Es kommt nicht selten vor, dass ich höre (oder auch zu hören bekomme), dass man doch bitteschön nicht immer alles hinterfragen oder gar in Abrede stellen solle. Und Fehler im System, in Theorien, Thesen oder Argumenten zu suchen und zu finden, ist auch nicht erwünscht. Die Auseinandersetzung mit Gegebenem, Bewährtem und sogenanntem Traditionellem soll bestenfalls in bestätigender, positiver Weise erfolgen. Kritik? Geht gar nicht! Klingt gut, irgendwie nach geringem zeitlichem Aufwand, nach überschaubarer kognitiver Arbeit. Damit bleibt Zeit für Wichtigeres, für Fernsehen, Bier trinken, Fußball, Ratsch und Tratsch (vorzugsweise über Andere). Ich weiß nicht, wie´s Ihnen dabei geht, aber mir schwillt da regelmäßig der Kamm.
Wo wären wir, wenn wir all das oben beschriebene nicht tun würden? Wenn wir unserem Denken und Handeln, unseren Werten und Einstellungen nicht ständig auf die Finger schauen und gegebenenfalls klopfen würden? Wenn wir Stereotype und Klischees nicht als solche erkennen und ihre Sinnhaftigkeit nicht unter die Lupe nehmen würden? (Damit wir uns nicht falsch verstehen: Heuristiken haben ihren wissenschaftlich gut begründeten Sinn! Nicht aber den, Menschen pauschal in Schubladen zu stecken.) Wenn wir nicht Lust daran hätten, Neues zu erforschen und Bestehendes zu verbessern? Wenn wir uns nicht gegenseitig kritisieren würden?
Wir würden in der Steinzeit leben. Irgendwer hätte das Feuer entdeckt, das Wissen darum, wie wir es immer wieder neu entzünden können, aber würde uns fehlen, weil niemand danach fragen würde. Jemand hätte ein Werkzeug hergestellt, wir aber würden ihn dafür auslachen und ihm seinen Faustkeil zerschmettern. Neumodisches Zeug! Tiere zu domestizieren würde uns gar nicht in den Sinn kommen und Getreide zu kultivieren wäre uns zu aufwendig. Womit sollten wir die Felder auch bestellen? Das Rad wäre vielleicht aus Langeweile oder zufällig erfunden worden, doch niemals würde es den Menschen die Arbeit erleichtert haben – schon gar nicht würde es eines fernen Tages per Motorkraft angetrieben worden sein.
Gut, dass es Menschen gibt, die neugierig, dabei aber immer kritisch und skeptisch sind. Sie bringen uns alle weiter. Nicht die Nörgler und ganz sicher nicht die, die müde und faul abwinken, selbst keine Gehirnzelle in Gang setzen, um der Menschheit – und dazu gehören sie selbst! – neue Erkenntnisse und ein kleines Mehr an Wissen zu bringen. Ich habe nichts gegen sie. Aber ich hätte gern, dass sie einfach mal die Schnauzen halten.