iringa

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Nachdem ich eine großartige Zeit in Manda verbracht habe, begab ich mich auf die Suche nach einem Bankomaten. Tja und das stellte sich als gar nicht so einfach heraus, denn der Nächstgelegenste befand sich in der Stadt Njombe -wo ich ohnehin schon mehrmals war- genauer gesagt in etwa 250 Kilometer Entfernung. Mein Geld reichte ganz genau noch für die Busfahrt und für einen gegrillten Maiskolben als Wegzerrung aus. In Njombe angelangt sprintete ich zum nächsten Bankomaten, doch dieser spuckte kein Geld aus, weswegen ich es daraufhin beim Zweiten versuchte. Dort wurde mir gesagt, dass das gesamte Geld in allen Bankomaten der Stadt aufgebraucht war. Na toll, was sollte ich machen? Der Bus wartete auf mich, denn das nächste Ziel war Iringa, es war schon spät und ich wollte noch heute weiterfahren. Ich war verzweifelt und rannte zurück zur Busstation, wo weit und breit keine Spur von meinem Bus, inklusive Rucksack und Koffer, war. Einige Minuten später kam ein Mann auf mich zu „Mzwinga, Weiße, der Bus ist bereits gefahren, doch ich habe deinen Koffer und deinen Rucksack in unseren Bus geladen, wir fahren auch nach Iringa“. Ich war heilfroh, dass der andere Bus nicht einfach ohne meine sieben Sachen los gefahren ist, erklärte ihm kurz von meinem Problem und bat ihn, 10 Minuten auf mich zu warten, um mich auf die Suche nach Geld begeben zu können. Kein Problem, lass die Zeit, meinte er. Ich bat die Betreiber des Lokals, in dem wir bei unseren wöchentlichen Stadtbesuchen immer speisten, um Geld und glücklicherweise gaben sie mir ohne zu überlegen 30 000 Schilling, was in etwa 15 Euro entspricht. Ich versprach, das Geld sobald wie möglich zu überweisen und bedankte mich überschwänglich. Gut gemacht Carina, nun ab in den Bus nach Iringa, der, wie ich wusste, um die 10 000 Schilling kostete. So konnte ich mir auch vermutlich gerade noch ein Hotelzimmer leisten und am nächsten Morgen einfach Geld abheben gehen. Sorglos sprintete ich zurück zum Terminal, wo der Bus bereits an der Ausfahrt auf mich wartete. „Mzinga, Weiße, fuck you, we are waiting for you“. Ich entschuldigte mich, obwohl ich anstatt 10 Minuten nur 5 brauchte. Im Bus eingestiegen, verlangte der Mann plötzlich 25 000 Schilling, doch ich war mir hundertprozentig sicher, dass man nur 10 000 bezahlen musste. „Fuck you, 25 000 Schilling“ bekam ich als Antwort. Ich konnte unmöglich mehr als das Doppelte bezahlen, ausgerechnet heute, wenn ich kein Geld habe. Entschlossen, aber freundlich sagte ich, dass ich gerne aussteigen würde. Der Fahrer und die Gäste ignorierten mich und der Mann sagte „Nein, du kommst mit uns“. Ich bekam es mit der Angst zu tun und flehte den Busfahrer an, anzuhalten- doch keine Reaktion. Ich wurde hysterisch, brüllte. Der Mann jaulte die ganze Zeit „Fuck you“- ich höre die Stimme noch heute in meinem Kopf. Ohne nachzudenken ging ich zum Fahrer und hupte wie wild und endlich ließ er mich aussteigen. So schnell es mein Koffer und Rucksack erlaubten, hastete ich zurück zur Busstation, doch auch der Mann sprang aus dem Bus und folgte mir. Er schrie die ganze Zeit „Fuck you Mzinga“, er holte mich ein, ich hatte Angst. In diesem Moment hätte ich ihm alles zugetraut, ich fürchtete das erste Mal seitdem ich hier bin um mein Leben. Ich blieb stehen, hielt seinem Blick stand und nach einer gefühlten Ewigkeit verschwand er endlich. Aufgewühlt machte ich mich auf die Suche nach einem Bus, der mich um 12 000 Schilling nach Iringa brachte. Die Busreise war nicht weniger aufregend als die vorigen, doch schön langsam gewöhne ich mich daran. Ich war hungrig. Es war bereits 23.30 Uhr und ich hatte seit mehr als 12 Stunden nichts zu mir genommen. Ich kam mir unglaublich dürr und abgemagert vor, doch ich wusste natürlich, dass das Unsinn war. In Iringa angekommen, nahm ich das erstbeste Hotel und wollte mit meiner Bankomatkarte bezahlen, doch erfolglos. Ich war verzweifelt, versuchte jedoch, mir nichts anmerken zu lassen und versprach, das Geld morgen abzuheben. Ich schlief fast nichts, Alpträume plagten mich und ich befürchtete schon, irgendwie als blinder Passagier von Iringa nach Dar Es Salaam kommen zu müssen, denn das Flugticket hatte ich ja bereits. Nachdem ich endlich einschlief, wurde ich auch schon vom Muezzin geweckt, doch das störte mich weniger, denn endlich gab es das heißersehnte Frühstück. Es war ein schickes Hotel- zumindest für diese