„The Tick“, Pilotfolge: Superheld mit Fühlern

Amazon als Streamingplattform bittet seine Zuschauer erneut darum, einige Pilotfolgen zu sichten und zu entscheiden, ob das jeweilige Konzept eine Zukunft als Serie hat oder nicht. Einer dieser Test-Piloten ist die Superheldenparodie „The Tick", deren Entstehungsgeschichte bin ins Jahr 1986 zurückreicht, fast ein Jahrzehnt vor der Gründung Amazons.

Im Jahr 1986 entwickelte der damals 18-Jährige Ben Edlund für ein Geschäft der Comicladenkette New England Comics ein Maskottchen, das die Superheldenthematik ein bisschen auf die Schippe nehmen sollte: The Tick. Der seltsame Superheld im engen blauen Anzug und mit zwei ebenso blauen Fühlern auf dem Kopf erfreute sich bald so großer Beliebtheit, dass der Comicladen die Herausgabe einer Comicserie über The Tick finanzierte. Nach einer Weile wurde auch das Fernsehen aufmerksam. 1994 produzierte der US-Sender Fox eine Zeichentrickserie rund um The Tick, die in drei Staffel lief und auch in Deutschland ausgestrahlt wurde. Ich erinnere mich tatsächlich vage daran, die eine oder andere Folge gesehen zu haben, allerdings weiß ich auch noch, dass ich die Serie nicht besonders mochte. 2001 entstand die erste Realserie mit The Tick, ebenfalls auf Fox, die aber vom Publikum nicht angenommen wurde. Nach gerade einmal neun ausgestrahlten Episoden verschwand The Tick wieder von den Bildschirmen. Nun also der neue Versuch.

Story

Arthur Everest (Griffin Newman) ist ein junger Mann, der seit einer üblen Begegnung mit dem Schurken The Terror (Jackie Earle Haley) unter großen psychischen Problemen leidet. Während die ganze Welt glaubt, dass The Terror von dem Superhelden Superian (Brendan Hines) vernichtet wurde, ist Arthur fest davon überzeugt, dass die Horrorgestalt seiner Kindheit noch lebt und im Verborgenen operiert. Als er auf der Suche nach Beweisen einige Waffenschmuggler observiert, lernt er den Superhelden The Tick (Peter Serafinowicz) kennen, der nicht nur ein ungewöhnliches Kostüm trägt, sondern auch sehr blumig spricht und nicht besonders durchdacht vorgeht. The Tick, der stark wie eine „Bushaltestelle voller Männer" und dazu noch unzerstörbar ist, beschließt, Arthur zu seinem Sidekick zu machen. Arthur wiederum fragt sich, ob The Tick womöglich nur in seiner Fantasie existiert.

Erste Eindrücke

Als die Figur The Tick erfunden wurde, war die Superheldenwelt noch eine andere. Auch 2001, als die erste Real-Serienumsetzung auf Sendung ging, sah der Superheldenkosmos etwas anders aus als heute. Inzwischen hat sich Hollywood schon fast durch das gesamte Superhelden-Alphabet gearbeitet: Ant-Man, Batman, Captain America, Doctor Strange (kommt diesen Oktober) ... bis hin zu den X-Men. Diese zahlreichen Verfilmungen, ihre Stärken und Schwächen, die Resonanz, die sie hervorgerufen haben, beeinflussen den neuen Auftritt von The Tick. Die Serie will nicht die Superheldenwelt von 1986, sondern von 2016 parodieren. Daher hat Schöpfer Ben Edlund seine Figur und das Konzept für die neue Amazon-Serienversion angepasst. Mit irgendwie schwer definierbarem Ergebnis.

Die Welt, in der diese Serie spielt, ist recht düster und ein wenig verstörend. Hier werden Superhelden auch schon mal von ihren Gegnern mit Syphilis-Bakterien des Augenlichts beraubt und dann kaltblütig erschossen - vor den gut sehenden Augen eines Kindes. Das klingt nicht unbedingt nach einer Parodie, sondern schon eher nach einer Serienversion von „Watchmen". Die eigentliche Hauptfigur ist, zumindest in diesem Piloten, auch nicht The Tick, sondern Arthur, ein psychisch schwer angeschlagener Außenseiter, der einem Bösewicht nachjagt, den der Rest der Welt für tot hält. Als The Tick schließlich auftaucht, lernen wir ihn als einen megastarken, leidlich intelligenten Superhelden kennen, der quasi in seiner eigenen Welt lebt, einer Welt der großen Momente und ausschweifenden Reden. Für alle anderen, die nun einmal nicht kugelfest sind, ist die Welt aber eindeutig nicht so blumig-episch.

Es gibt durchaus Humor, aber es ist kein lockerer, befreiter, sondern eher zynischer Humor. War diese Neuinterpretation des Konzeptes wirklich notwendig, um im Jahr 2016 anzukommen? Offenbar wird hier versucht, die Selbstironie der Marvel-Filme rund um die Avengers und die Düsternis der DC-Filme mit ihrem dunklen Ritter Batman irgendwie zu verknüpfen. Ich bin mir nicht sicher, ob das funktioniert oder überhaupt der richtige Weg ist. Viele Fans des klassischen „The Tick"-Stoffes dürften jedenfalls erst einmal etwas geschockt sein. Es bleibt ein zwiespältiger Eindruck zurück. Qualität ist durchaus zu sehen, bei den Schauspielern, den Kulissen und den Dialogen, aber es ist nicht wirklich erkennbar, wohin das ganze Konzept steuert.

(Bild: Amazon)

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