Bevor ich mir eine Woche Auszeit auf Sansibar gönne, werde ich noch zwei Tage in der Hauptstadt, in Dar Es Salaam verbringen und so begebe ich mich mit etwas Wehmut auf die letzte Busfahrt in Tansania. Hin und wieder tauchen vereinzelt Verkehrszeichen auf, wir nähern uns wohl langsam aber doch der Zivilisation. Unser Bus wird links und rechts überholt- gleichzeitig. Mein T-Shirt klebt am Sitz, ich schwitze. Draußen dürfte soeben ein Waldbrand gelöscht worden sein, Rauch qualmt aus der Erde. Frauen waschen Kangas in rotbraunen Wasserlacken, ein paar Männer fliehen vor der Mittagssonne unter den Schatten von Kakteen. Ein Greis schlägt mit einem Stock auf sein Bein, immer und immer wieder. Plötzlich bleibt unser Bus abrupt stehen- eine Kuhherde versperrt uns den Weg. Während wir warten, werden uns getrocknete Insekten in kleinen Plastiksäcken angeboten. Es finden merkwürdig viele Polizeikontrollen statt, doch es wird immer nur der Führerschein des Busfahrers verlangt. Dass sich im Bus etwa doppelt so viele Passagiere als erlaubt befinden, ist ihnen offensichtlich egal. Wir fahren durch einen Nationalpark, ich sehe Zebras, Giraffen, Nashörner und Affen, doch außer mir scheint das keinen zu interessieren. Im Fernsehen wird ein Fußballspiel aus Salzburg übertragen. Das Kind schräg hinter mir berührt mich gemeint unauffällig und blickt daraufhin ungläubig auf seine Handfläche. Neben mir sitzt eine dicke Frau, die ununterbrochen isst. Ihr Geschmatze ist unerträglich. Ich versuche mich auf andere Dinge zu konzentrieren, zähle die Palmen am Straßenrand, doch nach 394 wird es mir zu bunt. Wie dumm, dass sich mein iPod im Koffer befindet. Bei der nächsten Raststätte kaufe ich mir Proviant, um das Geschmatze der Frau zu übertönen, doch weder Bananenchips, trockenes Brot und nicht einmal Äpfel zeigen ihre Wirkung. Es ist, als liefern wir uns einen Wettkampf, wer lauter isst. Ich bin heilfroh, als sie aussteigt. Und mein Magen auch. Hungern werde ich die nächsten Tage definitiv nicht mehr.
Bereits zu Beginn meines Aufenthalts vor zwei Monaten war ich in der Dar Es Salaam, doch dieses Mal nahm ich den Besuch komplett anders wahr. Die afrikanische Kultur ist mir jetzt gar nicht mehr fremd und ich fühle mich irrsinnig wohl inmitten der quirligen, lauten Menschenmassen. Bloß an eine Sache kann ich mich immer noch nicht gewöhnen: Da ich weiß bin, werde ich von jedem, wirklich jedem angesprochen. Ich war müde von dem langen Einkaufsbummel auf den chaotischen Märkten, weshalb ich beschloss, ein paar Stunden am Strand zu rasten. Doch an Ruhe war absolut nicht zu denken, alle paar Minuten gesellte sich eine neue Person zu mir. Anfangs machte es mir noch Spaß von mir zu erzählen, doch nachdem man 33 Mal das gleiche Gespräch führt (zuerst nenne ich meinen Namen und meine Herkunft, danach stelle ich klar, dass ich nicht aus Australien, sondern aus Österreich komme, erkläre den Unterschied zwischen Australien und Österreich, begründe, warum ich alleine hier bin, verkörpere in den meisten Fällen noch, dass ich an einer Heirat nicht interessiert bin und sage, dass mich derjenige gerne besuchen kommen kann, ich jedoch das Flugticket nicht zahlen werde) ist es nun Mal genug. Tja, eine kleine Auszeit in Dar Es Salaam war mir wohl nicht gegönnt, zum Glück geht’s morgen Früh eine Woche ab auf Sansibar!
Unter dem Typen: „Sister, take a picture and tell the world, this is my office.“