Donnerstag, 07. März 2013: Besuch der Finca Rosario Quezada, Reserva Natural Privada, San Sebastian, Department Quetzaltenango
Hintergrund: Teilnahme an einer einmaligen SCAE-Kaffee-Exkursion nach Guatemala. Organisiert von ANACAFÉ, der »Guatemalan National Coffee Association« mit Sitz in Guatemala City. Das Programm sollte den Besuch von großen und kleinen Kaffeefarmen, eine Unterrichtung in die Aromenvielfalt und Profile der acht verschiedenen Spezialitätenkaffee-Regionen des Landes sowie in die Weiterverarbeitungsprozesse – Nass- und Trockenaufbereitung – nach der Kaffeeernte umfassen.
Schlecht geschlafen. Bei vier schmarchenden Kollegen nicht verwunderlich Um 05:00 Uhr aufgestanden. Bevor die Reise zur nächsten Finca weiter ging, wollten wir den Sonnenaufgang mit Blick auf den aktiven Volcano Fuego erleben. Um 05:30 Uhr fuhren wir vor dem Morgengrauen mit zwei Off-Road-Fahrzeugen, auf der Pritsche stehend, die steilen Berghänge des Atitlán Volcano hoch.
Nach einer halben Stunde Fahrt hatten wir eine Anhöhe erreicht, die uns eine unglaubliche Sicht auf die gegenüber liegenden Vulkane (Acatenango Volcano und den aktiven Fuego Volcano) erlaubte. Mit gezückten Kameras erwarteten wir ein einmaliges Naturschauspiel. Für uns Europäer. Ein erster roter Lichtstreifen hinter den Vulkanen erklomm den Horizont. Vor uns die tief grünen Kaffeeplantagen und frisch riechenden Wälder. Nur das Zirpen der Grillen war zu hören. Uns lief ein Schauer über den Rücken.
Das Rot vertiefte sich und wurde von hellen Orangetönen verfolgt. Ein einzigartiges Licht. Eine traumhafte Kulisse. Mit dem immer stärker aufkommenden Sonnenlicht sahen wir den aufsteigenden Rauch aus dem aktiven Fuego Volcano. Eine kleine Wolke gesellte sich dazu und verlängerte so die Rauchfahne und präsentierte ein Bild für uns, das wir wie angewurzelt stehen blieben. Mit geöffneten Augen und Mündern.
Wir waren sprachlos. Nach einer halben Stunde blitzte Aurora hinter dem Vulkan hervor und stellte schließlich ihre ganze Größe und Schönheit zur Schau. Ein unvergeßliches Erlebnis, im digitalen Bild festgehalten, das ich wohl nie vergessen werde.
Nach dem Frühstück fuhren wir dann nach Retalhuleu, in Richtung mexikanische Grenze. Es wurde immer wärmer. Die Temperaturen erreichten jetzt schon die Marke von 30 °C. Mittags trafen wir auf der Rosario Quezada Farm ein.
Begrüßt von der Familie Raida (Vater & Töchter) entdeckte ich meinen ersten Mosquito-Stich. Ich wurde kreideweiss. Alan Andrews, mein irischer Kollege, gab mir sofort eine Tablette und fragte, ob mir schon anders würde. Ich verneinte. Die Raidas lachten und beruhigten uns sofort.
»Die Mosquitos sind hier harmlos, da sie nicht aus schlechtem Wasser kommen.« Ich war erleichtert. Es gesellte sich noch so mancher Mosquitostich auf der Reise dazu, der etwas juckte. Aber nicht mehr tat, als unsere gemeinen Mückenstiche.
Auf der 109 Hektar großen Farm, die zu den ältesten in Guatemala gehört, werden zu je ein Drittel Kaffee und Latex angebaut und zu ein Drittel Rinderzucht betrieben. Die Farm hat eine Nass- und Trockenaufbereitung, um die eigene Kaffeequalität zu sichern. Es werden Columbia, eine Abart der Catimor Varietät (26 Hektar) sowie Caturra und Catimor (26 Hektar) und Catuai und Bourbon (21 Hektar) angebaut. Alle in Prime und Extra Prime Qualität.
Nach der Führung durch die Plantage erlebten wir ein kleines feines Kulturprogramm mit dem Besuch der Takalik Ab´aj Ausgrabungsstätte. Die einzige Stelle an der Relikte der beiden Olmeken und Maya-Kulturen zu sehen sind. Finanziert und unterstützt duch Dulce Raida, dem Eigner der Rosario Quezada Farm.
