Einen der ausführlichsten und informativsten Berichte über die Vorgänge fand ich in dem Magazin "DMM - Der Mobilitätsmanager" über bzw. für Geschäftsreisen(de). Dort wird unter dem 30.04.2011 gemeldet: "Flughafen Hof/Plauen mit Steuermillionen gerettet" (meine Hervorhebungen):
"Staatsregierung und die beteiligten oberfränkischen Kommunen erhöhen ihren Zuschuss um 1,3 Mio Euro, wie Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) am Freitag nach einem Gespräch in der Münchner Staatskanzlei sagte. Insgesamt kostet der Spaß den Steuerzahler rund 3,5 Mio. Euro. Übersetzt auf die 14.000 Passagiere heißt das, dass jede einzelne Buchung auf dieser Strecke [Frankfurt-Hof, die einzige Strecke, die von hier aus regulär beflogen wird] mit 200 Euro subventioniert ist. Ein Irrsinn, wie Fachleute meinen. ... Eine Studie, die auch wieder eine Menge Geld verschlingt, soll klären, ob es für den Flugplatz eine dauerhafte Zukunftsperspektive gibt. Der Bayerische Ministerpräsident begründete die höheren Subventionen mit „übergeordneten strukturpolitischen und landesplanerischen Gründen, sprich damit, dass Oberfranken schlechter dasteht als die meisten anderen bayerischen Regionen. Von einem guten Zeichen für die Region spricht der Hofer SPD-Landrat Bernd Hering, ähnlich äußerte sich der Hofer Oberbürgermeister Harald Fichtner. ... Auch Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) erklärte sich mit den höheren Subventionen einverstanden. ... Der Flugbetrieb am nur 20 Minuten * vom größeren nordbayerischen Airport Nürnberg entfernten kleinen Regionalflugplatz Hof/Plauen ist seit jeher chronisch defizitär. Unter rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten müsste Hof/Plauen längst dicht gemacht sein. 2008 nutzten die Verbindung nach Frankfurt 25.000 Passagiere, 2010 nur noch 14.000. Der Rückgang der Passagierzahlen ist u.a. darauf zurückzuführen, dass [die mit den Subventionen bezuschusste Fluggesellschaft] Cirrus 2010 viele Flüge ausfallen ließ."
* Diese Angabe ist falsch; lt. Google-Routenplaner sind es ca. 1 Std. und 20 Minuten (ca. 140 km Entfernung)!
Selbst die Betreibergesellschaft des Flughafens, die Flughafen Hof-Plauen GmbH & Co. KG, scheint sich über solche Großzügigkeit zu wundern. So jedenfalls klingt das in meinen Ohren, wenn ich auf der Flughafen-Webseite unter "Aktuelles" lese:
"Mit dem Flughafen Hof Plauen und dem Linienverkehr nach Frankfurt geht es weiter. Und das ist dem Freistaat auch was wert: Zum einen bekommen die Träger des verlustreichen Airports mehr Geld – etwa 70.000 Euro pro Jahr. Und auch die Linie wird stärker gefördert – zu den jährlichen 2,3 Millionen Subventionen packt der bayerische Steuerzahler eine weitere halbe Million on top."
