Über die neue «Sie-Kultur», die Hortmitarbeitende ab diesem Schuljahr vielerorts in der Stadt einführen müssen, wird heftig diskutiert. Die Schule argumentiert, dass die neue (ist sie das wirklich?) Umgangsform eine Konsequenz daraus sei, dass Hort und Schule zusehends näher zusammenrückten. Einige Eltern und Kinder empfinden aber, dass mit dem Wegfall des Du die persönliche Beziehung zu den Hortmitarbeitenden verloren geht.
Ich habe keine Mühe mit der Umstellung, da ich noch mit der Selbstverständlichkeit aufgewachsen bin, Lehrer, Nachbarn oder Eltern anderer Kinder zu siezen. Seit dem Kindergarteneintritt unserer Buben habe ich mich deshalb immer gefragt, wann sie denn lernen würden, Erwachsenen konsequent Sie zu sagen. Die sich bei Kindergarten- und Unterstufenkindern eingebürgerte Larifari-Mischform «Hoi, Frau Müller oder Du, Herr Meier» befremdet mich genauso wie der Fakt, dass die korrekte Anrede erst in der 3. Klasse ein Lernziel sei…
Mir ist es also recht, wenn jetzt alles (wieder wie früher) geregelt wird. Was mir aber alles andere als recht ist, ist diese Möchtegerncoole Gegenbewegung in Form eines überschwänglichen Geduzes, die sich rasant verbreitet. Auch in diesen neuen, hippen Coop-Filialen.
Altmodisch, bünzlig, verklemmt? Ich will einfach nicht von Hinz und Kunz geduzt werden. Es mag im angelsächsischen Raum funktionieren oder aber auch in Schweden, aber zu meiner Kultur, zur italienischen sowie zur deutschen Sprache, gehört nun mal die Unterscheidung von Du und Sie als Ausdruck von Anstand und Respekt. Nicht zuletzt vor dem Alter. Sollen wir in der Schule und im Hort auch wieder mehr Anstand und Respekt an den Tag legen, so wünsche ich mir dies auch sonst überall. Ja, auch im Coop.
immer mittwochs im Tagblatt der Stadt Zürich
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