Talk To Me

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Gitarrenstimmen kann etwas Meditatives haben. Das Warten auf einen bestimmten Anruf hat eben das nicht, besonders wenn die vereinbarte Zeit schon wieder längst überschritten ist. Allerdings habe ich mich auch schon mit allzu dynamischen Saiten herumgeärgert, die einfach den verordneten Ton nicht halten wollten oder über Stimmmechaniken die ihr autonomes Eigenleben führten. Sehr weit heran an das vergebliche Warten auf das Telefonklingeln, kommt das Stimmen einer 12- saitgen Gitarre, da die dünneren Oktavsaiten schwieriger zu zähmen sind als die etwas dickeren Kollegen. Im Moment sehe ich das Gitarrenstimmen eher als Therapie, die Ruhe zu bewahren, weil das Telefon wieder mal stumm bleibt. „Ich melde mich morgen, kann aber später werden.“ Zum Glück verfüge ich über eine beträchtliche Anzahl von Gitarren, Akustische wie Elektrifizierte. Man erlangt eine gewisse Genugtuung, wenn die Saiten wieder im Einklang schwingen, die Akkorde sauber perlen, Melodieläufe wohl klingend von der Hand gehen. Die Uhr tickt weiter. Im Januar wird es früh dunkel. Es ist Januar und es ist bereits dunkel. Der Fernkommunikationsapparat schweigt immer noch. Mittlerweile fällt mir auch kein Song mehr ein, den ich noch spielen könnte auf einem meiner wohl gestimmten Instrumente. Aber es gibt da ja noch ein viersaitiges und ein fünfsaitiges Banjo, eine Mandoline, eine Mandola, eine Ukulele, eine Geige, eine Bouzouki, eine Waldzither und eben noch die 12- Saitige. Ok, denke ich mir. Nur die Ruhe. Denn in ihr liegt ja bekanntlich die Kraft. Und genau die brauche ich jetzt, um die Geduld nicht zu verlieren. Allmählich befürchte ich allerdings, dass die Kraft der Batterie von meinem Stimmgerät zu Ende geht. Und das ohne Geduld. Habe ich eigentlich noch eine Ersatzbatterie? Vorsichtshalber überprüfe ich aber auch, ob das mundtote Telefon überhaupt Kontakt zur Außenwelt hat und ob nicht wieder einmal ein übermütiger Bagger die Hauptleitung gekappt hat. Ergebnis: Es hat (das Telefon den Außenkontakt) beziehungsweise er hat nicht (der Bagger die Leitung gekappt). Die Technik lässt mich also nicht hängen. Sie nicht. Ich könnte ja selbst den Hörer in die Hand nehmen. Tue ich aber nicht, da anders vereinbart. Und Vereinbarungen sind mir heilig. Das Wort „kann“ in der Aussage „kann später werden“ ist mittlerweile ausgehebelt und das Späterwerden ist zur enttäuschenden Gewissheit geworden. Und das Heute, also das Morgen aus gestriger Sicht, neigt sich gewaltig gegen Mitternacht. Die Instrumente stehen längst wieder an ihren Plätzen, alle sind bester Stimmung, nur eben ich nicht. Schmollend löse ich die ungeliebte Warteschleife, krieche ins Bett, ziehe ernsthaft den Kauf einer Konzertharfe in Erwägung und nehme mir vor, morgen bzw. mittlerweile heute selbst anzurufen. Kann aber später werden.



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