Bevor wir nach weiteren Informationen über die aktuelle Subventionserhöhung suchen, zunächst ein Blick auf die Vorgeschichte. Darüber informiert uns wohl am umfassendsten das Wikipedia-Stichwort "Flughafen Hof-Plauen" (meine Hervorhebungen):
"Seit 1972 werden tägliche Linienflüge nach Frankfurt am Main angeboten ..... Seit den 1980er-Jahren war Hof-Plauen in den Charterflugverkehr Deutschlands eingebunden. Die großen Reiseveranstalter TUI, Neckermann und die heutige Thomas Cook hatten Hof-Plauen ganzjährig in ihren Katalogen als Abflughafen aufgeführt. ..... Ziele waren unter anderem Mallorca, Kreta, Rhodos, Tunesien und das spanische Festland. Kurzzeitig gab es neben dem Linienflug nach Frankfurt/Main auch eine Verbindung nach München. Das hauptsächlich mit der BAe 146 angebotene Feriencharterprogramm zu den Urlaubsgebieten am Mittelmeer musste trotz guter Passagierzahlen 2002 eingestellt werden, da die bestehende Landebahn mit 1480 Metern Länge für die üblicherweise im Charterflugverkehr eingesetzten Flugzeugmuster ..... zu kurz ist. ..... Mit Stand November 2010 gibt es nur eine regelmäßige Linienverbindung am Flughafen Hof-Plauen. Cirrus Airlines bedient im Namen und Auftrag von Lufthansa Regional montags bis freitags dreimal täglich die Strecke von Hof nach Frankfurt am Main mit einer Dornier 328. ..... Um eine Erweiterung des Flugangebots zu ermöglichen und zur Modernisierung und Steigerung der Konkurrenzfähigkeit des Flugplatzes sollte die Start- und Landebahn auf 2480 Meter aus- beziehungsweise neu gebaut werden, das Planfeststellungsverfahren hierzu begann Anfang 2006. Die Notwendigkeit dieser Planungen war und ist allerdings umstritten. Trotz finanzieller Zusagen aus dem Landeshaushalt sehen Kritiker darin eine Fehlplanung, da die internationalen Flughäfen Nürnberg, Halle-Leipzig, Dresden, Erfurt und Karlsbad nur zwischen 110 und 180 km von Hof entfernt liegen und die Zahl der Passagiere nicht ausreichend sei. Die Flughafengesellschaft begründet den Bedarf des Flughafens mit einer statistischen Hochrechnung, bei der dem Flughafen anfangs 140.000 und bis zu 300.000 Passagiere im Jahr 2020 vorausgesagt werden, außerdem beruft sie sich auf die guten Passagierzahlen des Charterprogramms in den 1990er-Jahren. An den Ausbauplänen für die Start- und Landebahn hielt die Flughafengesellschaft ..... weiterhin fest. ..... Am 19. Juni 2007 lehnte das Luftamt Nordbayern mit Sitz in Nürnberg den Ausbauplan ... ab. Die Planer des Hofer Flughafens werfen dem Luftamt vor, nicht neutral entschieden zu haben, das Luftamt und auch Persönlichkeiten aus der Politik bestreiten dies jedoch. Die ehemals am Ausbau des Flughafens interessierte britisch-israelische Investorengruppe BCD Group investiert inzwischen in den in der Nähe befindlichen tschechischen Ort Aš."
Im Übrigen findet man eher technisch gehaltene Informationen über den Flughafen auf der Webseite "Airports.de", sowie für Fluggäste relevante Infos bei Fluege.de.
Zusammenfassend muss man davon ausgehen, dass
- der Flughafen [offiziell heißt er, wie ich einer Auflistung (Word-Dokument am Schluss der Webseite) des "Luftamtes Nordbayern" entnehme, "Verkehrslandeplatz" - VLP und steht damit - mit einer ganzen Reihe anderer betonierter Fliegerpisten - eine Stufe unter einem "VFH" = Verkehrsflughafen; diesen Rang hat in Nordbayern lediglich der Nürnberger Flughafen] in der vorliegenden Ausbaustufe nicht wirtschaftlich zu betreiben ist und dass
- ein Ausbau unwirtschaftlich wäre. Das sieht man auch an zahlreichen anderen Regionalflughäfen, und es gilt noch mehr im Hinblick auf die bereits jetzt von den Flugreisenden erhobene Flugverkehrsabgabe und die zweifellos ebenso wie die Benzinpreise gestiegenen, und zumindest mittelfristig parallel zu den Rohölpreisen mit Sicherheit noch weiter steigenden Treibstoffkosten (Kerosin).
Über die Webseite von DB Research, der volkswirtschaftlichen Analyseabteilung der Deutschen Bank AG, sind mit der Eingabe "Regionalflughaefen" zwei Studien zu diesem Thema als pdf-Dateien erreichbar:
- "Ausbau von Regionalflughäfen: Fehlallokation von Ressourcen" (8 S.; Autor: Eric Heymann) vom 03.11.2005 und
- "Die deutsche Flughafeninfrastruktur – eine kritische Bewertung" 15. DVWG Luftverkehrsforum Airport-Boom – Wachstum ohne Grenzen 29. Mai 2008, Frankfurt am Main (gleicher Autor, 15 S. insges., davon die Ziff. 3 auf S. 10 - 12 über Regionalflughäfen)
In der Studie aus dem Jahr 2005 identifiziert der Autor "Flughäfen als Prestigeobjekte der Regionalfürsten" und begründet das in seinem Text näher. (Ich habe diese Zwischenüberschrift aus der Studie besonders hervorgehoben, weil wir es zweifellos auch hier mit einem solchen Fall von Potentatenprunk zum Lasten der Steuerzahler zu tun haben.)
