Sir Neville Marriner zu Gast in Straßburg

Sir Neville Marriner zu Gast in Straßburg

Sir Neville Marriner (c) document recu

Mit einem außergewöhnlichen und wunderschönen Programm beehrte die 86jährige Dirigentenlegende Sir Neville Marriner das OPS, das Orchestre Philharmonique de Strasbourg. Im Gepäck hatte er zwei Stücke von seinen englischen Landsleuten Ralph Vaughan Williams und Benjamin Britten. Und als Reverenz an das Festland gab es dann noch Beethovens 7. Symphonie. Sir Marriner ist der Begründer des weltberühmten Orchesters Academy of St. Martin in the Fields, mit dem er zahlreiche Orchesterwerke einspielte. Sowohl in Großbritannien als auch in Frankreich hochdekoriert, steht Sir Marriner heute noch auf dem Dirigentenpodest, als wären die letzten 20 Jahre spurlos an ihm vorübergegangen.

Williams Stück – Fantasie auf ein Thema von Thomas Tallis – breitete sich unter seiner Stabführung als herrliche elegische Mollmelodie in den Bratschen aus, um danach von den Violinen umarmt und von den Celli getragen zu werden. Die wunderschönen Bratschen-Geigen Duette, die an alte Volkslieder erinnerten, der ständige Wechsel zwischen Dur- und Mollklängen und ein Auf- und Abwogen, das kein Ende zu nehmen scheint, charakterisiert dieses wunderbare Werk. Klar und deutlich in der Interpretation bot das OPS eine Meisterleistung seiner Streicher. Brittens „Vier Seebilder aus Peter Grimes“, die im Anschluss interpretiert wurden, zeigte sich als ein expressives Stück mit starkem Bläser- und Schlagwerkeinsatz, dessen musikalische Vielfalt beeindruckte. Übertitelt mit Morgendämmerung, Sonntagmorgen, Mondschein und Sturm lässt es die Gedanken der Zuhörerinnen und Zuhörer weit über die englische, grüne Insel fliegen. Eine bessere Wahl, sein Heimatland musikalisch vorzustellen, hätte Sir Marriner wohl kaum treffen können.

Ganz im Gegensatz zu den bei uns völlig zu Unrecht weniger bekannten Stücken von Williams und Britten ließ Sir Marriner mit der 7. Symphonie von Ludwig van Beethoven ein Stück allgemein bekannte Musikgeschichte erklingen. Und, das war das Überraschende, auch wenn man Beethoven mitsingen kann, Marrinner schaffte durch die Verkürzung der Pausen zwischen den Sätzen, aber auch durch ganz bestimmte Verschiebungen der Betonungen und durch besonders klare Hervorhebung der einzelnen Satzstrukturen ein einzigartig fließendes Werk, ganz dem Wohlklang verpflichtet, das so manches neue Hörerlebnis bot. Der zweite Satz, den Beethoven unter seiner eigenen Leitung immer wiederholen musste, erklang mit Marriner als schwärmende Elegie und die so wunderschön differenziert eingesetzte Dynamik – das Lauter- und Leiserwerden der einzelnen Instrumentalgruppen – kann getrost als meisterlich bezeichnet werden. Allen Sätzen blieb der Dirigent von ihrer Anlage her treu, plappernd und fröhlich der dritte und gewaltig aufbauend mit einem nicht enden wollenden Finale der letzte Satz. Und dennoch, Sir Marriners 7. von Beethoven war mit dem OPS ein ganz besonderes Erlebnis. Seine schier unerschöpfliche Energie erlaubte es ihm, die Zeichensetzung großzügig bis zum Schluss durchzuhalten und mit dem Orchester auf diese Weise so direkt zu kommunizieren, dass gerade diese Klarheit und Direktheit sich in der Interpretation hörbar machte. Ein herrlicher Konzertabend, den nicht nur das Publikum, sondern auch das Orchester offensichtlich genoss.


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