Verdient

Ich habe es mir natürlich im Phoenix-Livestream angesehen: Guido Westerwelle zieht Konsequenzen aus dem Verlauf der Wahlen seit Antritt der neuen Bundesregierung. Zur Erinnerung: Die FDP hatte bei drei der fünf Wahlen teils schwere Verluste eingefahren und war aus zwei Landtagen ausgeschieden. Gleichzeitig hatte sie bei zwei weiteren Wahlen Gewinne erzielt und war in Hamburg nach Jahren wieder über die 5-Prozent-Hürde gesprungen.

Die CDU hatte bei vier der fünf Wahlen verloren; addiert man die Verluste, stellt man fest, dass die Christdemokraten in der Summe mehr Prozentpunkte verloren haben, als die FDP insgesamt bekommen hat. Drei Ministerpräsidenten wurden nicht wiedergewählt. Einzig und allein in Rheinland-Pfalz gelang es ihr, vom schlechtesten auf das zweischlechteste Ergebnis ihrer Geschichte aufzuholen. Und trotzdem war es Guido Westerwelle, der sich gestern vom Amt des Parteivorsitzenden zurückzog und nicht Angela Merkel. Und niemand hat sich gewundert.

Die FDP sitzt in dieser Regierung mit derm besten Ergebnis ihrer Geschichte. Die CDU mit dem Schlechtesten. Vielleicht kommt auch da der Respekt her, den die CDU für die Entscheidung Westerwelles überreichlich ausschüttet.

Kommentiert wird dergleichen auf Phoenix ja immer von Experten, und der geneigte Zuschauer hatte ein Wiedersehen mit Andreas Pinkwart, dem ehemaligen nordhrein-westfälischen Vizeministerpräsidenten, der vielleicht damit endlich seine Berufung gefunden hat: Der Rücktritt von einem Parteiamt in der FDP ist etwas, wovon er wirklich was versteht. Auch er konnte mir nicht wirklich erklären, warum seine Partei der Meinung war, ein Mann, der ihrer Ansicht nicht mal in der Lage ist, einen lächerlichen Verein wie die ehemals Liberalen zu führen, wäre ein geeigneter Vizekanzler und Aussenminister.

Nun scheint er zwar auch nicht mehr Vizekanzler zu bleiben, dieser Posten wird an den Nachfolger weitervererbt. Als Aussenminister, wo er aber seit der ersten, sehr deutschsprachigen Pressekonferenz ein weitaus jämmerlicheres Bild abgab, ist er uns aber scheinbar weiter zuzumuten, denn, und ich zitiere Herrn Pinkwart:

Das hat er sich verdient.

So sieht das aus, wenn sich die FDP wieder der "Lebenswirklichkeit der Menschen" zuwendet, wie Nachfolgekandidat Phillip Rössler einforderte. Ok, hier eine Lektion in Lebenswirklichkeit: Keinen Menschen interessiert, wer Vorsitzender einer ehemals liberalen Splitterpartei ist, die ihre Bestimmung darin sieht, Geld, das wir nicht haben an Menschen zu verteilen, die es nicht brauchen, und das gegen Bezahlung. Aber wir waren immer ziemlich verwöhnt mit unseren Aussenministern, auch wenn die auszufüllenden Fußspuren nach Steinmeier nicht so groß waren wie bei anderen.

Sie hatten alle meist keine Ahnung von der Materie, aber das änderte sich. Sie mußten alle erst ihren Stil finden, aber sie fanden ihn. Westerwelle ist in anderhalb Jahren um keinen Millimeter gewachsen und hat es geschafft, selbst richtige Entscheidungen so schlecht vorzubereiten, dass man sie danach für den "Bruch mit sämtlichen Bündnispartnern" halten konnte - unter anderem, weil man so natürlich niemanden überzeugt, gemeinsam eine Alternative zu finden. Wenn es ein Amt gibt, dass ich gerne anders besetzt sähe, dann ist es das des Aussenministers - man muß ja niemanden aus der FDP nehmen. Irgendjemand da draussen hat sich das bestimmt "verdient" - weil er es kann.

Aber stattdessen haben wir Wetter.


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