In Spanien gibt es zahllose Korruptionsfälle, in allen Parteien auf allen hierarchischen Ebenen und praktisch in jedem Winkel des Landes. Ihnen ist gemeinsam, dass sie endlos lange dauern und mit schleppender Gründlichkeit abgewickelt werden. So mancher musste freigelassen werden, weil die zur Last gelegten Taten nicht Fristgerecht zur Anklage gebracht werden konnten. Die Chancen stehen nicht so ganz schlecht für Deliquenten ohne Verurteilung oder mit nur einer geringen Strafe davon zu kommen.
Relativ neu daran ist aber, dass die der Korruption Beschuldigten, die lange Zeit bis zu einem möglichen Urteil in der sie juristisch noch als unschuldig gelten dazu nutzen, die Zeugen der Anklage wegen Rufmord zu verklagen und dies mit zunehmendem Erfolg!
So geschah es auch jetzt im sogenannten Fall Bárcenas, der eigentlich Fall PP heissen müsste. Der ehemalige Schatzmeister der Partido Popular Bárcenas hatte eine doppelte Buchführung, mit Schwarzgeldzahlungen in Bar an die führenden Kader der Partei während des Zeitraums der letzten zwanzig Jahre, durch ihn und seine Vorgänger enthüllt.
Dafür wurden seine erstaunlichen Vermögen u.a. in der Schweiz und in den USA von etwa 40 Millionen Euro beschlagnahmt und er selbst wegen Flucht- und Verdunkelungsgefahr in U-Haft genommen. Die eigentlichen Verdunkeler jedoch, die beschuldigten Politiker der PP, die unter anderem seine Computerfestplatten entsorgt haben, sitzen bis heute vollständig in ihren höchsten Ämtern der Spanischen Regierung und der Parteiführung. Sie können sich Bárcenas Vermögen, offensichtlich aus der spanischen Bauindustrie für Gefälligkeiten der Regierung stammend, überhaupt nicht erklären, fordern aber schon einmal die Hälfte der beschlagnahmten Summe für die Partei ein!
Sie verfügten, dass es zu keiner direkten Gegenüberstellung mit Bárcenas kommen dürfe und der Untersuchungsrichter folgte ihnen. Jetzt also wird der Untersuchungshäftling Bárcenas, der wie es seiner Aufgabe und Rolle entspricht mit dem Untersuchungsrichter zusammenarbeitet, wegen Rufmord von der ehrenwerten PP-Bande verklagt auf 500.000 Euro. Er habe ihre Ehre verletzt und sogar die ihrer Wähler, so argumentieren sie.
Zwanzig Jahre Schwarzgeldzahlungen in Bar an die Parteiführung und ihre Amtsträger bis hin zum aktuellen Präsidenten Mariano Rajoy haben hingegen die Ehre der Politiker und ihrer Wähler nicht beeinträchtigt. Denn die haben es offenbar nicht anders erwartet von ihnen?
Als nächstes werden sie wohl noch behaupten, und diese „SIE“ sind wirklich viele, daß Bárcenas sich das Geld durch Betrug von den Baufirmen beschaffte, indem er ohne Mandat der Partei behauptete, er sammle das Geld für die PP ein, während es auf seinen persönlichen Konten in Genf und anderswo landete? Schließlich habe ihm keiner der geouteten Schwarzgeld-Empfänger den Empfang quittiert, wodurch es keine Beweise gäbe und Aussage gegen Aussage stünde! Die Ehrenmänner und Frauen der PP sind wirklich entrüstet…