Beim abendlichen Cupping probierten wir zwei Kaffees aus der eigenen Ernte. Der Kaffee hatte keine Süße, keine Säure, war ausgeprägt nussig im Aroma, vollmundig im Abgang. Eine gute Beimischung für Espressomischungen, die Süße haben und ausbalanciert werden müssen, wie ich fand.
Freitag, 08. März 2013: Besuch Dry Mill & Exporteur Fedecocagua, Pacaya
07:00 Uhr war Abfahrt. Es ging wieder in Richtung Westen. Bis Pacaya, das südlich von Guatemala-City liegt. Hier bei der Genossenschaft »Fedecocagua« konnten wir zum ersten Mal mit erleben, wie die grünen Bohnen aus den Pergaminos aufbereitet wurden.
Fedecocagua wurde 1969 gegründet. Der Dachverband entstand aus der Notwendigkeit der Kleinbauern sich in Kooperativen zu organisieren, um Kaffee anzubauen, zu verarbeiten und zu kommerzialisieren. Ohne dabei auf Zwischenhändler angewiesen zu sein. Heute ist Fedecocagua eine erfolgreiche und anerkannte private Genossenschafts-Organisation, der in Kooperativen organisierten Kaffeeproduzenten. Sie verfügt über eine eigene Exportlizenz.
Die Kooperativen und Fedecocagua bieten tausenden guamaltekischen Familien direkte Arbeitsmöglichkeiten. Fedecocagua ist auf dem konventionellen Kaffeemarkt sowie auf speziellen und herkunftszertifizierten Märkten vertreten. Mit ihrem Gourmetkaffee kooperieren sie mit der Starbucks Company, Rainforest Alliance, UTZ Kaffee u.a. Die soziale Unterstützung der Produzenten war von Beginn an ein wichtiges Anliegen. Geleistet wird das vor allem durch die Stiftung Ulrich Gurtner Kappeler.
Der Prozess der Trockenverarbeitung.
In einigen Fällen wird der Kaffee in regionalen Lagerhallen entgegen genommen. Den Transport zur Zentrale übernimmt Fedecocagua. Hier wird der Kaffee gelagert, klassifiziert und für den Export verarbeitet.
Direkt bei der Anlieferung werden die Säcke mit den Pergaminos gewogen und von jedem Sack wird eine sprichwörtliche Stichprobe entnommen, womit der Feuchtigkeitsgehalt des Kaffees gemessen wird. Es wird auf fleckige, feuchte und schlecht riechende Bohnen geachtet. Normalerweise sollte der Feuchtigkeitsgehalt zwischen 10 und 12 Prozent liegen. Über 12 ist der Kaffee zu feucht, unter 10 zu trocken.
Die Säcke werden geöffnet und die Pergaminos kommen in die Schälmaschine (Huller). Die frisch geschälten Grünbohnen werden zunächst nach Gewicht und dann nach Größe und Farbe maschinell sortiert.
Per Hand wird in einem letzten Gang noch einmal nachsortiert, um fehlerhafte Bohnen auszusortieren. Schlußendlich wird der Rohkaffee/Green Beans in nummerierten Leinensäcken nach Land, Exporteur und Container für den Export abgefüllt.
Cupping im Fedecocagua Kontrolllabor, das den Standards der weltweit besten Labore entspricht.
Unter der Anleitung von Gustavo Galicia, Leiter der Herstellung und Ausfuhr, bekamen wir die Möglichkeit die acht ausgewählten Kaffees für das geplante »Coffee Cup Contest« 2013 von »Tully´s Coffee« in Japan zu verkosten. Ein besondere Ehre, die uns da zu Teil wurde.
Die Muster stammten aus der Ernte 2012/2013 von acht Kooperativen:
»Las Brisas«, »Rio Limon«, »Esperanza del Futuro«, »Aquil«, »San Pedro Necta«, »Pena Roja«, »Acatenango«, »Nuestro Futuro«.
Alle Kaffees waren deutlich unterschiedlich und sie waren phantastisch. Besonders herrausragend waren für mich persönlich, die Kaffeemuster aus den folgenden drei Kooperativen: »San Pedro Necta«, »Pena Roja« sowie »Acatenango«.
Besuch Finca La Merced, Nähe San Martín, Jilotepeque, Department Chimaltenango
Nun ging es in Richtung Norden auf unserer Exkursion. Durch Guatemala-City hindurch fuhren wir bis nach San Martín im Department Chimaltenango.
