Wege zur Bewertung von Managemententscheidungen [1]


In meiner neuen Beitragsfolge zum Thema "Wege zur Bewertung von Managemententscheidungen", werde ich Ihnen heute ein paar traditionelle, sowie engpassorientierte Finanzkennzahlen erläutern. Weiterhin wird ein erstes Szenario durchgerechnet.
Traditionsgemäß werden Entscheidungen häufig auf einer finanziellen Grundlage bewertet:
  • Eine Entscheidung, die zu einem hohen (Unternehmens-)Gewinn führt, ist GUT.
  • Eine Entscheidung, die zu einem nur geringen Gewinn führt, ist SCHLECHT.

Bei einer Entscheidungsbewertung kommen häufig drei Schlüsselindikatoren zum Einsatz:
  • Net Profit (NP)
  • Cash Flow (CF)
  • Return on Investment (ROI)


Allerdings sind NP und ROI sehr schwierige Konzepte für die alltägliche Anwendung:

  • Die Effekte einer Entscheidung auf NP und ROI sind nicht so einfach quantifizierbar.
  • Es ist (nahezu) unmöglich, die finanziellen Einflüsse lokaler Abteilungsentscheidungen auf das Gesamtunternehmen zu bestimmen.

Glücklicherweise bietet das Engpassmanagement der TOC – Theory of Constraints eine Brücke zwischen  lokalen Entscheidungen und dem Wohlergehen des gesamten Unternehmens.
Engpassmanagement-Ansatz
  • Durchsatz (engl. Throughput, Formelzeichen: T) innerhalb eines Zeitraums
  • Investition (engl. Investment, Formelzeichen: I) innerhalb eines Zeitraums
  • Betriebskosten (engl. Operating Expenses, Formelzeichen: OE) innerhalb eines Zeitraums

Diese Kennzahlen basieren auf der Annahme, dass eine Organisation das Ziel „Heute und morgen mehr Geld zu verdienen“ hat.
Es bedeuten:

Wege zur Bewertung von Managemententscheidungen [1]

Quelle der Abbildung 1: Theory of Constraints - Ein DO-IT-YOURSELF Baukasten für Kleine und Mittlere Unternehmen (KMU) - PRODUKTION, https://leanpub.com/germantocdiymanufacturing [1]


TVC*: Hierbei handelt es sich um echte variable Kosten (englisch: Total Variable Cost, Formelzeichen: TVC). TVC ist das Geld, dass ausgegeben wird, um jede zusätzliche Einheit zu verkaufen. Es ist das Geld, dass an Dritte für Produkte/Leistungen bezahlt wird, und unmittelbar in verkaufsfähige Güter einfließt. Dazu gehören z. B. Rohmaterial, Zukaufteile, Provisionen usw. (vgl. Abbildung 1). Es werden hier keine festen Kostenzuschläge, Gemeinkosten, Lohn- bzw. Gehaltskosten usw. eingerechnet. Es sei denn, diese werden proportional für jede Einheit des zusätzlichen Verkaufs ermittelt.TVC sind die Kosten, die im gleichen Maß zu- oder abnehmen, genau wie der Verkauf.   Mit Verkauf (englisch: Sales, Formelzeichen: S) ist das Geld gemeint, dass Dritte für die Produkte / Dienstleistungen Ihrer Organisation tatsächlich bezahlen. Es kann sich dabei also um eine Untermenge des gesamten Umsatzes handeln.
Der Durchsatz ist die Differenz aus dem Verkauf (S) minus den echten variablen Kosten (TVC).
Investitionen
Alles Geld, dass im System (z.B. Firma, Unternehmen, Organisation) in Form von Aktivposten der Bilanz und Materialien innerhalb des gewählten Zeitraums vorgehalten und genutzt wird, mit dem Ziel der Herstellung von Produkten und oder Dienstleistungen zum Verkauf. Hierzu zählen beispielsweise
  • Betriebsanlagen
  • Ausstattung 

aber auch
  • Fertigwarenbestand
  • Forderungen

Betriebskosten
Es handelt sich hierbei um alle fixen Kosten innerhalb der gewählten Periode, wie z.B. alle Lohn- und Gehaltskosten, alle Hilfs- und Betriebsstoffe, Ersatzteile, Miete und Leasing, Energiekosten, Telekommunikation usw. 


Beziehungen zwischen traditionellen Finanzkennzahlen und den Größen der  Durchsatzrechnung

  • Net Profit = T - OE
  • Return on Investment = (ΔT - ΔOE) / ΔI
  • Produktivität = T / OE
  • Investmentumsatz = T / I

Der finanzielle Gewinn einer jeden Entscheidung ist das ΔT NICHT das ΔOE.
  • Der Systemengpass begrenzt die Höhe des erreichbaren Durchsatzes.
  • Die Betriebskosten entstehen primär an den Nicht-Engpässen.

