doch auch zuhause tun? Warum muss ich dafür unbedingt reisen?”
Stimmt, aber nimmst du dir daheim auch wirklich Zeit dafür…?
Selbstverständlich musst du nicht reisen, um loszulassen, um Zeit für dich zu haben.
Aber glaub mir eines: Auf Reisen ist das alles um so viel einfacher, naheliegender, selbstverständlicher. Es passiert von ganz allein.
Außer, du bist eine(r) von den Davonläufern, eine(r) von denen, die sich auch auf Reisen jeden Tag verplanen und so jeglichen freien Raum für Gedanken und Gefühle verhindern.
Auf Reisen verlässt du dein gewohntes Umfeld
Weg von deiner Familie, deinem Freundeskreis, deiner Stadt, deiner Kultur.
Egal ob positiv oder negativ – ob du willst oder nicht, deine Umgebung hat großen Einfluss auf dich.
Indem du auf Reisen gehst, gewinnst du Abstand zu deinem gewohnten Umfeld und kommst dadurch dir selber näher. Du schaffst dir Zeit und Raum, festgefahrene Strukturen und Meinungen zu hinterfragen.
Reisen bedeutet Inspiration pur: Du lernst ständig neue Menschen kennen und mit ihnen neue Blickwinkel auf das Leben. Wie leben Menschen in anderen Kulturen? Vor allem in ärmeren Ländern? Was ist ihnen wichtig? Besitz in vielen Fällen nicht.
Auf Reisen lebst du minimalistisch
Das ist ein Phänomen unserer Konsumgesellschaft:
Wir häufen Besitz an und erkennen dabei gar nicht, dass er uns eigentlich nur belastet. Wir müssen ständig Angst haben, etwas zu verlieren.
Meine Weltreise hat mich gelehrt, Besitz loszulassen. Als Fußballprofi hatte ich zu viel Geld und gleichzeitig zu viel Freizeit, perfekte Bedingungen also, um das Geld aus Langeweile aus dem Fenster zu werfen.
Und langsam, aber doch, werfe ich nun Ballast ab. Mittlerweile lebe ich auf 40 statt 100 Quadratmetern, habe 80 Prozent meines Hab und Guts verschenkt und verkauft (seit der Weltreise ziehe ich ohnehin meistens das Gleiche an) und kann es kaum erwarten, endlich mein Auto loszuwerden und Wien mit dem Rad und den „Öffis“ zu erkunden.
Auf Reisen gestaltest du dein Leben
Das Schöne am Reisen ist, dass du dein Umfeld jeden Tag spontan und neu gestalten kannst.
Hast du heute Lust auf Gesellschaft, vielleicht auf eine gemeinsame Wanderung mit Einheimischen oder anderen Backpackern? Oder schnappst du dir lieber ein Buch und verbringst den Tag alleine am Strand?
Achte übrigens unbedingt auch daheim auf dein Umfeld! Wähle bewusst, mit welchen Menschen du dich umgibst.
Überlege einmal ganz genau:
Wer gibt dir Kraft? Wer inspiriert dich? Und wer zieht dich eigentlich nur runter? Vor allem, wenn das Menschen in deiner Familie oder langjährige Freunde sind, tust du dir vielleicht schwer, von ihnen Abstand zu nehmen. Manchmal ist das aber die beste Lösung.
Wie lange musst du reisen um wirklich loslassen zu können?
Bei mir hat es etwa drei Monate gedauert. Dann fing ich plötzlich an, sehr intensiv (zehn Tage lang durchgehend) vom Fußball zu träumen. Und mich aufgrund dessen noch einmal bewusst damit auseinanderzusetzen und dieses Kapitel endgültig abzuschließen.
Aber wie merkst du, dass du mit etwas abgeschlossen hast?
Du spürst es:
Ich habe plötzlich heftig zu weinen begonnen und nicht mehr aufhören können. Aber ganz ohne Gefühl von Trauer und Schmerz. Mit jeder Träne wurde ich ein bisschen leichter und mit jeder Träne konnte ich noch einmal aus tiefstem Herzen danke sagen:
Danke für all die Erfolge, die ich feiern durfte, die besonderen Menschen, die ich treffen durfte und die Verletzungen, von denen ich so viel lernen konnte und die mir meinen Weg vorgezeigt haben.
Übrigens: Auch, wenn ich dem Profifußball mittlerweile sehr kritisch gegenüberstehe, ist er immer noch ein Teil von mir und wird es auch immer bleiben.
“Loslassen ist nicht Loswerden. Loslassen ist Seinlassen.”
- Jack Kornfield
Die Weltreise hat mich nicht nur gelehrt, meine Fußballkarriere und meinen Besitz loszulassen:
Auch meine Verschlossenheit, mein Misstrauen, meine Vorurteile, meinen Perfektionismus und in vielen Bereichen sogar meine Angst. (Mehr dazu in meinem neuen Buch „Freigereist”)
Ich kann dir leider nicht sagen, wie lange du reisen musst, um loslassen zu können. Da gibt es keine allgemein gültige Richtlinie. Denn Loslassen kann man nicht planen, man kann es nur geschehen lassen.
Alles, was du dafür tun kannst, ist, Zeit und Raum dafür zu schaffen. Und was bietet schließlich mehr Zeit und Raum als eine (Welt-)Reise…?
Wie hat dir Reisen schon geholfen loszulassen? Teile deine Erfahrungen mit uns in den Kommentaren!