Unter anderem erfährt man:
"Regionalflughäfen fehlt kritische Größe zum Erfolg. Die kritische Größe zum kostendeckenden Flughafenbetrieb liegt bei 0,5 bis 2 Mio. Passagieren p.a. Keiner der 39 deutschen Regionalflughäfen erreicht die 2 Mio.-Grenze. Nur fünf unter ihnen kommen auf 500.000 Passagiere. 33 von ihnen haben weniger als 100.000 Passagiere.
Regionalflughafenausbau verschlingt Subventionen. Öffentliche Eigentümer von Regionalflughäfen führen einen Subventionswettlauf, um Fluggesellschaften anzulocken. Damit fließen Steuermittel, trotz leerer öffentlicher Kassen, an z.T. ausländische Billigfluggesellschaften und an deren Kunden. Dies bedeutet eine Wettbewerbsverzerrung gegenüber kostendeckenden Flughäfen.
Überkapazitäten bei Flughäfen. Der Neu- und Ausbau von Regionalflughäfen ist aus verkehrspolitischer Sicht nicht erforderlich, da in Deutschland bereits genügend Flughäfen existieren, von denen die wenigsten unter Engpässen leiden. Wichtiger wäre es, die bestehenden Engpässe bei stark frequentierten Flughäfen zu beseitigen.
Deutschland braucht Flughafenpolitik aus einem Guss. Regionalpolitische Alleingänge beim Ausbau von Regionalflughäfen könnten durch eine bundeseinheitliche Flughafenpolitik verhindert werden. Die damit verbundene Verlagerung der Entscheidungskompetenz auf die Bundesebene würde regionalpolitische Interessen einschränken.
Regionalflughäfen sorgen für Kannibalisierungseffekte. Das Entstehen zusätzlicher Quartiärflughäfen führt zu starken Kanibalisierungswirkungen bei nahe gelegenen Flughäfen.
Flughafenplanung muss bundeseinheitlich sein. Insgesamt wirken bei Planung, Errichtung und Betrieb sowohl Bund als auch Länder, Landkreise und Städte mit. Dadurch gewinnt der Einfluss regionaler Interessengruppen an Bedeutung, was einer Flughafenpolitik „aus einem Guss“ zuwiderläuft. Dies hat nicht nur den Bau unrentabler Regionalflughäfen zur Folge, sondern auch die Verzögerung wichtiger Ausbauprojekte von Großflughäfen."
Der Verfasser der Studie zieht ein glasklares
Fazit
"Der geplante Ausbau der meisten Regionalflughäfen bedeutet eine Verschwendung von knappen öffentlichen Mitteln, die dringend für andere Infrastrukturprojekte benötigt werden. Nur einige wenige Regionalflughäfen lassen sich wirtschaftlich betreiben. Die meisten von ihnen bieten kein Entlastungspotenzial für größere Flughäfen, erreichen nicht die kritische Größe, kannibalisieren sich gegenseitig und betreiben zudem einen Subventionswettlauf."
In seiner zweiten Studie (2008) formuliert Eric Heymann (S. 10 ff.):
"Aus- und Neubau von Regionalflughäfen kritisch
„ Angebot von Regionalflughäfen zählt zu den Aufgaben der öffentlichen Hand;
Regionalflughäfen wichtig für Allgemeine Luftfahrt
„ Aber: Umfangreicher Neu- und Ausbau von Regionalflughäfen in Deutschland nicht gerechtfertigt
– Es existieren bereits genügend Flughäfen in Deutschland
– Wirtschaftlicher Betrieb kaum möglich; Verluste gehen zu Lasten des Steuerzahlers
– Kannibalisierungseffekte zwischen Airports werden in Kauf genommen, vor allem wenn Bundesländergrenzen zwischen den Flughäfen liegen
„ Standortvorteile durch Regionalflughäfen werden überschätzt
– Zudem resultieren viele Vorteile aus dezentralen bzw. flughafenfernen Unternehmensstandorten (z.B. niedrigere Löhne oder Mieten)
– Ausbau-Strategie aus Sicht der Lokalpolitiker nachvollziehbar, wenn hohe Zuschüsse von anderen Gebietskörperschaften gewährt werden
Gründe gegen Ausbau von Regionalflughäfen
„ Entlastungsfunktion für Großflughäfen durch regionale Airports kaum gegeben
„ Chancen als Cargo- oder nennenswerter Charter-Flughafen begrenzt
„ Hohe Abhängigkeit der Regionalflughäfen von oftmals nur einer Airline
„ Spürbare Wachstumsverlangsamung im Low-Cost-Segment zu erwarten
„ Die wenigsten Fluggesellschaften setzen auf regionale Airports
„ Wachsendes Segment des privaten Geschäftsflugverkehrs rechtfertigt nicht
umfangreiche Investitionen der öffentlichen Hand
– Kosten-Nutzen-Verhältnis beachten
