Streit unter Linken über den Iran

Während ich jeden Tag die Tagebücher von Frau Dr. Lukrezia Jochimsen veröffentliche, in dem sie über die Reise des „Unterausschusses für auswärtige Kulturpolitik“ des deutschen Bundestages in den Iran berichtet, bricht über eine Freundin bei Facebook ein Shitstorm her. Nun ist diese Freundin auch im realen Leben meine Freundin und der Auslöser des Ganzen war ein Streit, den sie mit einem Mitglied genau der Partei hat, der auch Frau Dr. Lukrezia Jochimsen angehört: der LINKEN.

Die Freundin bereitet seit Wochen eine Veranstaltung vor, in der über die Verfolgung von Schwulen und Lesben in Iran informiert werden soll. Diese Thematik liegt meiner Freundin schon lange am Herzen – und wer meinen Blog verfolgt,weiß vermutlich gar, wen ich meine. Immerhin gibt es hier diverse Fotos von diversen Aktionen.

Der Streitbare schrieb nun via Facebook: „Malen, die Lesbenunterdrückung ist zwar schlimm, aber nicht das größte Problem des Iran, denke ich.“ – das hatte jedoch auch niemand behauptet. Selbst meine engagierte Freundin nicht. Im Gegenteil verwies sie darauf, dass es sich hierbei um eine unter vielen Menschenrechtsverletzungen in Iran handelt. Aber eben auch: um eine Menschenrechtsverletzung. Worauf ihr geantwortet wurde: „…ich wundere mich bloß, daß in Anbetracht der ständig wachsenden Kriegsgefahr so ein Thema in den Vordergrund geraten kann. Ich habe Angst, daß Iran überfallen wird wie der Iraq und Afghanistan und fürchte, daß die Frauen danach eben auch nicht freier sondern eher tot sein dürften.“

Dass klingt auf den ersten Blick nicht einmal schlimm. Ist es aber! Impliziert es doch, dass der Schreiber davon ausgeht, dass es zu einem Krieg gegen den Iran kommen wird! Und damit vertritt er leider eine Position, wie sie von vielen Linken geteilt wird: Es gibt gerechte und ungerechte Kriege. Leider ist das eine Denke, die sich nicht sehr von der der anderen Seite unterscheidet: Kollateralschäden werden als „gerecht“ einkalkuliert. Dass diese „Kollateralschäden“ immer und in jedem Falle die Zivilbevölkerung treffen wird dabei in Kauf genommen; dient es doch vermeintlich einer „guten Sache“.

Auf das Argument meiner Freundin, dass wir sehr wohl – trotz einer eher vom Westen ausgehenden Kriegsbedrohung – auf die Menschenrechtsverletzungen in Iran hinweisen müssen, weil das unsere verdammte Pflicht ist, kam die erstaunliche und die Diskussion zum Streit werdende Rückmeldung: „also ich war oft im Iran und habe viele Freunde dort. Sie wollen jedenfalls nicht von den Grünen “befreit” werden.“

Vielleicht erinnert sich noch der Eine oder Andere meiner Leser… als seinerzeit die Junge Welt genau diese seltsame Theorie verbreitete, habe ich das Abo der Zeitung gekündigt. Noch immer denken diese Leute, dass eine revolutionäre Veränderung nur „unter Führung der Arbeiterklasse“ funktionieren kann. Noch immer hegen sie die Illusion, dass das Proletariat aller Länder sich vereinigen wird und die Weltrevolution ausrufen.
Bis dahin jedoch kann schon mal der eine oder andere Zivilist getötet werden in Kriegen, die sich weder um Menschenrechte noch Religionen kümmern. Das ist alles Makulatur. Es geht um Rohstoffe; in Iran konkret: um Öl!

Das ist auch dem gebildeten Konterpart bewußt, wenn er antwortet: „Es geht um rein wirtschaftliche Gründe und darum, daß das Regime die neo-liberalen Marktöffnungen nicht so schnell umsetzt, wie der Westen es nun mal fordert. Die Rechte der Frauen stehen auf einem anderen Blatt, werden aber gerne vorgeschoben, damit die naiven Menschen plötzlich alle begeistert der Besetzung eines Landes zustimmen. Joseph Fischer hatte damals “Auschwitz verhindert” in Kosovo, Afghaninnen, die Kopftücher tragen müssen, “helfen” wollen, seine heutige Beschäftigung bei den Pipeline-Konsortia, denen genau diese Politik nützt, steht natürlich in keinem Zusammenhang.“ Und unabhängig von dem parteipolitischen Seitenhieb hat der Mann nicht einmal Unrecht.
Allerdings habe ich den Eindruck, dass er die „grüne Bewegung“ in Iran mit der Partei Die Grünen in Deutschland gleich setzt. Das kommt mir aber unwahrscheinlich vor.

Er schreibt dann weiter: „Ein bißchen Krieg geht nicht, das weißt Du auch. Eben weil ich neutral bin warne ich in meinen Beiträgen stets Pseudo-Linke davor das Iranische Regime zu tätscheln. [...] Es muß gegen die Kriegsvorbereitungen demonstriert werden und nicht die Munition dafür geliefert werden. Man muß die Wirtschaftsinteressen, die dahinter stehen, wenn man den Iran kritisiert, benannt werden. Und es muß für die Freiheit aller Menschen auf diesem Planeten gekämpft werden, aber eben friedlich und nicht mit Gewalt und Bombenkriegen. Das ist die Trennlinie.“
Und: auch das ist richtig. Dem kann man einfach nicht widersprechen.
Was das jedoch noch mit dem Ursprungsthema zu tun hat, erschließt sich mir nicht. Ich habe den Eindruck, dass sich hier zwei streiten, weil sie beide emotional zu sehr beteiligt sind, als dass sie zuhören können, was der jeweils andere sagte.

Und wenn der eine nun per Facebook allen mitteilen möchte, dass die Freundin für einen Krieg gegen den Iran ist… dann verdrehen sich die Tatsachen und der Außenstehende wundert sich.

Ich schlage vor, dass die beiden mal zu nem Glas Wein zu mir kommen und wir reden darüber :-)

Nic


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