Dort auf einer Höhe von 1.600 bis 1.800 m liegt die 70 Hektar Finca »La Merced« von Ing. Juan Luis Barrios Ortega. Ortiga ist gleichzeitig im Board von Anacafé in Guatemala-City tätig. Und er ist ein sehr engagierter und leidenschaftlicher Farmer, um einen nachhaltigen und qualitativ hochwertigen Kaffeeanbau sowie die Sicherung der wirtschaftlichen Existenz der Farm zu betreiben. Jeder der großen Familie (Onkel, vier Tanten, viele Neffen) hat Anteile an dieser Farm, denen Ortega gegenüber Rechenschaft ablegen muss.
Ortega hatte in den letzten Jahren ein Umstrukturierungsprogramm eingeleitet, das in den nächsten Jahren Früchte tragen muss. Es soll ausschließlich ein selektives Picking betrieben werden. Nur die richtig reifen dunkelroten Kirschen werden gepflückt. Mit Unterstützung von Anacafé wurde eine Nassaufbereitungsanlage/Wet Mill speziell auf seinen Bedarf hin konstruiert und installiert.
Es ging los. Mit zwei Pick-ups fuhren wir in die Plantage und konnten erstmals einen Nassaufbereitungsprozess live mit erleben.
Die Pflücker kamen gerade mit den LKWs mit ihren frisch gepflückten roten Kirschen vorgefahren. Erst wurde gewogen.
Dann wurden die Kirschen direkt in ein großes Auffangbecken geleitet. Weiter kamen sie in den Syphon, um erstmals gewaschen zu werden. Von dort gelangten sie direkt in den Entpulper.
Die Pulpe (40 % der Kirsche) wurde dabei separiert und auf einen weit entfernten Kompostierplatz entsorgt und sauber kompostiert. Die Kompostierplatz roch tatsächlich nach frischer Erde.
Mit Hilfe einer Wasseraufbereitungsanlage kann das Wasser für den Weiterverarbeitungsprozess zwei Mal verwendet werden. 11.000 Liter für 6.000 kg. Dann wird es recycled. Nur beim allerletzten Schritt wird frisches Wasser nach der Fermentation eingesetzt. Dann werden die sauberen Pergaminos auf den Patios unter der Bedingung einer regelmäßigen Wendung sonnengetrocknet.
In den 50er Jahren begann Ortegas Großvater mit dem Anbau von Kaffee. Es gibt noch über 60 Jahre alte Bourbon und Typica Gewächse aus den Anfängen der Farm, die immer noch gute Früchte tragen.
Aber auch hier nahm und nimmt Ortega Veränderungen vor. Da wo früher sehr großzügig – mit sehr großen Abstand (2 bis 3 m) – gepflanzt wurde, wird künftig zwischengepflanzt. 20 % der nicht mehr ertragreichen oder im frühen Stadium mit Rostpilzbefallenen Pflanzen wurden abgeholzt.
Aktuell wurden 109.000 neue Pflanzen (Bourbon, Caturra, Catuai) in der eigenen Baumschule hochgezogen. Übrigens ohne Pfropfung (Grafting) auf Robusta Stecklinge. Durch die Hochlage der Finca und den niedrigeren Temperaturen sind die Pflanzen resistenter als in niedrigeren Lagen. Die Plantage wie die Baumschule sahen phantastisch aus: sauber, grün, gesund. Wir waren begeistert.
Bei der aktuellen Ernte wurden drei Container à 320 Sack à 69 kg Rohkaffee (Green Beans) abgesetzt. Das Potenzial liegt bei 4 Containern, die durch das Umstrukturierungsprgramm derzeit nicht realisiert wurden. Hauptabnemer sind Kunden in den USA. In Zukunft möchte Ortega mehr direkt absetzen, auch nach Europa. Erste Kunden hat er in Norwegen und Irland.
Seine Preise lagen durchschnittlich bei 3.25 USD bis 3.30 USD FOB per lb of grean bean (amerikanisches Pfund). FOB bedeutet »Free on board«, der Rohkaffee/Green Bean wird bis zum Schiff geliefert.
Noch am Abend fuhren wir mit dem Bus nach Antigua. Übernachtung im vornehmen Hotel Porta.
Fortsetzung folgt: Besuch der Finca San Sebastian (Antigua) und Finca El Socorro (Guatemala)