– Es ist nicht Aufgabe des Staates, dauerhaft subventionierte Arbeitsplätze zu schaffen
– Kaum Bereitschaft der lokalen Unternehmen, sich an Flughafenprojekten zu beteiligen
„ Wachstumsstory des Flughafens Hahn lässt sich nicht beliebig oft wiederholen
Lösungsansätze für zielgerichtete Investitionen in Regionalflughäfen
„ Regionalpolitische Alleingänge beim Ausbau von Flughäfen können durch bundeseinheitliche Flughafenpolitik eingeschränkt werden
„ Effizienter und bedarfsgerechter Einsatz der knappen öffentlichen Mittel wäre die Folge
„ Verkehrsträgerübergreifendes Konzept sinnvoll
– Massiven Ausbau von Regionalflughäfen einschränken
– Stark frequentierte Airports mit Kapazitätsengpässen zügiger erweitern
– Große Airports besser an Hochgeschwindigkeitsnetz der Bahn anbinden
„ Bei Privatisierung von Flughäfen oder privatem Betrieb stünden wirtschaftliche Interessen stärker im Vordergrund
„ Aber wenig Interesse von Privaten an Beteiligung an Regionalflughäfen"
Zusammenfassend halten wir also fest:
- die jetzt von Horst Seehofer zugestandenen Subventionen für den Weiterbetrieb bis Anfang 2013 sind in den Sand gesetzt
- eine weitere Studie ist überflüssig wie ein Kropf; sie wird lediglich die Intentionen der Auftraggeber widerspiegeln (also wahrscheinlich die Einnahmen nach einem Ausbau schönrechnen); der Steuerzahler hat das Nachsehen, weil er auch noch einige hunderttausend Euro für eine völlig wertlose Studie wird bezahlen müssen.
Kritisch sind auch viele der nachfolgend aufgeführten aktuellen (27. - 29.04.11) Zeitungsartikel, die sich mit diesem Vorgang beschäftigen:
- "Fluglinie Hof/Plauen-Frankfurt hängt von Bayerns Gnaden ab" titelt die LVZ (Leipziger Volkszeitung) einen von Manfred Präcklein, dpa, übernommenen Bericht vom 27.04.11, also im Vorfeld des Spitzengesprächs bei Horst Seehofer, das am 28.04.11 in München stattfand. Hier kann ich mich ausnahmsweise sogar mit den Grünen identifizieren, wenn ich lese: "Die oberfränkische Landtagsabgeordnete Ulrike Gote von den Grünen sprach am Mittwoch gar von einer Verschwendung von Steuergeldern. „Wenn die Staatsregierung nun erneut der bayerischen Bevölkerung für eine wirtschaftlich völlig unrentable und ökologisch schädliche Verkehrsanbindung in die Tasche greifen will, ist das unverantwortlich und nicht nachvollziehbar", begründete Gote ihre Forderung nach einem Subventionsstopp für Regionalflughäfen. Jeder Fluggast in Hof koste den Steuerzahler fast 200 Euro."
- "Seehofer macht sich für Hofer Flughafen stark" titelte die Frankenpost, ebenfalls am 27.04.11: "Der Ministerpräsident versichert: Die Frankfurt-Linie bleibt erhalten. Er bringt gar weitere Flüge ins Gespräch. ..... Ministerpräsident Horst Seehofer hat sich direkt in die Verhandlungen über die Zukunft des Flughafens Hof-Plauen eingeschaltet. In einem Gespräch am Donnerstagvormittag in der Staatskanzlei versprach er zusammen mit Wirtschaftsminister Martin Zeil und Finanzminister Georg Fahrenschon: "Die Linie nach Frankfurt wird in jedem Fall fortgeführt." Die Landräte Bernd Hering, Hof, und Dr. Karl Döhler, Wunsiedel, sowie der Hofer Oberbürgermeister Dr. Harald Fichtner als Vertreter der Flughafengesellschaft zeigten sich "sehr erfreut über diese vorbehaltlose Unterstützung". ..... Wie der Hofer CSU-Landtagsabgeordnete Alexander König der Frankenpost mitteilte, versicherte ihm der Regierungschef in einem Gespräch, die Erhaltung der Regionalfluglinie sei "ein persönliches Anliegen". Seehofer habe zu einer weiteren Unterredung "um Ostern" eingeladen und die Frage aufgeworfen, ob es nicht sinnvoll wäre, "von Hof aus auch nach München oder Berlin zu fliegen". Eine solche Nord-Süd-Achse könne er sich "durchaus vorstellen"." Derartige Fantasien des bayerischen Ministerpräsidenten lassen nur -2- alternative Annahmen über seinen wirtschaftspolitischen Sachverstand zu: Entweder möchte er gern weitere Steuergelder für diesen Flughafen verbrennen, oder aber er ist absolut unbedarft in der Bedarfseinschätzung für diesen Provinzflugplatz.
