"Sri Hari"

Eine (nein, sogar zwei!) Platte(n), deren Kauf Andreas Habicher bereut: Sri Hari – Rising Sign (1995) / One But Different (1997)

Wenn ich den Kasten öffne, in dem die alte CD-Sammlung lagert, starren sie mich an. Ja, ich hätte sie schon längst wegwerfen sollen. Und jetzt, nach all den Jahren, werde ich das auch machen. Ich habe sie im Doppelpack erstanden, die beiden Scheiben zum Preis von anderthalb, und der Preis war nicht einmal hoch. Der Euro war damals noch der Ecu, gezahlt wurde mit der alten, österreichischen Währung, und die beiden Tonträger haben mich wahrscheinlich zusammen zehn Schilling gekostet – im Vergleich zu den heutigen Preisen wohl 40 oder 50 Cent, wenn überhaupt. Trotzdem: Was hat mich nur geritten, was war das für eine komische Stimmung, in der ich mich von dem verhungerten Bürschchen am Hauptausgang beim Donauzentrum breitschlagen ließ, CDs aus seiner Schuhschachtel käuflich zu erwerben?

Hätte ich die gute Münze doch lieber in Kaugummis investiert, da bekam man zu jener Zeit für zehn Schilling noch eine große Packung. Sri Hari steht groß auf beiden Covern – das muss wohl der Bandname sein –, und als Albumtitel bei dem einen One But Different, auf dem anderen Rising Sign. Auf dem ersten sind drei schräge Gestalten auf einem verzerrten Schwarzweiß-Foto abgebildet; der in der Mitte, zwischen einem müden Burschen und einem Carlos-Verschnitt, starrt die Kamera gruselig durch die große Brille an – den Kopf leicht zur Seite geneigt, den verhärmten Mund leidend zusammengekniffen, die Hände ringen auf der Tischplatte miteinander.

Auf dem zweiten Cover ist eine Art Ambience-Soundwave zu sehen, die wie eine Meereswelle um eine Stimmgabel mit indischem Kuppelgupf-Griff schwappt. Äußerlich New Age also, inhaltlich plumper Amateur-Techno mit aus dem Zusammenhang gerissenem, möchtegernerleuchtetem Hare-Hare-Geseire dazwischen. Der Bursche mit der Schuhschachtel hat damals irgendwas erzählt über die Gruppe, er hat ständig gelabert – ich war abgelenkt und wollte nach Hause, es ist wirklich lange her, und so kann ich mich beim besten Willen nicht mehr erinnern, was es war. Er war jedenfalls kein schlechter Verkäufer, oder ich ein viel zu leicht zu manipulierendes Opfer. Okay, geben wir es zu, die Opfertheorie ist die zutreffendere. Am Ende hatte er zehn Schilling mehr und zwei CDs weniger. Ich hoffe, die Kaugummis haben ihm geschmeckt.

Ich höre die beiden CDs anlässlich dieses Beitrags noch einmal an, versuche es, aber ich schaffe sie nicht – die erste überspringe ich Lied für Lied, bei der zweiten wird mir tatsächlich übel und ich muss abbrechen. Verantwortlich sind dem Inlay nach die „Bauneholm Studios“ in Kopenhagen, der Vertrieb in Deutschland obliegt einem „Center for Vedic Studies“. Wer mehr wissen will, soll sich an eine alte E-Mail-Adresse wenden, die es bestimmt heute nicht mehr gibt, [email protected]. Und jetzt ab in die Mülltonne damit.

Über den Autor: Andreas Habicher twittert als @ahabicher und übersiedelt sein Blog langsam, ganz langsam, Artikel für Artikel, hinüber auf http://misoskop.wordpress.com.

Sri Hari: Hörproben sowie nähere Infos gibt es hier.

Dieser Text entstand im Rahmen des Gemeinschaftsprojekts „31 Tage – 31 Platten“. Mehr dazu gibt es an dieser Stelle. Andreas Habicher war bereits mit einem Text zu Tag 3 mit dabei.


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