Was fromm mit fremd zu tun hat

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Zweihundert Jahre lang bewegten sich Männer, Frauen und Kinder mit ihren Herden und dem Hausrat kreuz und quer durch Europa. Aber nicht freiwillig: Ausgelöst wurde es durch den grausamen Hunnensturm (Skythen und Goten aus Osteuropa) und so begann einem Domino gleich die gigantische Fluchtbewegung, Menschen wurden vertrieben und sie vertrieben selber wieder Andere.

Dieses europawite Flüchtlingsdrama, das unter dem Begriff «Völkerwanderung» in den Geschichtsbüchern steht, wurde zu einem Meilenstein der Geschichte: es war das Ende der Spätantike und danach begann das Mittelalter. Die Völkerflucht dauerte von 375-568 n.Chr.

Das Wort «fram» wurde damals sicher oft gerufen, vom Sippenältesten zum Beispiel, oder vom Onkel, der immer alle im Clan motivieren konnte. Fram hiess nämlich vorwärts, und das Wort findet man heute noch in vielen Sprachen (auch das Schiff des Nordpolarforschers Fridtjof Nansen hiess Fram). Das Wort stammt vom griechischen Begriff «promos», die alte Bezeichnung für den Vordersten, den Führer oder Vorkämpfer.

Aus dem Wort «fram» entstand auch unser Wort «fremd». Denn der Fremde ging unerschrocken vorwärts, bis er dort ankam, wo er nichts mehr kannte, wo er die Sprache nicht konnte, und ihn jedermann schräg anblickte.

Martin Luther hat das Wort «fromm» oft in seiner Bibelübersetzung verwendet. Aber nicht im heutigen Sinn von Gottesfürchtig, sondern mit der Bedeutung von tüchtig, tapfer, rechtschaffen. Der Zusammenhang liegt nahe: der forsch voranschreitende Fremde ist tüchtig und mutig. Ah, und wenn Luther in seiner Bibel von 1534 das gemeint hat, was wir heute unter fromm verstehen, dann hat er das Wort gottselig benutzt!

Fromm zu sein hatte also damals nicht primär mit der Religion zu tun, sondern mit dem Charakter. Ein frommer Mensch wurde geschätzt, er war nützlich. Bis heute hat sich das altertümliche Verb «frommen» erhalten.  Wenn einer poetisch schreibt «Das Jammern und Klagen frommt ihm nichts.» dann meint er, es bringe ihm nichts. Denn frommen heißt:  nützen, helfen.

Heute ist das Thema des Fremden, zumal des frommen Fremden wieder topaktuell. Auch der Begriff der Völkerwanderung fällt immer wieder. Menschen, mutige Menschen von Ländern, wo moderne Hunnen einfielen, erreichen uns.

Da ist es gut, sich zu erinnern, das Fremd auch tüchtig heißt. Dass frommen auch nützen heißt. Dass der Fremde, der im Frieden kommt, meist rechtschaffen ist. Und dass jede Zeitenwende die Menschen weiterbringt.


Mein Ölbild oben gibt einen Blick in die Fremde frei – Sicht vom schweizer Jura nach Frankreich. Hat es noch Platz für Fremde hüben und drüben?

Dort drüben / 69cm x 100cm / Öl auf Leinwand / 2007, Nr. 07-001

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