- "170 Euro Steuergeld für jeden Passagier" kritisiert ein Bericht in der Süddeutschen (O. Przybilla und M. Szymanski), gleichfalls vom 27.04.11.
- Die gleiche Zeitung kommentierte am gleichen Tag "Seehofers Fluglinie": "Wenn es stimmt, was zur Rechtfertigung dieser Zuwendungen immer behauptet wird, dann sind es jene 1200 beförderten Passagiere pro Monat, die für die Wirtschaft im nördliche Oberfranken angeblich von existenzieller Bedeutung sein sollen. Wäre dem tatsächlich so, dann müsste in Hof nun der wirtschaftspolitische Notstand ausgerufen werden. Vom 1. Mai an nämlich hebt von Hof aus keiner mehr ab. Bekannt ist das seit sechs Monaten, seit die Linie Cirrus zu erkennen gegeben hat, dass selbst 2,9 Millionen Euro pro Jahr als Zuschuss nicht ausreichen, um Hof wirtschaftlich rentabel anfliegen zu können. ..... Von Protesten erboster Wirtschaftslenker ist in Oberfranken [gegen die vorübergehende Unterbrechung der Flugverbindung Anfang Mai] nichts zu hören. Kein Wunder: Sie werden in der Zeit schlicht die Großflughäfen in Nürnberg oder Leipzig anfahren, die man von Hof aus bequem erreicht - in jeweils kaum mehr als 80 Autominuten."
- "Über 170 Euro für jeden Fluggast. Die Linie Hof-Frankfurt funktioniert nur mit Millionen der öffentlichen Hand" titeln die Nürnberger Nachrichten am 28.04.11 und melden u. a. (meine Hervorhebungen): "Den Löwenanteil der 2,9 Millionen steuert der Freistaat bei. Stadt und Landkreis Hof sowie der Kreis Wunsiedel tragen den Rest. Für jeden der 15000 Passagiere auf der Linie Hof-Frankfurt legte der Steuerzahler also 2010 rechnerisch gut 170 Euro drauf. Sinnvoll eingesetztes Geld, sagen CSU und SPD in Oberfranken unisono, an der Spitze der Hofer Landrat Bernd Hering (SPD) und Hofs OB Harald Fichtner (CSU). Und sie sind froh, dass Ministerpräsident Horst Seehofer vor kurzem bei einem Treffen zum Thema Regionalflughafen die Zuschüsse für die Linie Hof-Frankfurt auch weiterhin zugesichert hat. ..... Bernd Hering sagte im Gespräch mit unserer Zeitung: „Seehofer hat klargemacht, dass diese Linie aufrechterhalten wird, aus strukturpolitischen Gründen, nicht aus finanzpolitischen“. Auf Deutsch heißt das: Diese Zubringer-Linie bleibt ein Zuschussgeschäft, aber aus übergeordneten Gründen lässt man sie bestehen. Für Landrat Hering ist das kein Problem. Jede Buslinie brauche Zuschüsse der öffentlichen Hand, so sei es eben bei dieser regionalpolitisch wichtigen Fluglinie auch." Wir erinnern uns an die oben zitierten Ausführungen des Deutsche Bank Research Mitarbeiters Eric Heymann: "Ausbau-Strategie aus Sicht der Lokalpolitiker nachvollziehbar, wenn hohe Zuschüsse von anderen Gebietskörperschaften gewährt werden". Wenn ein Landrat die Subventionen für seinen Spielzeugflughafen, die sich pro Fahrt und Passagier auf 170 € belaufen (Stand 2010; im Hinblick auf die jetzt erhöhten Zuschüsse können es in 2011 durchaus mehr werden!) mit den Zuschüssen für Fahrten im ÖPNV gleichsetzt, sollte das eigentlich Veranlassung geben, ihn auf seinen Geschäftsfähigkeit zu untersuchen! Im Übrigen wird auch in diesem Zeitungsbericht die Position der Grünen wiedergegeben: "Grünen-MdL Ulrike Gote (Bayreuth) verlangt dagegen, die Subventionen für den Flug-Shuttle zu streichen. Wenn ein Privater diese Linie auf eigene Rechnung anbiete, sei das okay — aber als Projekt der subventionierten Strukturpolitik tauge sie nicht. Steuergeld sei in den ÖPNV und eine modernere Bahn viel besser investiert. Gote: „Das wäre wirksame, sinnvolle Strukturförderung“.
