Tag 4: Königsfeld – Bad Dürrheim: 20,3 km
Am Mittwoch früh dachte ich noch mit Grausen an die Tagesetappe bis Bad Dürrheim, die auf über 25 km veranschlagt war. Meine Schwester Ursula will mich heute auf dem Weg begleiten. Sie hatte schon die Wanderschuhe an als wir noch rasch eine vergessene Liste von Unterkünften in der Schweiz ausgedruckt hatten. Mein Vater hat uns dann nicht – wie zunächst geplant – aufs Hardt gebracht, sondern gleich an den Ortsrand von Königsfeld. Und ab da sind Ursula und ich dann gemeinsam gewandert.
Ich war sehr froh, dass Ursula dabei war. Denn man vergisst doch eher den einen oder anderen Schmerz wenn man zu zweit unterwegs ist. Als sie dann meinte, sie würde gerne bißchen schneller gehen, konnte ich diesem Wunsch sogar entsprechen. Heute war ich endlich genau so ausgerüstet, wie das neulich auf dem Kandelhöhenweg oder vorletztes Jahr mit Helmut im Tessin auch war: Die leichten Wanderstiefel, nun aber ohne Einlagen. Und statt dicker Spezialsocken einfach zwei Paar Bürosocken übereinander. Und siehe da: Es lief sich wunderbar. Welcher Teufel mich geritten hat, diese Meindl-Sohlen zu kaufen – ich weiß es nicht mehr! Jedenfalls habe ich mit denen eindeutige Erfahrungen gemacht. Schlechte!
Die Strecke führte vor Mönchweiler durch ein Naturschutzgebiet mit Sumpfpflanzen und Teichen. Da wuchsen recht eigenartige Pflanzen, die ich zunächst für Ackerschachtelhalm hielt, da sie typischen Stielsegmente hatten. Farblich sahen sie aber rein gar nicht wie Ackerschachtelhalm aus. Den gab es weiter drüben in der grünen ¨klassischen¨ Form. Erst dachte ich an Orchideen. Eine Rückfrage bei der Pflanzenspezialistin (Foto knipsen und losmailen) ergab dann, dass es sich um die Sporenkapseln des Ackerschachtelhalms handelt.
Durch Mönchweiler wanderten wir hindurch, durch den Wald und bis langsam abwärts ins Groppertal bei Unterkirnach. Hier verläuft auch die Bahnlinie der Schwarzwaldbahn Konstanz – Karlsruhe.
Im Wald unter riesigen Tannen gab es eine Wassertretstelle, die aus einem breiten klassischen Holzbrunnentrog bestand. Auf der Bank daneben haben wir gegen Mittag erstmal ausgiebig gevespert. Inzwischen ist nämlich im Rucksack auch Platz entstanden, sodass die extra Stofftasche mit den ¨Futtermitteln¨ nicht mehr außen dran baumeln musste. An dem schönen Rastplatz habe ich auch die Schuhe ausgezogen und die Füße und Socken von der Sonne erwärmen lassen. Trockenen Fusses läuft es sich genial gut. Ja, ich habe mich etlicher Dinge entledigt, die jetzt in Lauterbach in der Ecke liegen. Jetzt heißt es essen, damit es wieder ein paar Gramm weniger zu tragen gibt
Später führte der Ostweg an Wohnstraßen entlang nach Villingen. Im Villinger Stadtpark genehmigten wir uns bei vollem Sonneschein im Eiscafé El Greco einen Sprudel bzw. Cappuccino. Etwa ein Kilometer weiter und wir standen vor der Stadtmauer der Villinger Altstadt. Alte würdevolle Häuser, das Stadttor und die alten Gässchen sind sehr eindrucksvoll. Da wir noch gut in der Zeit waren sind wir noch ein wenig über den Marktplatz gebummelt, wo es einen genialen Brunnen zu bestaunen gab. Noch besser war es dann im Münster ¨Unserer Lieben Frau¨, denn da spielte einer die tolle große Orgel. Sowas tut einfach gut.Mit dem Bau des Münsters wurde bereits 1130 begonnen (damals noch im romanischen Stil); nach einem Stadtbrand 1271 ging es dann gotisch weiter und wurde 1284 vollendet.
Später noch einen genussvollen Aperol und die Leute beobachten, die vorbei gehen. Über den Bahnhof Villingen führt uns dann der Ostweg aus der Talniederung heraus, zu einem Eisen-Aussichtsturm von 1888 (30 Meter hoch). Mit einer prächtigen Aussicht auf die Umgebung der Stadt. Schon klingelte das Mobiltelefon und wir vereinbarten mit meinen Eltern einen Treffpunkt zum Ende der Tagestour. Ursula und ich sind zunächst noch ein langes Stück auf dem Ostweg marschiert bis wir in Zollhaus in einer Ausflugsgaststätte ¨Hildebrand¨ zu den Eltern gestoßen sind. Zischendes Radler, ein Pils, eine Spargelrahmsuppe, ein Sauerbraten mit Spätzle und Salat in der Abendsonne! Das hat gut getan!
Ein Reststück Pkw habe ich mir dann erlaubt; gegen 19.30 Uhr kamen wir dann im ¨ParkBlick Rother¨ in Bad Dürrheim an. Das Hotel liegt gleich neben dem Solebad ¨Solemar¨. Nun hieß es endgültig Abschied nehmen. Wieder zerreisst es mir das Herz. Wer weiß, ob und wann wir uns wieder sehen werden.
Das Solemar habe bis 22 Uhr geöffnet, sagte die Hotelchefin. Das lässt man sich nur einmal sagen und so bin ich kurz entschlossen ins Wellness-Bad. Das Bad im siebenprozentigen Solebad war irre. Darin war der Auftrieb so stark, dass es man sich laufend gehoben und gedreht fühlte – Totes-Meer-Feeling! Wie Styropor schwimmt man auf der Wasserfläche ohne eigenes Zutun… Am Vortag des Feiertags Christi Himmelfahrt war es im Bad recht ruhig. Ein angenehmer Ausklang für den durchgewalkten Wanderer…