Eine erste Bewertung
Bevor wir eine erste Berechnung mittels finanzieller Größen durchführen, möchte ich zunächst  den Erfinder der TOC – Theory of Constraints zu Wort kommen lassen. Ich zitiere aus dem Vorwort von „Das Ziel“ [2]:
„…Wir müssen der Wirklichkeit ins Auge sehen und dann logisch und präzise über das nachdenken, was wir dabei zu sehen bekommen. Die Kernfrage ist nur, ob wir auch den Mut haben, uns mit dem Abgrund auseinander zu setzen, der sich zwischen dem, was wir sehen und was wir daraus schließen, und der immer noch vorhandenen Realität unserer industriellen Produktion auftun wird. Das erfordert ein radikales Infragestellen der eigenen grundlegenden Axiome, ist aber unerlässlich, wenn man einen Durchbruch erzielen will. Fast jeder, der einmal in einem Unternehmen gearbeitet hat, hat Bedenken, was die Effizienz der Kostenrechnung für die Steuerung unserer Handlungen betrifft. Aber nur sehr wenige haben diese heilige Kuh auch direkt infrage gestellt. Wenn wir unsere Welt und die Prinzipien, die ihren Lauf regeln, besser verstehen lernen, werden wir besser leben…“Dr. Eliyahu M. Goldratt
Szenario 1
Wir betrachten ein produzierendes Unternehmen. Für die Fertigung eines Produktes gelten folgende Randbedingungen:

Jährlicher Bedarf = 3.500 StückVerkaufspreis = 400 € / StückMaterialkosten = 80 € / StückStundenlohn = 18 € / StdAnzahl MitarbeiterInnen = 4 ( 1 / Arbeitsstation)Jede(r) Mitarbeiter(in) arbeitet 2.080 Stunden/Jahr (40 Std./Woche)Andere jährliche Kosten: 900.000 €


Wege zur Bewertung von Managemententscheidungen [1]

Abbildung 2: Prozesszeiten der Fertigung


Wege zur Bewertung von Managemententscheidungen [1]

Abbildung 3: Zuordnung von Lohn (direkte Kosten) und Overhead (indirekte Kosten)


Wege zur Bewertung von Managemententscheidungen [1]

Abbildung 4: Selbstkosten je Stück


Im Rahmen einer internen Verbesserungskampagne (KVP oder ähnliches) schlägt ein Mitarbeiter vor, durch Investition in ein besseres Ausstattungsdetail die gesamte Prozesszeit um 3 Minuten zu verkürzen.Das neue Ausstattungsdetail erlaubt weiterhin, Arbeitsschritte von Arbeitsstation 101 nach 102 zu verschieben.Der Fertigungsprozess sieht nun wie folgt aus:

Wege zur Bewertung von Managemententscheidungen [1]

Abbildung 5: Vorschlag Prozesszeitoptimierung im Vergleich zur ursprünglichen Prozesszeit


Daraus ergeben sich neue Selbstkosten:

Wege zur Bewertung von Managemententscheidungen [1]

Abbildung 6: Reduzierte Selbstkosten durch Prozessoptimierungsvorschlag


Wir können nun die Kosten des ursprünglichen Prozesses mit dem Optimierungsvorschlag vergleichen:

Wege zur Bewertung von Managemententscheidungen [1]

Abbildung 7: Potentielle Kosteneinsparung je Stück


Wege zur Bewertung von Managemententscheidungen [1]

Abbildung 8: Potentielle jährliche Einsparungen


Es lassen sich anhand der Daten weitere Finanzkennzahlen ermitteln:
  • (Interner Zinsfluss, engl. Internal Rate of Return) IRR = 400%
  • Payback Zeit < 3 Monate

Meine Frage an Sie:

Handelt es sich hier um eine Verbesserung
für das gesamte Unternehmen? 

Meine Antwort darauf erhalten Sie im nächsten Beitrag zusammen mit einem zweiten Szenario. In der Zwischenzeit würde ich mich über Kommentare und Antworten sehr freuen.
Ihr
Jürgen Kanz
www.juergen-kanz.de 
Quellen:
[1] Theory of Constraints - Ein DO-IT-YOURSELF Baukasten für Kleine und Mittlere Unternehmen (KMU) - PRODUKTION, Athavale, Rajeev; Kanz, Jürgen; Leanpub, 2012
[2] Das Ziel: Ein Roman über Prozessoptimierung, Goldratt, Eliyahu; Cox, Jeff; Campus Verlag

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