- Am 29.04.11 berichtet der Bayerische Rundfunk, Studio Franken: "Fluglinie Hof-Frankfurt. Cirrus Airlines erhält mehr Geld für Flugbetrieb": "Die Regionalmaschinen aus Frankfurt sind die einzigen Flugzeuge, die dort noch landen. Die Grünen haben die Zuschüsse für die Linie als Steuerverschwendung kritisiert und eine bessere Anbindung der Region Hof an das Fernverkehrsnetz der Bahn gefordert. Jeder Fluggast in Hof koste den Steuerzahler rund 200 Euro. Bisher habe noch kein Regionalflughafen in ganz Deutschland die wirtschaftlichen Erwartungen erfüllen können. Egal, welche Fluggesellschaft den Zuschlag bekommt: Aus organisatorischen Gründen wird es ab Montag für mindestens zwei bis vier Wochen keine Flüge von Hof nach Frankfurt geben. In den 80er- und 90er-Jahren wurde von Hof aus auch Charterverkehr ans Mittelmeer angeboten. Da die Start- und Landebahn jedoch nur rund 1.500 Meter lang ist, konnten nur vierstrahlige Regionaljets eingesetzt werden. Da deren Betrieb teurer war als der von größeren Maschinen, strichen Reiseveranstalter den Flughafen wieder aus ihrem Programm."
- Auch die Webseite "Ad Hoc News" berichtete am 29.04.11 relativ ausführlich unter "Weiterhin Flüge zwischen Hof-Plauen und Frankfurt": "Im vergangenen Jahr nutzten rund 14.000 Reisende die Verbindung nach Frankfurt. Im Jahr 2008 - vor der Wirtschaftskrise - waren noch 25.000 Gäste auf der Linie gezählt worden, die montags bis freitags dreimal täglich bedient wird. Der Flughafen hatte darauf verwiesen, dass mangelnde Zuverlässigkeit der Airline zur Abwanderungen vieler Geschäftsreisender zum Flughafen Nürnberg geführt habe. Teilweise sei die Maschine nicht einsatzbereit gewesen, so dass Techniker erst auf dem Landweg aus Erfurt oder Saarbrücken anreisen mussten. Mitunter sei auch die zulässige Dienstzeit der Piloten durch anderweitige Wochenendeinsätze überschritten gewesen, weshalb die Linienmaschine nicht pünktlich abheben konnten. Die Staatskanzlei betonte, dass die Zuverlässigkeit in den vergangenen Wochen allerdings verbessert worden sei.Wegen der kurzen Piste fliegen den Flughafen nur kleine Regionalmaschinen mit 30 bis 50 Sitzplätzen im Linienbetrieb an."
