USA 1949
Mit Olivia De Havilland, Ralph Richardson, Montgomery Clift, Miriam Hopkins, Vanessa Brown, u.a.
Drehbuch: Ruth Goetz und Augustus Goetz nach ihrem gleichnamigen Bühnenstück
Regie: William Wyler
Musik: Aaron Copland
Genre: Drama
Dauer: 115 min
Farbe: Schwarzweiss
Inhalt / Hintergrund:
The Heiress ist die Verfilmung eines amerikanischen Bühnenstücks aus dem Jahre 1947, dem wiederum ein Roman von Henry James aus dem Jahr 1887 zugrunde liegt („Washington Square“).
Der verwitwete Arzt Dr. Sloper (Ralph Richardson) lebt mit seiner Tochter Catherine (Olivia De Havilland) und seiner ebenfalls seit kurzem verwitweten Schwester Lavinia (Miriam Hopkins) in einem grossen Herrschaftshaus am Washington Square in New York. Wir befinden uns in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Catherine ist eine scheue, trotz ihrer Jugend alt wirkende Jungfer; als einziges Kind der Slopers wird sie einst viel Geld erben.
Als ihr nun der junge Morris Townsend (Montgomery Clift) den Hof zu machen beginnt, schöpft der Vater sogleich Verdacht, es mit einem Schwindler zu tun zu haben, der nur auf Catherines Erbe aus ist – anders kann der hartherzige Arzt sich das Interesse für seine „langweilige, ungeschickte Tochter, die noch von keinem Mann beachtet wurde“ nicht erklären. Doch Catherine blüht auf – endlich werden ihre Mädchenträume vom romantischen Liebhaber wahr. Unterstützt wird sie darin von ihrer Tante.
Ist Morris Townsend der Tunichtgut, für den ihn der Vater hält? Es scheint tatsächlich alles darauf hinzudeuten…
The Heiress lief 1950 als Die Erbin auch in den deutschsprachigen Kinos.
Mein Senf:
The Heiress ist ein Gesellschaftsbild aus einer anderen Zeit; man kann mit Recht sagen, der Inhalt sei heute kaum mehr von Relevanz. Aber ach! Was würde man verpassen, legte man diesen Film damit unbesehen zur Seite! The Heiress ist Filmkunst auf höchstem Niveau (was eigentlich für jeden einzelnen Film des unterschätzten William Wylers gilt). Wyler inszeniert subtil, nicht mit grossen Effekten und visuellen Donnerschlägen wie etwa sein Kollege Hitchcock. Bei ihm fügt sich jede Geste, jede Einstellung, jeder Schattenwurf in ein Gesamtkonzept, eine Choreografie ein, die Wylers Filme eine unglaubliche Lebendigkeit und Harmonie verleihen. Doch da ist noch mehr. Subtil auch die Aufstellungen der Figuren vor der Kamera, das räumliche Verhältnis zueinander, der Winkel, aus dem sie beobachtet werden. All dies evoziert beim Zuschauer feinste Assoziationen.
Wyler überliess nichts dem Zufall (er war für seinen Perfektionismus gefürchtet und verhasst) und achtete stets darauf, dass Charaktete und damit die Schauspieler im Zentrum standen – und nicht die Regie.
Hier kann man zwei grandiose schauspielerische Leistungen zu bewundern, jene von Olivia De Havilland und jene von Ralph Richardson. Aber auch die Leistungen aller anderen Akteure und Aktricen können sich sehen lassen. De Havilland hingegen wird man in dieser Rolle wohl nicht mehr vergessen: Ihr Portrait einer alten Jungfer ist psychologisch fundiert, überzeugend und derart intensiv und herzzerreissend, dass man kaum glauben mag, diese Frau schon in gänzlich anderen Rollen gesehen zu haben. Sie erhielt dafür verdienterweise einen Oscar.
The Heiress ist ein perfekter Film, in dem alles stimmt; für mich gehört er zu den Meisterwerken des US-Kinos.
Veröffentlichung / Verfügbarkeit:
Eine DVD-Veröffentlichung dieses Filmklassikers gab es bei uns mal – inzwischen ist sie aber vergriffen und kann nur noch antiquarisch bezogen werden – zu oft überrissenen Preisen. Die britische DVD ist allerdings noch erhältlich – und sie enthält sowohl die deutsche Tonspur als auch deutsche Untertitel, für alle, die den Film in der Originalsprache geniessen möchten. Im Stream ist der Film im deutschsprachigen Raum leider nicht verfügbar.
Das Drehbuch: 10 / 10
Die Regie: 10 / 10
Die Schauspieler: 10 / 10
Gesamtnote: 10 / 10
Der Trailer