sumting nu in every corner – part 1

sumting nu in every corner – part 1

früher Abend, irgendwo in East London

London ist eigentlich wie Berlin. Nur lauter. Und bunter. Und vielleicht vielseitiger. Wahrscheinlich auch aufregender. Aber auf jeden Fall größer.

Soviel dazu…

Als Neuankömmling erlebt man zwar keinen Kulturschock, aber zumindest einen kulturellen Clash. Vor allem im Zentrum von East London, welches Viertel wie Bethnal Green, Hackney, Mile End, Shoreditch, Bow (ehemaliger Sendeort des legendären Pirate Radios rinse.fm) und Whitechapel umfasst. Täglich stattfindende Floh- und Gemüsemärkte an jeder Ecke, aggressive Autofahrer, die durch enge Gassen brettern, ameisenartige Menschenaufläufe, Unmengen von Curry-Imbissen, grölende Briten im Bierrausch, extrem billige Chicken-Buden (4 Stücke für 1 Pfund!), ständig gefüllte Pubs inklusive gelegentlichen Schlägereien und angehipsterte Bio-Imbisse, die um die Gunst der dort in Überzahl lebenden englischen Inder und Bangladeshis sowie der gemeinen, kontinental-europäischen Hipster mit Hang zu pseudohafter Weltläufigkeit konkurrieren. Letztere sind vor allem in der bekannten und hypertrendigen Brick Lane vertreten, eine Straße, die schon vor Jahrhunderten Flüchtlinge aus allen möglichen Ländern oder auch Künstler wie Banksy oder D*Face anzog. „There`s something new on every corner“, wie meine Mitfahrgelegenheit von Düsseldorf nach London, ein Exil-Engländer par excellence, über die Stadt meinte.

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Ein Werk von D*Face in East London

Menschenmassen auf öffentlichen Straßen sind nicht gerade die beste Voraussetzung für eine ausgeglichene Sozialpsychologie. Fährt man in Richtung Süden oder Norden, so bekommen die Straßen einen immer entspannteren und vor allem wirklicheren Charakter. Ubiquitär sind jedoch die im Minutentakt aufheulenden Sirenen der ambulances und Polizei-Autos und der Verkehr, der ein ständiges Grundrauschen erzeugt. Gerade die nächtlichen Fahrten mit dem Nachtbus durch die, zur Nacht hin leerer, aber nie langweiliger gewordenen Straßenzüge, geben mir eine erste Ahnung, warum Dubstep nicht nur auf kulturell und sozialer Ebene eigentlich nur in London entstehen konnte.

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Mein Nachtbus von Peckham-Südlondon nach Shoreditch

Es ist der Sound einer Stadt, die mit ständigen Dissonanzen und harten Kontrasten, gesellschaftlicher wie klanglicher Art, konfrontiert ist. Das gut ausgebaute U-Bahn-System liefert dazu ein stetiges Bassfundament, das wie ein Subbass nur fühl- statt hörbar ist.

listen! V.I.V.E.K. – Feel it (Deep Medi 033)

 

Letzte Woche besuchte ich den legendären Dubstep-Künstler Cotti, ein Freund und Labelmate von Cluekid, in seinem (Home-) Studio in Peckham. Südlondon. Da ich, wie so oft, viel zu früh aus der Overground-Bahn ausgestiegen war, musste ich 40 Minuten zu Fuß gehen, um die Adresse zu finden. Es war genau 20.33 und da mir die Gegend von einigen Londonern als dodgy beschrieben wurde, versuchte ich so aufmerksam wie möglich zu sein und meinen Körper in aufrechter Haltung zu bewegen. Nur Opfer gehen gebückt. Ok, ich übertreibe. Irgendwie albern. Aber man wird halt unterbewusst beeinflusst. Gerade inmitten einer Umgebung, in der Menschen gezwungen sind, auf engem Raum in extrem funktionalen Gebäuden zu wohnen, so als ob die Außenerscheinung eines Viertels keinen Einfluss auf die Persönlichkeit der dort lebenden Menschen hätte.

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Brick Lane

Erste Erlebnisse in Londoner Dubstep-Clubs, erste Interview-Ausschnitte mit Cotti und dem japanischen Dubstep-Pionier Goth-Trad sowie weitere Eindrücke aus der Hauptstadt der Bassmusic folgen:  soon…

Text und Bilder: Phire

 

Hintergrund:

Vor drei Wochen bin ich nach London gezogen, um herauszufinden, wie diese pulsierende Stadt immer wieder zu einer Petrischale ständig neuer Sound-Viren werden kann. Im Fokus steht natürlich der letzte Ausläufer des britischen  Hardcore Continuums: Dubstep. Dabei begreife ich mich selbst als ein Medium, das für ein paar Monate in die Szene eintauchen wird, um die multiplen Realitäten der Mitglieder zu erfassen und zu verstehen. Dabei stehen Fragen wie solche im Vordergrund: Kann eine Stadt wirklich Einfluss auf den Sound einer Musik haben. Lassen sich bestimmte Gemeinsamkeiten in Bezug auf die Mitglieder der Szene erkennen? Welchen Einfluss hat diese Art von club-orientierter Musik auf den Alltag der Menschen?…

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