Über gute und böse Spenden

Wenn's läuft, dann läuft's: Schon seit Ostern kann einer, der der SPD nahe steht, sich ja vor positiven Schlagzeilen kaum retten. Die Umfragen, die schon vor dem Verfahren gegen Sarrazin eher unerfreulich waren, kippten dann auch gleich nach unten weg, bei Forsa führen die Grünen mittlerweile mit fünf Punkten in Rennen um Platz Zwei, in Berlin zieht Renate Künast davon.

Nur einen kleinen Lichtblick gab es: Zum ersten mal seit zwei Jahren - nämlich seit der Kür des damaligen Aussenministers zum Kanzlerkandidaten der SPD - führte mit Frank-Walter Steinmeier ein SPD-Politiker das Ranking der beliebtesten Politiker in diversen Umfragen an. Dieser Höhenflug hatte mit einer Spende begonnen, und mit einer Spende endet er jetzt wohl auch gleich wieder.

Staatskanzlei in Hannover prüft Vorgänge um Steinmeier
HAZ.de

Der spendierfreudige Herr Maschmeyer
Welt. de

Dem geneigten Bild-Leser ist Maschmeyer vor allem als der neue Mann an der Seite von Veronica Ferres bekannt und darf daher auch exklusiv - und ohne lästige Gegendarstellungen - Interviews zu anderen Affären geben, die ihn in den letzten Monaten heimgesucht haben.

In die Schlagzeilen geraten ist der Gründer des "Finanzdienstleisters" AWD in jüngerer Zeit unter anderem durch einen Panorama-Bericht und eine juristische Schlacht mit dem NDR. Auch nicht unbedingt zu den Fans des Mannes gehört zum Beispiel "Transparency International", die die Beschäftigung sowohl von Walter Riester als auch Bert Rürup im Unternehmen als "Experte" bzw. sogar im Vorstand ankreiden- also die beiden politischen Hauptakteure, wenn es zu staatlich geförderter privater Altersvorsorge kommt, zufällig der Hauptgeschäftsbereich der AWD.

Berüchtigt ist der ehemalige Verkäufer von Bausparverträgen aber vor allem durch seinen Freundeskreis, der vor allem durch niedersächsische Politprominenz verstärkt wird - da wird Ursula von der Leyen genannt, aber eben und gerade auch die beiden ehemaligen Ministerpräsidenten Wulff und Schröder. Letztere Freundschaft dürfte sich für die SPD jetzt ähnlich gut auszahlen wie ein Anlagepaket der Kunden der AWD.

Unter anderem ist Maschmeyer auch bekannt geworden als der Spender hinter einer 1998 berühmt gewordenen Anzeigenkampagne "Ein Niedersachse muss Kanzler werden". Maschmeyer kaufte auch für eine satte Million Euro 2006 die Rechte an den Memoiren eben dieses Niedersachsen, nämlich Gerhardt Schröder, damals immerhin schon seit fast einem Jahr Bundeskanzler a.D. Dagegen war die Anzeigenkampagne, Kostenpunkt etwa 600.000 DM, vergleichsweise billig.

Der bereits erwähnte Panorama-Bericht deckte auch eine weitere Spende auf, die auf noch dubioseren Kanälen dabei half, den Wahlkampf des werdenden Kanzlers zu finanzieren, immerhin auch noch mal 150.000 DM. Dort erklärt ein Redakteur des "Markt Intern"-Verlages, als sogenannte "Clearingsstelle" eingesprungen zu sein, damit...

"Weil H. Maschmeyer naturgemäß Probleme damit hat, wenn denn nun ein zweites Mal herauskäme, dass er Herrn Schröder persönlich finanziell unterstützen wolle, habe ich ihm angeboten, für ihn als Clearingstelle aufzutreten."

... so steht das in einem Brief, der dann wiederrum, und jetzt nähern wir uns mit großen Schritten Steinmeier, an die niedersächsische Staatskanzlei adressiert war, wenn denn auch konkret an eine leitende Beamtin dort, eine gewisse Bettina Raddatz. Die gibt auch zu, diesen Brief erhalten und ihn dann an Sigrid Krampitz weitergegeben zu haben, eine Schröder-Vertraute, aber eben zum Beispiel auch ehemalige WG-Mitbewohnerin von Frank-Walter Steinmeier, damals außerdem der Boß von Bettina Raddatz.

Das alles geht aber immer noch haarscharf an Steimeier vorbei. Die Einschläge kommen näher, aber wirklich direkt in Verbindung gebracht werden kann er damit nicht. Trotzdem hätte ich mich nicht mit den Worten zitieren lassen...

„Ob überhaupt, von wem und an welchen Empfänger Geld überwiesen wurde, entzieht sich meiner Kenntnis.“

... das hat Steinmeier "Panorama" schriftlich mitgeteilt

... denn erfahrungsgemäß verwandeln sich dergleichen entschiedene Dementis rasch in tödliche Schrapnelle. Tatsächlich muss man Steinmeier jetzt nicht mehr nachweisen, dass er an einer illegalen Handlung beteiligt war, und ob es überhaupt einen Gesetzesverstoß gab- das prüft man nämlich noch. Jetzt muss man nur noch zeigen, dass er sehr wohl Bescheid gewußt hat. Und schon deswegen hätte ich nicht wieder dieses "entzieht sich meiner Kenntnis" benutzt, da muss ich gleich wieder an den Fall Kurnaz denken.

Es kommt mir entsprechend auch nicht wie eine echte Überraschung vor, dass sein Kürzel auf diversen Papieren auftaucht, die naheliegen, dass Steinmeier von den Spenden in etwa genau wenig wußte wie über Murat Kurnaz. Also alles. Das zumindest verlautet jetzt aus der niedersächsischen Staatskanzlei, die sich an die Aufklärung der Affäre gemacht hat.

Ich fange wirklich an, mir Sorgen über das Langzeitgedächtnis unseres Fraktionsvorsitzenden zu machen. Und um seine Gesundheit im Allgemeinen, denn noch mehr Organe sollte er wirklich nicht spenden. Allerdings wird er anders aus dieser Geschichte nicht mehr rauskommen. Da ist ein ganzer Schwarm rückhaltloser Aufklärer unterwegs - immer noch in Trauer um einen gewissen ehemaligen Verteidigungsminister.

Ich werde dann schon mal an einem tränenreichen Artikel über den Rücktritt des besten Kanzlerkandidaten seit 30 Jahren arbeiten. Also Björn Engholm: Der ist auch an einer dieser blöden Gedächtnislücken gescheitert. Ob Steinmeier wenigstens beim Zurücktreten mit ihm mithalten kann, bleibt abzuwarten.

Und jetzt das Wetter.

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