Führend in der Berichterstattung ist aber natürlich die Lokalzeitung, die "Frankenpost". Diese bietet gleich -3- Artikel vom 29.04.11 (bzw. unter diesem Datum aktualisierte Berichte):
- "Grünes Licht für die Hofer Fluglinie. Ein Gespräch bei Seehofer macht den Weg frei. Mit Cirrus Airlines wird der alte Anbieter auch der neue sein:" "Der neue Vertrag mit Cirrus ist zwar um einiges teurer als der bisherige, dafür sichert er die Zuschussgeber aber auch gegen gewisse Risiken ab. Insgesamt kostet er 1,342 Millionen Euro mehr: 700 000 Euro plus sind es im ersten Vertragsjahr und 642 000 Euro im zweiten. Der Freistaat übernimmt davon 1,02 Millionen; die restlichen 322 000 Euro müssen Stadt und Landkreis Hof und Landkreis Wunsiedel zusätzlich aufbringen. Entsprechend der Anteile an der Flughafengesellschaft kommen somit zirka 280 000 Euro Mehrkosten auf Stadt und Kreis Hof und rund 40 000 Euro auf den Kreis Wunsiedel zu. Im Gegenzug wird es Cirrus nicht möglich sein, den Vertrag - so wie im Oktober 2010 - ordentlich zu kündigen. Zudem verpflichtet sich das Unternehmen, dass jährlich nicht mehr als zwei Prozent der Flüge ausfallen." Interessant könnte (im Hinblick auf das "cui bono" auch die von der Frankenpost abgedruckte Teilnehmerliste an dem Gespräch in der bayerischen Staatskanzlei sein: "An dem Gespräch in der Staatskanzlei nahmen neben Ministerpräsident Seehofer und Wirtschaftsminister Zeil teil: Staatssekretär Franz Josef Pschierer vom Finanzministerium, die beiden Flughafen-Geschäftsführer Klaus-Jochen Weidner und Hermann Seiferth, der Hofer Oberbürgermeister Dr. Harald Fichtner, die Landräte Bernd Hering aus Hof und Dr. Karl Döhler aus Wunsiedel, Maximilian Otto-Wolf als Vertreter der regionalen Unternehmen in der Flughafengesellschaft, Oberfrankens IHK-Vizepräsident August Wagner, der Chef der Rehau AG, Jobst Wagner, und Dr. Otto Max Schaefer, Geschäftsführer der Selber Netzsch-Gruppe.")
- Unter "Fluglinie Hof-Frankfurt bis März 2013 gesichert" lesen wir: "Wie es danach weitergehen könnte, soll eine neue Studie klären. Seehofer begründete die höheren Subventionen damit, dass Oberfranken schlechter dasteht als die meisten anderen bayerischen Regionen: „Wir haben noch Teilräume, wo wir Gas geben müssen, und da gehört Oberfranken dazu.“ Die oberfränkischen Kommunalpolitiker reagierten parteiübergreifend erfreut: „Das ist ein gutes Zeichen für die Region“, sagte der Hofer SPD-Landrat Bernd Hering – und dankte der Staatsregierung ausdrücklich. ..... Im vergangenen Jahr nutzten nur noch 15 000 Passagiere die Linie, das waren 10 000 weniger als noch 2008. 1,3 Millionen Euro mehr Geld hält er nach eigenen Worten für absolut vertretbar. „Unser Ziel ist es, alle Teilräume Bayerns so zu unterstützen, dass überall in Bayern gleichwertige Lebensbedingungen gegeben sind“, sagte der CSU-Chef. ... Auch Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) erklärte sich mit den höheren Subventionen einverstanden – betonte aber: „Es ist ganz klar, es lässt sich auf unbestimmte Zeit sicher so nicht fortsetzen.“ Der Vorbehalt einer zeitlichen Befristung ist völlig wertlos; es reicht schon, wenn sich die prinzipienlosen parasitären Mehrheitsbeschaffer von der FDP auch hier wieder als solche outen und die Steuergeldvernichtung für die nächsten zwei Jahre billigen. Einer solchen Partei wird freilich auch ein Auswechseln der Spitzenpolitiker keine neue Glaubwürdigkeit verleihen: die sogenannten "Liberalen" sind aktuell auf allen politischen Ebenen überflüssig wie ein Kropf! (Und dass die Sozis politisch kein Bein mehr an die Erde kriegen, kann angesichts der lokalpolitischen Steuergeldvernichter in deren Reihen auch nicht verwundern.)