Verhältnisse. Die Bediensteten trugen Anzüge und auch die Gäste. Nur ich war mit einer Schlabberhose und einem weiten T-Shirt bekleidet, dafür hatte ich aber lackierte Fingernägel, was ich jedoch eh lieber bleiben hätte lassen sollen, denn ganz offensichtlich bin ich aus der Übung gekommen: Nagellack überall, auch auf der Nagelhaut. Im Fernsehen liefen Nachrichten. Gestern Abend geschah auf der Strecke von Njombe nach Iringa ein Busunglück- ganz viel Blut, viele Schwerverletzte, einige Tote. Ich weiß nicht, ob es der Bus war, der mir davongefahren war, doch auf alle Fälle hatte ich Glück im Unglück. Nachdem ich endlich wieder einen vollen Magen hatte, machte ich mich auf die Suche nach einem Bankomaten, doch keiner spuckte Geld aus, da es mir die österreichische Bank nicht erlaubt, wie am Monitor stand. Plötzlich wurde mir alles klar: vor ziemlich genau zwei Monaten bat ich meinen Bankbetreuer, es zu genehmigen, wenn ich die kommenden zwei Monate aus Tansania aus Geld abhob und diese zwei Monate waren vermutlich jetzt um. Jetzt konnte nur mehr meine Kreditkarte helfen, die ich nach einem 30-minütigem Herumgewühle endlich in meinem Koffer fand. Ich war immer ein bisschen paranoid was das Stehlen meiner Visa betrifft, weswegen ich sie immer gut gehütet zwischen Kleidung versteckte. Tatsächlich, meine Kreditkarte funktionierte, ich machte Luftsprünge, ein riesiger Stein, oder eher sogar ein Fels, fiel von meinem Herzen, ich war heilfroh und hob so viel Geld ab, wie ich es in den nächsten 1,5 Wochen niemals ausgeben konnte. Daraufhin kaufte ich alles was mein Herz begehrte: Fruchtsalate, Ciabattis, Eis, Chai und Kangas. Da ich mich nicht entscheiden konnte und gut gelaunt war, bin ich jetzt sieben bunt gemusterte Tücher reicher, doch was soll’s. Mit den Kangas ist es ähnlich wie mit den Visitenkarten vom Film American Psycho: Sehe ich einen schönen, muss ich in haben. Nur bringe ich die Frauen, die sie tragen, natürlich nicht um. Ich machte mir eine gemütliche Zeit ohne Stress und Hektik, schlenderte durch die Straßen, knipste dutzende Fotos von Einheimischen, die mich baten, doch ein Foto von ihnen zu machen, besuchte chaotische Märkte, kehrte dann und wann in ein Lokal ein, die ich anfangs noch irrsinnig abschreckend fand, mittlerweile jedoch über alles liebe, flanierte in Parks, in denen es nach frisch gemähten Gras roch. Tatsächlich, ich sah einen Rasenmäher, offensichtlich nähere ich mich Schritt für Schritt der Zivilisation. Seit Wochen hatte ich wieder einmal Wifi Zugriff auf meinem Handy und natürlich stalkte ich wie eh und je auf Instagram. Diese Welt kam mir plötzlich so anders vor, so oberflächlich. Versuchen wir mit Dingen wie Instagram und Co. von den wahren Problemen der Welt abzulenken? Versuchen wir mit Kleidung und Make-up das wahre ich zu verbergen? Sind wir in Wirklichkeit einfach nur ängstlich und feige? Und doch weiß ich insgeheim, dass ich in wenigen Tagen auch wieder voll und ganz zu dieser Welt dazu gehören werde... Dann fand ich durch Zufall eine Werkstätte für Menschen mit besonderen Bedürfnissen. Sie bastelten und verkauften wundervolle Dinge und hatten ein bezauberndes Café, in dem ich vor lauter Gier viel zu viele, dafür aber unglaublich köstliche Dinge bestellte. Warum auch immer befanden sich in dem Lokal einige Weiße, vermutlich stand es als Insidertipp in irgendeinem Reiseführer. Wie dem auch sei, auf jeden Fall grüßten die mich unabhängig voneinander. Sie haben es bestimmt nur nett gemeint, aber ich fand es seltsam, denn nachdem ich sie eine Weile beobachtete fiel mir auf, dass sie bloß Weiße begrüßten. Ist das in fremden Ländern so? Grüßen sich Weiße und Weiße? Gibt’s da eine Regel von der ich noch nie etwas gehört habe? Grüßen sich beispielsweise in Österreich dann Schwarze und Schwarze? Ich weiß es nicht, aber ich find’s auf jeden Fall komisch. Warum können nicht alle Menschen die gleiche Hautfarbe haben? Doch dann würde man sich vermutlich auf andere Merkmale konzentrieren und das würde die Sache auch nicht einfacher machen. Am besten wäre es einfach, jeder akzeptiert den anderen, wie er ist. Egal ob schwarz oder weiß, dick oder dünn, hetero- oder homosexuell, weiblich oder männlich, egal ob der Mensch Narben hat, buschige Augenbrauen, eine knollige Nase, unreine Haut, von Sommersprossen überseht ist, haarige Unterarme, schütteres Haar. Denn was ist schon normal in dieser Welt?iringa
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