Anfang Juli: Ein besonderer Tag liegt so in der Zeit, dass ich ihn zwar nicht übergehen, aber doch ganz zwanglos vorübergleiten lassen will. Umschmeichelt von ein paar neuen Eindrücken in der “alten” Heimat, der Pfalz. Auf dem Rückweg werden wir meinen Papa besuchen und dort ein deftiges Mahl aus Blut- und Leberwurst und sauren Gurken einnehmen. Nix vegan, sondern biographisch treu. Aber zunächst geht´s in Schloss! Arrangement No. 1: Nicht meine Idee, den Geburtsort des “bösen Philosophen” Paul Henri Thiry d´Holbach, Edesheim in der Pfalz zu besuchen, aber eine gute Idee, wie sich zeigt. Eine angemessene Schlafstatt muss her und kann dann nur im Schloss sein.
Nach einigem Zögern und Zaudern, scheint das dort angebotene Arrangement (No. 2) Romantischer Wochenausklang wie gemacht für die Situation, denn tatsächlich wollen wir an einem Sonntag anreisen und an einem Monatg weiterziehen. Der Vater, reiseerfahrener Skeptiker, warnt, nicht vor dem Hotel, dessen Küche gepriesen werde, wohl aber vor dem geschnürten Rabatt-Päckchen. Niemals ginge sowas gut, die schlechtesten Zimmer und mickriges Essen sei zu erwarten. Kurz vor knapp fällt mir auch noch ein, dass Anthony Bourdain in seinen Bekenntnissen rät, misstrauisch gegenüber der New Yorker Institution Sonntagsbrunch zu sein und auf Fischgerichte am Montag ganz zu verzichten: Aufgewärmte oder kleingehackte Wochenendreste seien die fast hundertprozentige Regel. Papa und Anthony haben beide Recht, auch was Wochenausklänge Schlössern betrifft, lehrt die Erfahrung die Reisenden in der Pfalz.
Das Fazit ist dennoch 50/50, denn das zugewiesene Zimmer 111 eine behagliche Pracht mit Blick auf die Seebühne und Weinberge im Hintergrund. Die Atmosphäre im Schlosshotel nostlalgisch und leger, stilvoll verspielt die umgebenden Prachtanlagen. Das ersehnte Menü ist allerdings tatsächlich eine ziemliche Enttäuschung, gleich als zweiter Gang kommt die dreifach variierte Resteverwertung vom nicht mehr so frischen Lachs, als sei´s eine ehernes Gesetz. So ganz verstehe ich es nicht, denn wirklich Werbung für die gastronomischen Qualitäten eines Hauses kann man so nicht machen. Dann wird´s auch noch ganz “unromantisch”, ein Gewitter zieht auf, Sonnenschirme fliegen eindrucksvoll durch den pfälzischen Sturm, wir müssen umziehen, das Personal rennt. Denn auch das Freilichtbühnenereignis auf der anderen Seite des Schlosses muss jetzt schlagartig unterbrochen werden, und für uns, die Gäste der Arrangement-Verköstigung, bleibt kaum mehr Muße. Kulinarisch also höchstens eine mittleprächtige Halbpension unter widrigen Bedingungen, wenn auch unerwartet unterhaltsam im vordergründig gescheiterten Rahmenprogramm. Aber ich bin froh, hier gewesen zu sein, trotzdem, denn das Auge isst ja bekanntlich mit, es konnte sich zwar nicht so sehr gütlich tun, an dem, was auf den Tellern lag, am Ambiente außenrum aber durchaus.
Wolkenspiel am Pfalzhimmel: Das Gewitter zieht aufSoweit zum Hotel Schloss Edesheim. Ein anderes Schloss sei Pfalzbesucher(inne)n noch empfohlen, gilt es doch als Wiege der deutschen Demokratie (wenn das Kind auch lange und dramatisch kränkelte nach seiner pfälzischen Geburt). Wir machten nur einen kurzen Abstecher, hinter Neustadt geht´s hoch zum Schloss mit Caféterrasse und Museum. Die sengende Hitze ließ uns dort ermattet rasten, wenig bildungsbeflissen.
Literatur:
Philipp Blom: Böse Philosophen. Ein Salon in Paris und das vergessene Erbe der Aufklärung. München 2011.
Anthony Bourdain: Geständnisse eines Küchenchefs: Was Sie über Restaurants nie wissen wollten, München 2003.
Fortsetzung folgt: Im zweiten Teil wird von manch reizender Entdeckung in der Südpfalz berichet, von revolutionärem Wein und dann endlich auch von Störchen…