- Der dritte Artikel ist überschrieben "Cirrus hat die Nase vorn" (meine Hervorhebungen): "Die OLT, Mitbewerber für die Hofer Fluglinie, zieht ihr Angebot zurück. Der Ministerpräsident hält die Subventions-Erhöhung von 2,9 auf 3,6 Millionen für 'absolut vertretbar'. ..... Rundum zufrieden zeigte sich die hochfränkische Abordnung nach den gut zweistündigen Verhandlungen über die Zukunft des Regionalflughafens Hof-Plauen am Freitag [also am 29.4.11] in der Staatskanzlei. Allgemeine Anerkennung gab es für Ministerpräsident Horst Seehofer, der sich mit Wirtschaftsminister Martin Zeil für den Flugplatz in Hof voll einsetzt. Daher besteht auch kein Zweifel, dass das Landeskabinett am Dienstag die Beschlussvorlage der Münchner Runde gutheißt und den Weg für die weiteren Flüge von Hof nach Frankfurt zunächst bis zum 31. März 2013 freigibt. Es war nicht selbstverständlich, dass der bisherige Anbieter Cirrus wieder den Zuschlag für die Linie bekommen würde: Zuverlässig war dieser Partner über lange Strecken nicht gerade, ebenso wenig wie Vorgänger Contact Air. Zahlreiche Flugausfälle, die nicht nur schlechtem Wetter, sondern auch technischen Unzulänglichkeiten geschuldet waren, führten zu einer rapiden Schrumpfung der jährlichen Passagierzahlen: Von knapp 25 000 in den besten Zeiten unter Augsburg Airways sackten sie auf 14 000 im vorigen Jahr ab. ..... DieSubventionserhöhung für die Linie von jährlich 2,9 Millionen auf rund 3,6 Millionen Euro verteidigte Regierungschef Seehofer als "absolut vertretbar". Er sagte: "Es sprechen übergeordnete landesplanerische und strukturpolitische Gründe für eine Fortsetzung des Flugverkehrs in Hof."
Drei Dinge sind völlig klar:
- Horst Seehofer weiß ganz genau, dass die von ihm gelieferte Begründung für die Flugsubvention nur ein vorgeschobenes Argument ist und dass keine Art von Strukturpolitik die Förderung einer derart unrentablen Flugverbindung rechtfertigt.
- Dennoch ist sein Verhalten in dieser Angelegenheit als absolut rational einzuschätzen.
- Jedoch ist seine Entscheidung nicht sachrational, sondern rein machtrational fundiert. In diesem Sinne verhalten sich auch Diktatoren wie Muammar al-Gaddafi (Libyen) oder Hugo Chavez (Venezuela) rational: sie "beschenken" ihr Volk mit Zuckerchen. Im Falle von Gaddafi und Chavez zahlt(e) das Ausland (Öleinnahmen!), bei Seehofer & Co. zahlt der Steuerzahler die Geschenke "selbst" (in der Realität zahlt freilich die breite Masse immer die Geschenke an wenige).
Es stellt sich allerdings die Frage, WEN Horst Seehofer hier mit unseren Steuergelder bestechen wollte. Gewiss, der Fortbestand des Hofer Regionalflughafens sichert einige (wenige) Arbeitsplätze. Aber die Leserstimmen in den Kommentaren zu den Artikeln der Frankenpost z. B. sind mehrheitlich kritisch: die Leute sind nicht doof, die wissen genau, dass sie von einem Weiterbetrieb des Flughafens keinen adäquaten Nutzen haben. Wählerstimmen auf breiter Basis kann Horst Seehofer also mit seiner Subventionspolitik nicht ködern (zumindest nicht direkt), eher Irritationen auslösen. Warum nimmt er diese in Kauf?
Über die wahren Motive für Seehofers Entscheidung berichtet keine Zeitung; das kann man den Medien nicht vorwerfen, weil natürlich auch die Journalisten keine Hellseher sind.
So kann auch ich lediglich spekulieren: Es ging ihm offenbar darum, lokale Bonzen (Landräte, Bürgermeister, CSU-Parteifunktionäre?) zufrieden zu stellen, und/oder anderweitig wichtiges gesellschaftliches Führungspersonal (Firmenchefs - vgl. die o. a. Teilnehmerliste? Es gibt sogar einen Verein "Pro Flughafen Hof-Plauen e. V.", der sich für die Erhaltung des Flugbetriebes auf diesem betonierten Acker einsetzt.)
Auf jeden Fall zeigt eine Analyse der Zusammenhänge völlig eindeutig, dass es Horst Seehofer hier ausschließlich um (korrumpierende) Machtpolitik geht, und ganz und gar nicht um Strukturpolitik für ein strukturschwaches Gebiet.
Wie können wir Steuerzahler uns wehren gegen derartige Verschwendung der uns abgepressten Steuergroschen?
Ich denke, wir können und sollten derartige Verhaltensweisen nicht mehr als Teil des politischen "Spiels" akzeptieren, sondern sie gesellschaftlich ächten und kriminalisieren.
Motto:
"Not one more dime
For the tax squandering crime!"
Wenn wir glaubwürdig "Null Toleranz" für eine derartige 'Machtarroganz' verhängen und praktizieren, werden Typen wie Horst Seehofer (wiederum absolut rational) darauf verzichten: weil das Verhältnis von machtpolitischem Nutzen und Schaden sich gravierend geändert hat.