CLOSE ENCOUNTERS OF THE THIRD KIND
(dt.: Unheimliche Begegung der dritten Art)
Steven Spielberg, USA 1977
Zarte 14 Lenze zählte ich, als ich von diesem Film wie von einer Bombe getroffen wurde. Spielbergs friedliche Utopie übte damals eine gewaltige Faszination auf mich aus, vor allem dank der bahnbrechenden Special Effects.
Eine Neuvisionierung, zusammen mit meinen Teenie-Kids zeigte erstaunliche Wirkung: Nicht nur ich fand die Effekte noch fast genauso überzeugend wie damals, auch meine Sprösslinge zeigten sich tief beeindruckt.
Dazu kommt: Der Film ist handwerklich einfach verdammt gut gemacht!
Rätselhafte Ereignisse spielen sich am Himmel über den USA und Mexiko ab. Zahlreiche Leute beobachten merkwürdige Himmelsphänomene, haben Begegnungen mit gleissenden Flugobjekten (überhaupt ist Close Encounters ein „Film des Lichts“), in Mexikos Wüste tauchen plötzlich Bomber auf, die im zweiten Weltkrieg verschollen sind – freilich ohne Besatzung. Der Elektriker Roy Neary (Richard Dreyfuss) will nach einer solch „unheimlichen Begegnung“ mit einem UFO mehr wissen, als die Vertreter der Regierung zu verraten bereit sind. Mit beharrlicher Sturheit setzt er sich über amtliche Weisungen hinweg, um herauszufinden, was ihn da auf einer einsamen nächtlichen Dienstfahrt so in Schrecken und Staunen versetzt hat – und was ihm die seltsame Visionen in den Kopf gesetzt hat, die ihn seither quälen und ihn für seine Familie mehr und mehr zu einem Fremden, fast ist man geneigt, zu sagen: zu einem Alien, machen.
Parallel zu Nearys Unternehmungen wird gezeigt, wie Vertreter des Militärs und der Wissenschaft, angeführt durch den Franzosen Lacombe (François Truffaut), langsam aber sicher zur Erkenntnis gelangen, dass die Kontaktaufnahme durch eine ausserirdischen Zivilisation unmittelbar bevorsteht, ein Ereignis, das unter allen Umständen geheim gehalten werden soll.
Diese beiden Handlungsfäden werden lange Zeit, zusammen mit einem dritten, Nearys Geschichte ähnlichem Erzählstrang äusserst geschickt parallel geführt, bis sie am Schluss zusammenlaufen und in eine der eindrücklichsten Special Effects-Sequenz der Filmgeschichte münden.
Spielbergs Geschichte eines ausserirdischen Besuchs (den man getrost als ET-Prototyp bezeichnen darf) glänzt durch eine suggestive Bildsprache (gerade auch da wo die UFOs nicht im Bild sind). Die Bilder sind sorgfältig komponierte lebendige Tableaus und bieten fast durchs Band nicht nur einen enormen Schauwert, sondern kommentieren das Geschehen oft durch geistreiches Zitieren aus der Filmgeschichte oder durch subtiles Abrufen eines gesellschaftspsychologischen Kontexts. Äusserst positiv fiel mir bei der Neuvisionierung auf, dass der Film sein Thema wohltuend nüchtern abhandelt und relativ selten in sakrales Geraune verfällt. Ein – zwei Mal schwingt sich das Sopranregister in John Williams Filmmusik in gefährlich ekstatische Höhen, was aber eher die Ehrfurcht vor der schieren Grösse evozieren soll, mit der das Universum die Erde und seine Bewohner zu Krümeln auf seinem Matelsaum zurechtstutzt, als eine Heilsbotschaft zu zelebrieren. Eine solche hat Spielberg wohlweislich vermieden.
Von dem Film existieren drei Versionen: Die Ur-Fassung von 1977, die erweiterte Fassung aus den Achtzigerjahren und eine Mischversion aus den beiden Vorhergehenden, die Spielbergs ursprüngliche Intentionen umsetzt. Die zweite, erweiterte Version des Films enthielt ein geändertes Filmende, das Spielberg vom Columbia offenbar aufgezwungen wurde. Das neue Ende, welches Neary im Innern des UFOs zeigte, war allerdings katastrophal unpassend. Es unterlief das Prinzip des Films, möglichst wenig zu zeigen und so eine beständige Atmosphäre des Geheimnisvollen zu bewahren. Jahrelang war der Film nur noch in dieser den Film herunterziehenden Fassung zu sehen. Jetzt wurde die störende Schlusssequenz zum Glück wieder entfernt. Die offizielle DVD enthält den Film, wie Spielberg in eigentlich geplant hatte, mangels ausreichender finanzieller Mittel aber nicht realisieren konnte (er stand da gerade mal am Beginn seiner Karriere). Erstaunlicherweise unterscheidet sich diese endgültige Version nur unwesentlich und in wenigen Sequenzen von der Urfassung. Besagte Sequenzen wurden der Zweitfassung aus den Achtzigerjahren entnommen: Die eine zeigt den Fund eines Flugzeugträgers in der Wüste Gobi, die andere zeigt den Schatten eines Flugobjektes, der über Nearys Truck huscht. Beide sind äusserst wirkungsvoll, tragen aber nichts Wesentliches zum Film bei.
Eine seltsam unnötige Pseudo-Horrorsequenz in der Mitte des Films stört zwar kurzzeitig den Grundton, vermag das Vergnügen an diesem grandiosen Film aber zum Glück nur marginal zu trüben.
9/10