Tage am Strand – Doris Lessing

Strand Femme fatale

Kurzbeschreibung:
“Tage am Strand” erzählt von zwei Freundinnen, die seit ihrer Kindheit unzertrennlich sind. Lil und Roz heiraten zur gleichen Zeit, bekommen zur gleichen Zeit Söhne und können ohne einander nicht sein. Als ihre Ehemänner aus ihrem Leben verschwinden und die Söhne größer werden, beginnt jede mit dem Sohn der anderen ein Verhältnis. Das Drama nimmt seinen Lauf …

Format: Kindle Edition
Seitenzahl der Print-Ausgabe: 61 Seiten
Verlag: HOFFMANN UND CAMPE VERLAG GmbH (29.10.2013)
Sprache: Deutsch
ASIN: B00G4TIUGC

Über die Autorin:
Doris Lessing wurde 1919 in Persien geboren und wuchs auf einer Farm im damaligen Süd-Rhodesien auf. Mit dreißig Jahren kam sie nach London und veröffentlichte dort 1950 ihren ersten Roman. Ihr umfangreiches literarisches Werk macht sie zu einer der bedeutendsten zeitgenössischen Autorinnen. Im Hoffmann und Campe Verlag erschienen seit 1988 zahlreiche Werke, zuletzt ihre Romane Die Kluft (2007) und Alfred und Emily (2008) sowie das Erzählungsbändchen Die Schmuckschatulle (2007). Sie wurde mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet. 2013 wurde die fünfzehnbändige Werkauswahl abgeschlossen, in der u.a. Das goldene Notizbuch, Unter der Haut, Das fünfte Kind und zwei Erzählungsbände erschienen. Doris Lessing starb am 17. November 2013 in London.

Man schafft es selbst bei einem Buch von 61 Seiten nicht, es komplett in einen Film von 112 Minuten zu packen. Einige Szenen eignen sich wahrscheinlich einfach nicht für ein Drehbuch. Schade, ich habe viele schöne Stellen vermisst.

Die Presse zerreißt das Werk der französischen Regisseurin Anne Fontaine und dem muss ich mich leider in vielen Teilen anschließen. Von Arthouse-Kino ist man eigentlich große Kunst und Außergewöhnliches gewohnt. Dieser Film ist aber leider einfach nur sehr oberflächlich. Alles wirkt viel zu clean und geleckt. Traumhaft unberührte Strände, Sonnenuntergänge und tosende Wellen am Fels, dazwischen ein paar schmachtende Sexszenen. Da reißen auch die zu alt aussehenden Halbgötter von Söhnen nicht viel raus. Im Film steckt zu viel Drama und manchmal hat man das Gefühl, es soll der drohende Finger der erwachsenen Vernunft gehoben werden, nur um zu sagen – eigentlich macht man so was aber nicht. Die zwei Stunden waren eine Aneinanderreihung von Bildern, die die eigene Fantasie beim Lesen des Buches wesentlich besser erzeugen konnte. Zwei in die Jahre gekommene Frauen, die sich nach liebe sehnen und sich über die Schwärmereien der jungen Burschen freuen. Wenn man nur den Film gesehen hat, wird man sich unweigerlich fragen, wie Frau Lessing für ihr Werk einen Nobelpreis bekommen konnte. Vielleicht hätte es mich schon stutzig machen sollen, dass lediglich drei Plätze im Kino besetzt waren. Na ja, hatte ein bisschen was von Kino im eigenen Wohnzimmer.Vor allem läuft im deutschen TV ja auch meist nur „Müll“.

Genug zum Film, kommen wir zum Buch, denn das hat mir wirklich gut gefallen.

Den Schreibstil von Doris Lessing finde ich sehr inspirieren, er weckt Bilder im Kopf, die enorm detailreich und farbenfroh sind. Man könnte fast denken, man säße selbst an einer kleinen australischen Küste am Strand. Man merkt, dass sie enorm viel Erfahrung im Schreiben hat. Ich denke, es heißt nicht ohne Grund – Übung macht den Meister. Es ist ein wirklich intelligentes und gefühlvolles Buch, es war wahrscheinlich gar nicht möglich, dies auf eine Filmrolle zu bannen. Wie ein wildes Tier, das sich nicht fangen lässt.

Bloß nichts verändern, solange es funktioniert.

Diese Aussage spiegelt einen Großteil des Buches wunderbar wieder. Egal ob es dabei um die Ehen der beiden Frauen, um die Liebschaften mit den Söhnen oder aber um die Ehen der Söhne geht. Alles wird so lange durchgezogen, bis es zum äußersten kommt und es keine andere Möglichkeit mehr gibt einen neuen Weg einzuschlagen.

Das Buch beginnt sehr schön mit der Kindheit von Lil und Roz in der sich die innige Freundschaft der beiden entwickelt und von Tag zu Tag mehr wächst. Bis es fast unmöglich wird, zwischen sie zu kommen. Man könnte fast meinen, die beiden wären bloß eine Person, doch wenn man sie genauer betrachtet, sind sie sich nicht einmal wirklich ähnlich, abgesehen vom blonden Haar.
Sie feiern eine Doppelhochzeit, bekommen fast gleichzeitig ein Kind. Die eine gib es nicht ohne die andere. Roz Ehemann fühlt sich wie das 5. Rad am Wagen, er ist da, wird aber nicht wahrgenommen. Er will die Chance nutzen und einen Neustart in Sydney wagen – leider spielt Roz da so gar nicht mit. Durch einen Autounfall verliert Lil ihren Ehemann und ist von nun an mit ihrem Sohn auf sich allein gestellt. Doch selbstverständlich kann sie sich auf ihre beste Freundin verlassen. Vielleicht schweißt es die beiden sogar noch einmal mehr zusammen, falls das überhaupt noch möglich ist. Damit nimmt die Geschichte ihren lauf.

Man sollte sich wirklich die Zeit nehmen und dieses Buch lesen. Auch wenn der Leser mit einem vielleicht etwas offenen Ende stehen gelassen wird, schaffen es die Zeilen dazwischen eine wirklich tolle Welt zu schaffen. Einfühlsam, befriedigend und glücklich.

Aber vielleicht gehört der Irrsinn zu den großen, unsichtbaren Rädern, die dafür sorgen, dass unsere Welt sich dreht.

Leider wird es immer wieder durch Negativbeispiele bestätigt – Bücher sollten eigentlich nicht verfilmt werden. Bleiben wir bei der eigenen Fantasie und Vorstellungskraft – die arbeitet so viel besser als es Regisseure oder Drehbuchschreiber je könnten.

Ich bedanke mich beim HOFFMANN UND CAMPE VERLAG für diese tolle Aktion und auch wenn mir der Film nicht so gut gefallen hat, konnte mich das Buch um so mehr überzeugen. Vielen Dank.

Eure
unterschrift

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